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aa) Gesamtwürdigung von Täterpersönlichkeit und Tatgeschehen

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Die Feststellung besonderer Schuldschwere i.S.v. § 57a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB setzt voraus, dass das gesamte Tatbild einschließlich der Täterpersönlichkeit von den erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Mordfällen so sehr abweicht, dass eine Strafaussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe nach 15 Jahren auch bei günstiger Täterprognose unangemessen wäre[42]. Dies hat der Tatrichter im Rahmen des Erkenntnisverfahrens ohne Bindung an begriffliche Vorgaben im Wege einer zusammenfassenden Würdigung von Tat und Täterpersönlichkeit zu treffen, wobei ein Bejahen nur möglich ist, wenn Umstände von Gewicht vorliegen. Dabei kommt es auf ein bloßes Zusammenzählen von Mordmerkmalen nicht an[43]. Insbesondere darf das Gericht nicht von einem falschen Regel-Ausnahme-Verhältnis ausgehen und die besondere Schuldschwere mit dem Hinweis aussprechen, dass keine hinreichenden Gründe dafür ersichtlich seien, von der Feststellung der besonderen Schuldschwere abzusehen. Mord wird im Regelfall „nur“ mit lebenslanger Freiheitsstrafe geahndet; die besondere Schwere der Schuld ist darüber hinaus nur „ausnahmsweise“ zu bejahen, soweit bei der erforderlichen Gesamtwürdigung von Täterpersönlichkeit und Tat hierfür sprechende Umstände von Gewicht festgestellt werden[44].

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Für die Gewichtung der Schuldschwere i.S.d. § 57a StGB gelten die gleichen Regeln wie für die Bemessung der Strafzumessungsschuld i.S.d. § 46 StGB. Auch für die Gewichtung der Strafzumessungsschuld, die Grundlage auch der Schuldschwerebeurteilung nach § 57a StGB ist, gilt der Grundsatz „in dubio pro reo“ uneingeschränkt. Deshalb dürfen Erörterungen zur besonderen Schuldschwere nicht auf bloßen Vermutungen beruhen, wie etwa der, dass der Angeklagte einen bestimmten „Eindruck“ über seine Sichtweise der Tatvorwürfe vermittelt habe[45].

Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren

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