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Die Rettung der SED

Dezember 1989

In dieser Woche hielt in Ostberlin die Staatspartei SED ihren Parteitag ab. Auf der Straße fragte ein Spiegel-TV-Team Passanten nach der Zukunft der Sozialistischen Einheitspartei.

»Ja, die Partei …«, wehrte ein Bürger ab. »Die hat keine Zukunft mehr, deshalb soll sie sich auflösen.«

Ein anderer meinte: »Für mich hat sich das hier erledigt. Ich habe etwas anderes vor.«

Eine DDR-Bürgerin sagte: »Was die Genossen betrifft, bin ich nicht mehr sonderlich interessiert.«

Dann tauchte Günter Schabowski auf, der Mann, der die Öffnung der Mauer bekannt gegeben und damit in Gang gesetzt hatte.

Die Reporter erkundigten sich: »Sind Sie bitter, heute auf diesem Parteitag?«

Doch Schabowski schien schon wieder voll auf Linie zu sein. »Wir haben Parteitag, und ich bin Delegierter des Parteitages und will mich hier konzentriert und diszipliniert verhalten.«

»Können Sie etwas über Ihre Stimmung sagen?«

Schabowski flüchtete sich ins Angelsächsische: »No further comment.«

Auch Egon Krenz wich einer Antwort über die Entwicklung der DDR aus: »Als der Stalinismus sozusagen mit an der Wiege der DDR stand, war ich Schüler der fünften oder sechsten Klasse der Volksschule. Also, für die vierzigjährige Entwicklung fällt es mir wirklich schwer, im Einzelnen meine Meinung zu sagen.«

Da war Altgenosse Kurt Hager genauer: »Ja, man muss alle Schläge hinnehmen. Das ist ja nicht der erste Schlag. Vielleicht war für mich ja der Machtantritt Hitlers schlimmer. Denn da mussten wir von einem Tag zum anderen in die Illegalität gehen. Und die Jahre des Hitlerfaschismus waren für uns sehr, sehr schwer.«

»Was wünschen Sie sich für eine Rolle noch in dieser Gesellschaft?«, wollte der Reporter wissen.

Hager wandte sich zum Gehen. »Ja, wo gibt es denn was zu essen?«

Die Kamera richtete sich wieder auf Egon Krenz: »Wie fühlen Sie sich nach dieser Abrechnung heute Morgen. Was löst das bei Ihnen aus?«

Krenz lächelte sein Lächeln: »Danke sehr, alles Gute.«

Im Saal legte derweil der neue Parteistratege Gregor Gysi die Linie fest. »Um allen Gesichtspunkten gerecht zu werden, haben wir entschieden, vorläufig einen Doppelnamen zu tragen. Bis zu einer anderen Entscheidung heißt die Partei Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, Partei des Demokratischen Sozialismus.«

So war plötzlich aus der SED die SED/PDS geworden.

Es war das Ende einer Staatspartei. Man konnte sie noch erblicken, fein geschrotet und in Stücken und dennoch ganz.

Zur Spaltung oder zur Auflösung hatte man sich nicht durchringen wollen. Und das hatte vor allem finanzielle Gründe. Das Parteivermögen der SED sollte möglichst weitgehend in die neue Zeit hinübergerettet werden. So musste die Nachfolgepartei Rechtsnachfolger der SED sein.

Deutschland, Deutschland

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