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ELENA

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Als ich am Mittwoch von der Arbeit nach Hause kam, war meine Stimmung schlecht. Mein Vater war schon vorgegangen und hatte mich noch gebeten, Reis einzukaufen, da wir mit Grace und Luke fünf Leute sein würden und nicht nur drei.

Mein Vater war genauso schlecht gelaunt wie ich, doch weder er noch ich trauten uns, über die Revolution zu diskutieren. Ich wartete jeden Tag darauf, von irgendjemandem zu hören, dass etwas passiert war. Jemand war spurlos verschwunden, jemand war verhaftet worden, jemand hatte sich verletzt … Doch nichts passierte.

Ich begann mich zu fragen, ob meine Mutter recht hatte. Vielleicht war meine Angst ja umsonst und diese neue Gruppierung würde uns am Ende befreien. Vielleicht würde ich eines Tages zur Tür hinausgehen und alle würden auf der Straße tanzen und die Freiheit feiern. Ich versuchte die Bilder, die stattdessen in meinem Kopf herumgeisterten, zu vertreiben und mich auf diese Hoffnung zu konzentrieren, die meine Mutter offenbar hatte.

Als ich gedankenverloren durch unsere schäbige Haustür trat, war ich nicht darauf vorbereitet, ein freudiges »Hallo, Elena!« zu hören.

Eine Sekunde später fiel mir Grace um den Hals und ich hatte Schwierigkeiten, mein Gleichgewicht wiederzufinden. »Grace!«, krächzte ich. »Ich krieg keine Luft.«

»Oh!« Lachend ließ sie mich los. »Wie geht’s dir? Ich und Luke sind gerade erst angekommen.« Sie nahm mir den Reis ab und platzierte ihn auf dem Ofen, während ich Luke begrüßte.

»Mehr oder weniger gut. Danke der Nachfrage. Aber erzähl! Wieso seid ihr jetzt schon da? Ich dachte, ihr kommt nicht vor Freitag?«

»Das dachten wir auch«, meinte Luke.

»Bis wir erfahren haben, dass der Arzt endlich ein billigeres Röntgengerät besorgt hat. Es hat zwar schlechte Qualität …«

»Echt schlecht. Da sieht man gar nichts, wenn man keine drei Doktortitel hat«, warf Luke ein.

Grace warf ihm neckisch einen wütenden Blick zu und fuhr dann fort: »Also, schlechte Qualität. Jedenfalls hat er ein Röntgen gemacht und er hat gesagt, dass keine Gefahr besteht, wenn er sich nicht überanstrengt.«

»Das ist ja super, Schatz!«, meinte meine Mutter.

Sie klang so fröhlich wie seit Monaten nicht mehr und auch meine schlechte Laune war verflogen. Ich liebte Grace und Luke dafür, dass sie früher gekommen waren. Ich war mir nicht sicher, wie lange ich hier noch durchgehalten hätte, ohne durchzudrehen.

»Gibt’s bei euch irgendetwas Neues?«, fragte Grace.

»Nicht wirklich. Ich habe immer noch keinen Freund, obwohl ich ja jetzt in dem Alter bin«, antwortete ich sarkastisch. Grace und Luke lachten. Die Augen meiner Mutter blitzten.

»Nein, eigentlich nicht. Ihr seid die größte Neuigkeit. Die Fließbänder in der Fabrik laufen noch in die gleiche Richtung. Der Brunnen hat noch Wasser. Der Reishändler Reis.« Mein Vater zuckte mit den Schultern.

Grace und Luke grinsten.

»Gibt es bei euch sonst noch was Neues?«, fragte meine Mutter wieder.

»Nichts Weltbewegendes«, antwortete Luke.

»Wir haben einen neuen Arbeitgeber.« Grace zuckte mit den Schultern. »Er hat unsere Fabrik übernommen, scheint aber nichts ändern zu wollen. Es läuft also alles gleich. Man darf nur nicht vergessen, ihn mit dem richtigen Nachnamen anzusprechen.«

Luke lachte. »Das ist mir wirklich letztens passiert. Das ‚Herr Zync‘ war schon fast draußen, als ich mich gefangen hab und doch noch umgeschwungen bin auf … Warte, wie heißt er jetzt nochmal?«

Wir lachten. Grace verdrehte die Augen. »Herr Walters.«

Luke nickte gewichtig. Grace verdrehte noch einmal die Augen. Dann nahm sie seine Hand.

»Sollen wir irgendwo helfen?«, fragte sie und lächelte. Sie war immer so verdammt hilfsbereit.

»Genau, ich kann Holz hacken oder so«, fügte Luke hinzu. Sie ergänzten sich natürlich wie immer perfekt.

»Das wäre toll. Und Grace, du kannst mir im Haushalt helfen. Dann kann El ja mal waschen.«

Brrr. Das Wasser würde eiskalt sein. Und wenn man nur ein T-Shirt und nur eine Hose hat, dann muss man sie logischerweise ausziehen, um sie zu waschen. Und nachher nass wieder anziehen. Ich seufzte. Außerdem durften wir nur eine bestimmte Menge an Wasser benutzen, daher wuschen wir alle Kleider in demselben Bottich.

»Ist okay.« Ich wollte mir Grace zum Vorbild nehmen. Vielleicht würde das ja etwas nützen. Mein Vater und meine Mutter gaben mir ihre Sachen und wickelten sich in Decken. Ich setzte mich mit einem Wasserkübel hinters Haus.

Ich hatte zwar wieder einmal viel Zeit zum Nachdenken, aber da ich nicht an irgendetwas Negatives denken wollte, war mir diese Pause weit weniger recht als das Holzhacken. Außerdem fror ich. War es kälter geworden? Vermutlich nicht, aber es kam mir so vor.

Goldmond

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