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Ein Buch verändert das Leben

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Recht schnell verließ der 19-Jährige dann das Bett der Geliebten, um sich Büchern zuzuwenden; das sollte sein Leben bis zum Ende prägen. Es mag häufig vorkommen, dass ein Mann sich nach der Befriedigung seiner geschlechtlichen Triebe und der Hingabe an das Emotionale in seiner Jugend hauptsächlich dem Mentalen zuwendet, in einem Beruf Karriere macht, studiert, kreativ wird und selber Bücher schreibt; es gab aber wohl selten solch eine radikale Wende, wie das bei Augustinus der Fall war; ein Schicksalsmoment bei der Begegnung mit einem bestimmten Buch.

Diese sollte sein ganzes weiteres Leben prägen. Diese Begegnung und innere Entwicklung des Heiligen war wohl auch ein früher Vorbote der kommenden neuen Epoche des Mittelalters. Auch Martin Luther wurde im Spätmittelalter, im Jahre 1505, Mönch im Orden der Augustiner-Eremiten (siehe das Luther-Kapitel in diesem Buch).

Das Buch selber nun, um das es geht, entstammte freilich noch ganz der Antike: „Hortensius“ von Cicero, eine heute nur in winzigen Resten erhaltene „Werbeschrift“ für die Philosophie. „, Liebe zur Weisheit’ aber besagt das griechische Wort Philosophie, und zu dieser Liebe entflammte mich jene Schrift“,47 beschrieb Augustinus die Wirkung der Lektüre.

„Sie gab meinem Gemütsleben eine andere Richtung, meinen Gebeten die Richtung auf Dich selbst, o Herr, und machte, dass mein Wünschen und Sehnen nun auf anderes ging.“ 48

Eine Schrift aus der Antike – Richtung gebend letztlich auf das Christentum hin, auf den Kulturträger des Mittelalters. Oft denkt man beim Stichwort „Schicksalsmoment“ im Leben des Augustinus an einen späteren Augenblick der Inspiration in seinem Lebenslauf – auf den wir noch eingehen werden – und vergisst, dass bereits die Begegnung mit Cicero eine erste Wende für sein Dasein brachte. Er war wohl eine Persönlichkeit, die für solche Schicksalsmomente mit großen Folgen besonders disponiert war.

„Hortensius“ brachte für den jungen Augustinus eine radikale Änderung seines Lebenswandels mit sich: Nach seiner Cicero-Lektüre wandte er sich vom ausschweifenden Leben ab und wurde erst einmal Manichäer, „weil er in dieser Sekte eine tiefere und radikalere Form des Christentums erblickte“.49 Deren Anhänger glaubten an eine künftige „, Erweckung‘ der Seele durch das ‚Vernunftlicht‘“. Jesus als diese Art Lichtgestalt werde die Erweckung für diejenigen bringen, so glaubte man, die zu Lebzeiten sexuelle Enthaltsamkeit üben, fasten, vegetarisch essen, keine Handarbeit verrichten und ohne materiellen Reichtum leben.50

Schicksalsmomente

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