Читать книгу Leiser Schrei - Slafa Kafi - Страница 20
Оглавление1106.11.2010
Die letzten Tage gab es nicht wirklich etwas Besonderes. Wir haben in der Schule unsere Proben geschrieben, unsere bereits geschriebenen wieder zurückbekommen und haben oft draußen gespielt.
Dafür machen wir heute etwas sehr schönes, worauf ich mich die ganze Woche schon gefreut habe. Wir werden nämlich ein großes Treffen mit all unseren Freunden veranstalten und gehen gemeinsam grillen.
Ich weiß nicht, wie spät es war, als meine Mutter mich heute geweckt hat, aber jetzt ist es jedenfalls viertel nach zehn und ich bin schon umgezogen.
Bei so einem Ausflug muss man schon ziemlich früh los, um noch einen guten Platz zu bekommen, deshalb fahren wir auch wenig später zum Ziel.
Da meine Mutter, schon bevor sie mich geweckt hat, alles vorbereitet hatte, müssen wir nur noch die Sachen zu den Autos bringen.
Die Fahrt dauert normalerweise nur zehn Minuten, da heute aber Samstag und das Wetter sehr schön ist, dauert die Fahrt länger.
Als wir ankommen, sind einige von unserer Gruppe bereits da. Mit unserer Gruppe meine ich die Leute, die zum Treffen eingeladen sind.
Unser heutiges Treffen findet in Al Rabuey statt. Das ist eine Gegend in Damaskus am Fluss Barada. Wir haben uns eine Stelle ausgesucht, an der wir Grillen können.
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich schon einmal hier war. Meistens gehen wir bei solchen Treffen in ein Restaurant und für das Grillen haben wir uns auch bisher immer andere Orte ausgesucht, aber dieser hier ist der schönste Grillort, an dem ich je war.
Es gibt überall Stühle, Tische und Sonnenschirme, die aber zugeklappt sind, da die Sonne nicht so stark wie im Sommer ist. Alle Tische befinden sich direkt am Ufer und es gibt hinter jedem großen Tisch einen Grill. Ich liebe diesen Ort jetzt schon.
Hinten gibt es noch einen kleinen Spielplatz, den wir natürlich so schnell wie möglich erkunden wollen.
Nachdem alle angekommen sind, geht jeder in seine Gruppe: wir Kinder gehen zum Spielplatz, manche kümmern sich um den Grill, andere machen die Salate oder stecken das Fleisch auf die Spieße.
Wir teilen die Zutaten immer auf, damit nicht einer alles kaufen muss. Dadurch versuchen wir auch zu vermeiden, dass Sachen vergessen werden. Leider vergessen wir trotzdem jedes Mal irgendetwas. Diesmal sind es die Zitronen für den Salat, die fehlen und nach denen ich fragen soll. Es sind zum Glück sehr viele Leute da, die ich fragen kann.
Ich beginne direkt mit dem Tisch hinter uns, an dem auch eine große Gruppe sitzt. Meine Suche dauert zum Glück nicht lang und ich werde schon an diesem Tisch fündig: sie haben ungefähr ein Kilo Zitronen dabei – keine Ahnung, wofür sie so viele Zitronen brauchen, aber ich finde es super, dass ich nicht noch weiter suchen muss.
Wir sitzen alle beim Essen. Nach mehreren Stunden spielen, sind wir alle voll hungrig und können es kaum abwarten, anzufangen. Es gibt viele Auswahlmöglichkeiten, unter anderem Kebab und Schikkaf.
Eigentlich glaube ich, dass klar ist, um was es sich handelt, aber ich erkläre es trotzdem mal kurz.
Kebab ist Hackfleisch am Spieß und Schikkaf sind kleine Hähnchen-Teilchen auch am Spieß – natürlich ist beides bereits am Tag davor gewürzt worden. „Yasmin, du hast dir noch nichts genommen und Yail, dein Teller ist auch noch leer“, sagt Tante Maria, die übrigens Yails Mutter ist, falls ich ihren Namen noch nie erwähnt haben sollte.
Der Grund, warum Yail und ich uns noch nichts genommen haben, ist, dass wir beide uns gegenüber am Ende des Tisches sitzen, direkt am Ufer, und deshalb kommen wir nicht so gut an das Essen heran. Aber jetzt haben auch wir beide essen bekommen und genießen die Aussicht.
„Schau mal das Boot an“, ruft Yail mit vollem Mund.
Ich drehe mich um. Es ist ein Rundfahrt-Boot, keine Ahnung, ob das Wort existiert. Das kleine Boot ist bunt und auch die Sitze sind in verschiedenen Farben. Am Ende des Boots befindet sich eine große syrische Flagge, die viel zu groß ist für die Größe vom Boot.
„Ich würd auch gerne in so einem Boot sein“, sage ich ein bisschen neidisch. Das Coole daran ist, dass das Boot niedrig ist, was bedeutet, dass man das Wasser berühren kann.
„Es sind Touristen, schau sie mal genau an, sie sehen nicht syrisch aus“, sagt Samira, die neben Yail sitzt.
Das stimmt. Bei genauem Hinschauen merkt man tatsächlich, dass es keine Syrer sind. Ich weiß ehrlich gesagt auch nicht, wie man das merkt, aber es ist offensichtlich.
„Und schaut mal, sie haben Kopfhörer im Ohr“, stelle ich fest.
Sie sehen glücklich aus und dann fangen sie an, uns zu winken. Manche fotografieren auch die Gegend.
„Yasmin, willst du noch ein bisschen Salat?“, fragt mich mein Vater.
Ich nicke und gebe meinen Teller weiter, bis er bei meinem Vater ankommt.
Wir bleiben bis Sonnenuntergang, denn keiner von uns wollte ihn verpassen. Erst ungefähr eine Stunde danach fahren wir wieder nach Hause.
Wie ich vermutet hatte, war der Tag mehr als wunderschön. Ich finde jeden Tag etwas Neues, was ich an Damaskus liebe, und heute habe ich wieder gemerkt, dass ich das Gemeinschaftsleben hier so liebe – ich habe das übrigens schon sehr oft festgestellt.
Zu Hause angekommen geht es direkt unter die Dusche und dann ab ins Bett. Ich bin unglaublich froh darüber, endlich im Bett zu liegen.
Morgen beginnt wieder die neue Schulwoche und ich bin gespannt, was diese Woche alles mit sich bringen wird.