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ELENA

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Meine Mutter, mein Vater, Grace, Luke und ich saßen beim Abendessen. Ich hatte fast den ganzen Morgen mit dem Waschen der Wäsche verbracht und war dann um acht in die Fabrik gegangen. Wenigstens war ich jetzt erst mal für eine Zeit vom Wäschewaschen befreit. Für mindestens drei Tage. Ich seufzte.

Das Abendessen war alles andere als normal. Wenn wir nur zu dritt waren, dann sprachen wir normalerweise nicht. Doch Grace und Luke lachten und scherzten und mein Vater stieg schnell ein. Auch ich und meine Mutter mussten lachen, als Luke das Gesicht verzog und mit verstellter Stimme einen Witz erzählte. Ich grinste. Luke hätte jeden Witz erzählen können. Seine Stimme war großartig und sein Gesicht war so unglaublich lustig.

Meine Mutter klopfte ihm scherzhaft auf den Kopf. Sie war immer angespannt, wenn Grace und Luke zu Besuch waren, aber heute wirkte sie fröhlicher als sonst. Vielleicht war sie ja endlich über die Heirat ihrer Tochter hinweggekommen.

»Also wirklich, Luke!«

Wir lachten, als Luke ein übertrieben enttäuschtes und verletztes Gesicht aufsetzte und mit weinerlicher Stimme »Aber, Mama!« rief.

Ich konnte mich kaum noch halten vor Lachen. Wenn Luke ein Adeliger gewesen wäre, dann hätte er damit bestimmt Geld verdienen können.

Schließlich verzog sich sogar Lukes Gesicht zu einem Lächeln und am Ende lachte er genauso los wie wir anderen auch.

Ich sah, wie meine Mutter sich unauffällig wegdrehte. In der Hütte war es dunkel, doch ich glaubte, etwas auf ihrer Wange glitzern zu sehen. Offenbar war sie doch noch nicht so weit. Ich fragte mich, ob ich sie auch eines Tages zum Weinen bringen würde, wenn ich auszog. Ich hatte ja noch Zeit, dachte ich, bezweifelte aber gleichzeitig, dass meine Mutter in den nächsten Jahren plötzlich ihre Meinung ändern würde. Heirat bedeutete schließlich Ausziehen und Ausziehen bedeutete weniger Geld und Essen für alle.

Da fing Grace plötzlich an zu summen und Luke spielte uns einen Sketch zu Graces Musik vor. Ich vergaß meine Sorgen, als ich das Lächeln meiner Mutter sah, und entspannte mich. Ich hatte seit Ewigkeiten nicht mehr so gelacht.

Als die Dunkelheit hereinbrach, zog Grace eine Kerze aus ihrem Sack. In ihrem Schein saßen wir noch lange zusammen. Ich konnte mich nicht erinnern, jemals so lange aufgeblieben zu sein. Als die Kerze schließlich heruntergebrannt war, sah man bereits den ersten hellen Schimmer am Horizont.

Wir legten uns schlafen, obwohl ich mir sicher war, dass ich viel zu wenig Schlaf bekommen würde.

Am nächsten Morgen jedoch hörte ich meine Mutter früh in der Küche rumoren, aber ich schlief aufgrund meiner Müdigkeit wieder ein.

Kurz darauf erwachte ich panisch. Ich musste doch Wasser holen, Reis kaufen und in die Fabrik! Ich riss meine Decke so schnell zurück, dass sie meinen Vater im Gesicht traf. Er drehte sich im Schlaf um. Wieso schlief er noch? Wieso hatte meine Mutter uns nicht schon lange geweckt?

Hellwach warf ich mich in mein Gewand und eilte hinaus an den Ofen. Meine Mutter stand seelenruhig davor und murmelte vor sich hin. Sie kochte Reis. Ein Kübel mit Wasser stand bereits in der Ecke und der Tisch war gedeckt. Von draußen kamen Sonnenstrahlen herein. Es musste schon total spät sein!

Da bemerkte meine Mutter mich. »Oh, Morgen, El! Ich wollte dich noch etwas schlafen lassen.« Ihr Tonfall war entspannt, ihre Miene heller, als ich es gewohnt war.

»Wo kommt das Wasser her?«, fragte ich verwirrt. Träumte ich? Ich zwickte mich in den Arm. Es tat weh. Ich rieb mir die wunde Stelle und ärgerte mich über mich selbst.

»Oh, Morgen, Schwester!« Ich blickte auf. Grace streckte den Kopf zur Tür herein. »Luke und ich waren nicht ganz untätig, wo wir euch doch gestern den Schlaf geraubt haben.« Sie lächelte.

»Wie spät ist es?«, fragte ich verblüfft.

Grace zeigte auf die große, schmutzige und vor allem sehr laute Uhr, die in der Ecke auf einem alten Schemel stand. Sie zeigte fünf vor sieben. Ich musste normalerweise um acht in der Fabrik sein und verließ daher zehn Minuten vor acht das Haus.

»Wann bist du aufgestanden?«, fragte ich Grace ungläubig.

Sie lachte über meinen Gesichtsausdruck. »Halb fünf.«

»Aber wir sind doch erst um vier schlafen gegangen!«, rief ich entsetzt. »Warum habt ihr mich nicht geweckt?!«

»Immer mit der Ruhe, Schwesterherz!« Grace zwinkerte mir zu und ich hörte, wie Luke von draußen rief: »Schatz, wo bleibst du?«

Meine Schwester verdrehte die Augen und entschuldigte sich. »Luke kann auch wirklich nichts allein. Sogar zum Dachdecken braucht er Hilfe.« Gespielt verzweifelt warf sie die Hände in die Luft und verschwand dann aus der Türöffnung. Ich hörte noch, wie sie Luke zurief: »Was hast du denn schon wieder angestellt, nicht eine Minute kann man dich alleine lassen! Also wirklich! Sooooo geht das!« Sie lachten beide.

Ich drehte mich zu meiner Mutter um. »Was machen sie?« Sie lächelte. »Die beiden sind so lieb und decken die Hütte mit neuen Planen ab.«

»Und was soll ich tun?«

»In etwa zehn Minuten gibt es Essen. Du kannst den Fußboden aufwaschen.«

Ich holte einen alten Fetzen aus der Ecke und machte mich an die Arbeit. Die ganze Zeit über hörte ich Luke und Grace draußen scherzhaft streiten. Manchmal lachte ich sogar mit. Ich konnte nicht anders.

Ich merkte jedoch, dass meine Mutter nicht mitlachte. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass ihre Finger weiß waren, weil sie den Kochlöffel so fest gepackt hatte. Ihre Stirn war in Falten gelegt und sie biss sich auf die Lippe. Das Lachen blieb mir im Hals stecken.

Goldmond

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