Читать книгу Torres del Paine - Stephan Hamacher - Страница 13
Timor
ОглавлениеPuerto San Julián erwies sich als Hölle auf Erden. Die Vorräte gingen uns aus, wir darbten, und was tat Fernão? Er ließ die Essensrationen kürzen. Wir saßen fest, und auch wenn wir nicht mehr segelten, ein leerer Bauch sorgt für schlechte Stimmung. Doch eine schlechte Stimmung war nur der Anfang, Hilflosigkeit und Verzweiflung kamen schnell hinzu, und die Zweifel an der Führung des Capitán wurden lauter. Erst gab es ein Raunen, dann ein Murren, schließlich ein Gezeter. Das Land, das wir vorfanden, gab nicht viel her, und wir befanden uns meilenweit entfernt von allen Fußstapfen als Zeugen irdischer Existenz von Mensch und Tier, die Spuren der eigenen Existenz einmal ausgenommen. Das konnte nicht gut gehen, und es ging nicht gut.
Am 1. April meuterten die Matrosen wegen der üblen Versorgungslage. Erschöpft, krank, verletzt, ausgehungert, dem Delirium nahe verlangten sie die sofortige Rückkehr nach Spanien. Und die Matrosen standen nicht allein. Jetzt rächte sich die intime Feindschaft zwischen Fernão und Juan de Cartagena, aus der längst blanker Hass geworden war. Juan und Quesada sowie Juan Sebastián Elcano, der Bordmeister der Concepción, setzten sich an die Spitze der Meuterer und wagten den offenen Aufstand. Sie kaperten die San Antonio und begannen ein Scharmützel gegen den Rest der Flotte. Während des Gefechts enterte Fernão und die Mannen, di noch auf seiner Seite standen, die Victoria. Drei Schiffe gegen zwei, ein Bruderkrieg. Schließlich gelandg es Fernão, die Rebellion niederzuringen.
Vor keinem Gericht der Welt hätte eine Meuterei Bestand. Das wusste auch Fernão, und darum ließ er die Kapitäne der Victoria und der Concepción, Luis de Mendoza und Gaspar de Quesada, hinrichten. Die Anführer der Rebellen, Juan de Cartagena, Kapitän der San Antonio, und der Priester Sanchez de Reina, erwartete ein besonders grausames Schicksal. Sie wurden vor der Weiterfahrt an der Küste ausgesetzt und sich selbst überlassen, was den sicheren Hungertod bedeutete, wenn diesem nicht der Wahnsinn zuvorkam.
Nach dem Aufbruch schickte Fernão die Santiago allein voraus, um das Ufer zu sondieren. Doch am 22. Mai erlitt die Santiago Schiffbruch. Fernão erfuhr davon, nachdem es zwei Matrosen gelungen war, über Land den Rückweg zur Flotte einzuschlagen. Der Rest der Besatzung der Santiago folgte Wochen später. Völlig ausgemergelt und am Ende ihrer Kräfte erreichten die Seeleute das Geschwader. Fernão beschloss, bis zum Oktober in Puerto San Julián zu bleiben, um dann mit den restlichen vier Schiffen weiter zu segeln. Die Dinge schienen nicht besser zu werden. Wir mussten die Mannschaft von fünf Schiffen auf vier verteilen, was an sich schon eine Beschwerlichkeit für einen jeden von uns bedeutete. Wir mussten mit Hunger und Durst leben. Und vor allem mussten wir mehr denn je mit der Ungewissheit leben.