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Sie sah nervös auf ihre Armbanduhr. Wo blieb Lydia nur? Marianne stand vor dem Italiener, bei dem sie sich mit ihrer Freundin bereits vor zehn Minuten verabredet hatte. Lydia war sonst immer pünktlich. Sie sah sich um. Keine Spur von ihr. Marianne holte erneut ihr Handy heraus und rief sie an. Auf ihre Whatsapp-Nachricht war keine Reaktion gekommen. Es klingelte viermal, dann sprang die Mailbox an. Marianne drückte den Anruf genervt weg. Sie hatte nur noch eine dreiviertel Stunde, bevor ihre Schicht losging. Sie konnte es sich nicht leisten, noch mehr Zeit mit Warten zu vergeuden. Sie hatte schon überlegt, reinzugehen und zu bestellen, aber sie wollte nicht, dass Lydia ihre Pizza nachher alleine essen musste. Marianne überlegte. Lydia hatte ihr eine Adresse gegeben. Wenn sie sich nicht irrte, wohnte sie nur ein paar Blocks entfernt. Sie könnte kurz zu ihr rübergehen und nachsehen, was los war. Vielleicht hatte sie die Zeit vergessen. Dann konnten sie zwar die Pizzeria vergessen, aber immerhin würde sie dann ihre Mittagspause nicht alleine verbringen. Sie entschied sich, Lydia aufzusuchen. Mit einem erneuten Blick vergewisserte sie sich, dass Lydia nirgends zu sehen war, und überquerte die Straße.

Ihre Freundin wohnte in einem Mehrfamilienhaus mit weißer Fassade und einer großen Garage nebenan. Sie war bisher noch nie dort gewesen, aber es war ein schönes Haus, nicht direkt an der Hauptstraße, sondern etwas nach hinten gesetzt. Marianne durchquerte die Gasse und stand vor der Nummer 15, die ihre Freundin ihr genannt hatte. Sie stieg die Stufen hinauf und betrachte die Klingelschilder. Merkwürdig, dachte sie. Sie ging erneut die Namen durch, aber bis auf einen ähnlichen klingenden Namen sowie ein leeres Klingelschild tauchte der Name Gabler nirgends auf. „Suchen Sie jemanden?“, rief eine Stimme von oben. Marianne trat einen Schritt zurück und sah auf dem Balkon einen älteren Mann mit grauen Haaren und Zigarre stehen, der sie misstrauisch beäugte. „Ja, ich suche eine Lydia Gabler. Sie wohnt doch hier, oder?“ Marianne sah zu dem Mann hoch. Er reagierte nicht sofort. „Wen suchen Sie?“, fragte er erneut mit rauer Stimme. Er schien sehr schlecht zu hören. „Lydia Gabler“, rief sie deutlich lauter. Der Mann hustete und verzog das Gesicht. „Mari!“, vernahm sie eine freudige Stimme hinter ihr. Sie drehte sich um und sah Lydia um die Ecke kommen. „Es tut mir total leid. War noch einkaufen und hab unser Treffen völlig vergessen.“ Sie umarmte sie. „Nicht so schlimm“, entgegnete Marianne. „Sag mal, kennst du den Herrn dort oben?“ Sie zeigte auf den Balkon, doch der ältere Herr war verschwunden. „Ja, das ist Herr Gärtner. Schon ein bisschen älter und ein wenig dement. Steht den halben Tag auf dem Balkon. Warum, hat er dich voll getextet?“ „Nein, das nicht, ich hab ihn gerade nach dir fragen wollen, weil ich auf den Klingelschildern deinen Namen nicht finden konnte.“ „Liegt daran, dass ich noch nicht allzu lange hier wohne. Klingel hier, wo kein Name dran steht.“ Lydia zeigte auf das leere Klingelschild. Sie drückte den Knopf und irgendwo im Haus läutete es. „Habe den Vermieter schon länger gebeten, meinen Namen endlich hinzuzufügen, aber bisher ist noch nichts passiert.“ „Ach so“, entgegnete Marianne. „Vielleicht solltest du einfach eins mit Tesa hinkleben, damit man zumindest weiß, wo man klingeln muss.“ „Hab ich. Hat allerdings nicht sehr lange gehoben“, meinte Lydia lachend. „Hast du noch ein bisschen Zeit, etwas essen zu gehen?“, fragte sie. „Für den Italiener wird's knapp“, meinte Marianne und sah auf die Uhr. „Dann lass uns drüben zu Subway gehen“, schlug Lydia vor, während sie den Hof überquerten. „Da geht's ganz schnell.“ „Da war ich schon Ewigkeiten nicht mehr.“ „Na, dann wird's Zeit“, meinte Lydia lächelnd. „Hast du eigentlich meine Whatsapp-Nachricht bekommen?“ „Ja, in dem Moment, wo ich um die Ecke gebogen bin und dich gesehen habe“, antwortete Lydia. „Aber ich glaub, da hätte ich dir auch nicht mehr antworten brauchen, oder?“

