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SHE’S HIT: SONGS OF FEAR AND LOATHING

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»Du meinst also, dass es den schönen, verträumten Typ gibt und den bösartigen Bitch-Typ. Es gibt noch ein oder zwei andere, aber ja, du hast recht […]. Es gibt zwei Arten von Mädchen [in meinen Songs], mir ist das nur noch nie aufgefallen. Ah, ich verstehe, ich baue sie nicht ordentlich ein.«

Mick Jagger im Interview mit dem Rolling Stone, 1978

Es ist ganz einfach: Wer die Rolling Stones nicht mag, mag keinen Rock ’n’ Roll. Die Stones sind die Quintessenz des Rock – und eine der misogynsten Gruppen aller Zeiten. Schon ihr Name – dem Song »Rollin’ Stone« des Blues-Pioniers Muddy Waters entnommen – impliziert Flucht: vor Häuslichkeit, emotionaler Verpflichtung, Intimität, Verbundenheit. Ihr Manager Andrew Loog Oldham baute ihr Image als sexuelle Nomaden behutsam auf, indem er der Presse Texte lieferte wie: »Sie sehen aus wie die Jungs, die jede Mutter, die etwas auf sich hält, im Badezimmer einsperren würde. Doch die Rolling Stones – fünf taffe junge Musiker aus London mit lässig geöffnetem Mund, blassen Wangen und zerzausten Haaren – kümmern sich nicht darum, was Mütter denken.« Ein anderer Slogan, den Oldham dem Melody Maker lieferte, wurde zu der berühmten Überschrift »Würden Sie Ihre Tochter mit einem Rolling Stone ausgehen lassen?« Das Charisma der Stones war untrennbar verbunden mit dem Bild einer ungehobelten Unterschicht auf der Jagd nach dem kostbarsten Besitz der höheren Klassen: den Körpern ihrer Töchter.

Wo die Beatles ein Image als »nette Jungs« hatten, verführte der schlechte Ruf der Stones Mädchen mit der Vorstellung, von ihnen ohne Respekt behandelt zu werden. Die Dichotomie Beatles/Stones festigte die Trennung von Pop und Rock zwischen gepflegten Stars und ungepflegten Außenseitern, Romantik und rauer Sexualität, unschuldigem Verliebtsein und animalischer Lust. Natürlich wurden auch die Beatles von der Rockkritik hoch geschätzt und ebenso waren die Stones Popstars, die große Erfolge bei Teenagern feierten, doch beide hatten ihren Anteil an dem bis heute gängigen Klischee, nach dem Pop sich bei Mädchen anbiedere (Schönlings-Image, Harmonien und Melodien, sentimentale Texte), während Rock von und für harte Jungs gemacht werde.

Der Reiz der Rolling Stones lag darin, dass sie wild und ungebändigt waren. In »Under My Thumb« (von Aftermath, 1966) lehnt Jagger die Zähmung durch die Monogamie ab, während er davon prahlt, ein vormals stolzes, unabhängiges Mädchen gebändigt zu haben. Wie wild er ist, misst er an ihrer Fügsamkeit; er hat sie zu alldem gemacht, was er verabscheut. »Out of Time« und »Yesterday’s Papers« stellen Mädchen als verzichtbare, überflüssige Waren dar. In all seiner Prahlerei ist es Jagger nicht genug, seiner abservierten Freundin unter die Nase zu reiben, dass er sie nicht mehr will; er muss ihr unbedingt mitteilen, dass sie auch sonst niemand wollen wird.

»Have You Seen Your Mother, Baby, Standing In The Shadow?« ist einer der hasserfülltesten Songs der Stones. Er ist auch eine der verblüffendsten und apokalyptischsten Aufnahmen der 1960er – vor allem in Kombination mit Peter Whiteheads Promofilm, der Bildern von Randale während Liveauftritten der Band Szenen entgegensetzt, die zeigen, wie sich die Stones für das Cover-Fotoshooting stylen. Auf dem Cover der Single stellen sie in Frauenkleidern verschiedene groteske Karikaturen weiblicher Stereotype nach.

Nur der am unverfrorensten phallokratische aller Rockkritiker, Nick Tosches, kam der niederträchtigen Magie des Songs nahe. In einer Reminiszenz an seine jugendliche Liebe für die Band beschreibt er die Faszination seiner Clique für die »zynische Vorstellung, der neurotischen, verstoßenen Freundin das Bild ihrer Mutter an den Kopf zu werfen und die Schwangerschaft des Mädchens zu verspotten. Mit hoher Geschwindigkeit und geschlossenen Fenstern fuhren wir auf der Suche nach weiblichen Kehlen durch die kalte Dunkelheit. Wo keine waren, hörten wir [den Song], lächelten furchteinflößend und spürten mit einem Gefühl gleich dem eines Orgasmus, wie unser Dasein sich glückselig in diesem schrecklichen Lächeln wiederfand.«

Dominanz und Verachtung sind natürlich nicht die einzigen Emotionen in den Songs der Stones: Anderswo gibt es noch die fahle Hingabe von »Lady Jane« oder die sentimentale Idealisierung von »Ruby Tuesday«, ein Tribut an ein nonkonformistisches Groupie. 19781 legte Jonathan Cott Jagger in einem Interview für den Rolling Stone nahe, dass sich seine Songs in Gruppen aufteilen lassen. Mädchen werden entweder dafür verunglimpft, herrschsüchtig, bösartig oder heimtückisch zu sein (»Tumbling Dice«, »Sitting on a Fence«, »Let it Loose«), benutzt und aussortiert (»Out of Time«, »Please Go Home«, »All Sold Out«, »Congratulations«) oder aber als schwer fassbare, mystische Fabelwesen idealisiert (»Ruby Tuesday«, »Child of the Moon«) – Jagger stimmte dem widerwillig zu. Cott fährt fort: »Der Song ›Some Girls‹ scheint davon zu handeln, was passiert, wenn Hunderte idealisierte weibliche Twens versuchen, dich aufzufressen, dich zu zerstören. Sie nehmen dein Geld und deine Klamotten und hängen dir Babys an, die du gar nicht willst.« Jaggers Antwort: »So etwas Ähnliches habe ich letzte Nacht zufälligerweise geträumt, aber nicht nur mit Mädchen, sondern auch mit Hunden.«

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