„Nicht wirklich. Was hast du eigentlich gekauft?“, fragte Marianne, während sie ihre Freundin ansah. „Gar nichts“, entgegnete sie. „Wollte eigentlich ein neues Schneidebrett kaufen, nachdem das alte mittlerweile völlig versifft ist, aber hatten sie beim Rewe keins. Muss ich wohl in der Stadt holen.“ „Ach so.“ Marianne nickte. „Ich würde auch nicht auf die Idee kommen, das beim Rewe zu besorgen. Glaub, bei so was sind die schlecht ausgestattet.“ „Ein paar Küchenutensilien haben sie schon, aber kein Schneidebrett. Außerdem hatte ich keine Lust in die Stadt zu fahren, da bin ich schon jeden Tag.“ „Auch wieder wahr“, stimmte Marianne ihr zu.

Nachdem Lydia ihr erklärt hatte, wie die Bestellung bei Subway funktionierte, womit Marianne fast ein wenig überfordert war, hatten sie sich an einen Tisch hinten in der Ecke gesetzt, beide mit einem Tablett in der Hand, auf dem sich ein großes Sub des Tages, Getränk und Cookie befanden. „Ich fahre übernächstes Wochenende wahrscheinlich zu meinem Onkel nach Bayern. Hast du Lust mitzukommen?“, fragte Lydia, während sie einen Schluck aus ihrem Becher nahm. „Ach stimmt. Da hatten wir ja mal drüber gesprochen“, entgegnete Marianne. „Wo genau in Bayern wohnt er?“ „In Hof. Kennst du das?“ Marianne nickte. „War zwar noch nie da, aber der Name sagt mir was.“ „Er hat dort, passend zum Ortsnamen, einen großen Hof mit Pferden und ausreichend Platz für mehrere Leute.“ „Ist er Landwirt?“, fragte Marianne. „Nein, er betreibt eine Ferienpension. Ist im Sommer sehr schön dort. Allerdings im Moment, außerhalb der Ferien, ist wenig los. Von daher könnten wir beide dort übernachten und das Wochenende verbringen.“ „Sollen wir damit nicht warten, bis es wieder ein bisschen wärmer wird? Glaube, dann hätten wir mehr davon.“ „Deine Entscheidung“, meinte Lydia achselzuckend. „Ich habe ihm schon zugesagt, dass ich ihn übernächstes Wochenende besuche. Kannst dir noch überlegen, ob du mitkommst.“ „In Ordnung“, stimmte Marianne zu. „Ich muss allerdings vorher meinen Schichtplan checken. Weiß gar nicht, ob ich an dem Wochenende frei habe.“ „Mach das“, sagte Lydia, während sie die Tüte, in der das Sub eingewickelt war, zur Seite legte und den Cookie inspizierte. „Ist es wirklich ok, wenn ich da mit dir aufkreuze?“ „Klar“, sagte Lydia überzeugt. „Eine Person mehr oder weniger macht nichts aus.“

Sie verließen den Subway und Marianne machte sich auf den Weg ins Krankenhaus. Lydias Angebot reizte sie. Sie würde gerne einen Ausflug mit ihr nach Hof machen, allerdings meinte sie sich zu erinnern, an dem Wochenende arbeiten zu müssen. Sie würde nachher im Krankenhaus direkt mal einen Blick auf ihren Schichtplan werfen und Lydia Bescheid geben. Das Wetter hatte zwar aufgeklart und war sonnig, aber bis übernächstes Wochenende konnte sich das schon mehrmals wieder geändert haben. Trotzdem hatte sie große Lust, ein paar Tage aufs Land zu fahren. Sie musste es auch noch mit Timo absprechen, aber glaubte nicht, dass er etwas dagegen haben würde. Sie beide ließen sich gegenseitig Freiraum und es war weder für sie noch für ihn ein Problem, wenn sie ein Wochenende nicht miteinander verbrachten. Allein schon aufgrund Mariannes Schichtdiensts kam das öfters vor. Sie dachte an die Unterhaltung mit Lydia vorhin. Marianne hatte den Eindruck, Lydia hatte wenig Kontakte außer ihr, was vermutlich daran lag, dass sie erst vor ein paar Monaten hergezogen war. Die Stelle im Verkauf hatte sich schnell ergeben, aber neue Bekanntschaften waren etwas schwieriger. Allerdings würde sich das in Lydias Fall schnell ändern. Sie war sehr offen und gesprächig und hatte sicherlich keine Probleme, sich in der Nachbarschaft oder auf der Arbeit zu integrieren. Vorausgesetzt in ihrem Haus wohnten auch noch Leute, die noch nicht das gehobene Rentenalter erreicht hatten.

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