Читать книгу Eternity - Stadt der Toten - Tamara Thorne - Страница 10

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Hast du deine Hausaufgaben alle gemacht?«, fragte Kate McPherson, als ihr Sohn die Treppe herunterhüpfte.

Josh nickte. »Bin fertig. Kann ich etwas Eiskrem haben?«

Kate lächelte. »Du hattest doch schon eine Portion.«

»Bitte ...«

»Morgen.«

»Kann ich fernsehen?«

Kate legte den Patricia-Cornwell-Roman beiseite, den sie gerade las, und schaute auf ihre Armbanduhr. »Weißt du, wie spät es ist, Josh?«

»Nein, Mom«, sagte der Junge mit unschuldiger Miene. »Acht?«

Kate lächelte. »Es ist halb zehn, und du hast morgen Schule.«

Er schaute sie mit großen Augen an. »Wirklich?« Er bemühte sich, sich das Grinsen zu verkneifen, aber es wollte ihm nicht recht gelingen.

»Komm mal her.« Kate breitete die Arme aus. Josh zögerte kurz, dann ließ er sich an ihre Brust fallen und drückte sein Gesicht an ihren Hals. Kate zog ihn an sich und strich über sein dichtes blondes Haar. Noch vor einem knappen Jahr wäre es Josh nie eingefallen, mit ihr auf diese Weise zu scherzen. Er hätte auch ihre Zuneigung nicht angenommen – und sie schon gar nicht erwidert.

Weißt du denn nicht, dass du deinem Sohn jedes Mal, wenn du dich diesen Anfällen körperlicher Zuneigung ergibst, einen irreparablen Schaden zufügst?, wurde sie von Carls Stimme unterbrochen. Carl hatte Umarmungen, Küsse und andere Zurschaustellungen von Gefühlen zwischen Eltern und Kind aktiv bekämpft und ständig darauf angespielt, dass es viel smarter von Kate gewesen wäre, wenn sie ihm diese Zuneigung in Form von Sex gegeben hätte. Du Arschloch.

»Ich hab dich lieb«, sagte sie leise zu ihrem Sohn.

Josh drückte sie fest und murmelte etwas. Er konnte Worte dieser Art noch immer nicht aussprechen; sein Vater hatte sie ihm ausgetrieben. Kate wusste auch, dass es Josh schwerfiel, sie an sich zu drücken, dass er es nur über sich brachte, weil es ein Teil des abendlichen Rituals geworden war, Routine wie das Zähneputzen. Seine Spontaneität war unter dem Gewicht der Unsicherheiten erdrückt worden, die Carl so sorgfältig gesät hatte. Obwohl noch ein weiter Weg vor Josh lag, hatte er bereits eine Riesenstrecke zurückgelegt.

Er löste sich von Kate und lächelte sie an. »Musst du morgen arbeiten?«

»Ich fürchte ja. Lass dich vom Busfahrer bei Miss Quince absetzen. Ich hole dich um 17.30 Uhr bei ihr ab, okay?«

»Okay.« Josh schwieg eine Weile. »Wann nimmst du mich zur Arbeit mit, damit ich mir Little Stonehenge anschauen kann, wie du’s versprochen hast?«

Kate musterte ihn. Sie hatte ihn nur einmal mit auf den Berg genommen – im letzten Monat, als sie Frank Lawson gefunden hatte. Damals hatte Josh Gott sei Dank nicht erkannt, dass da ein Mord passiert war. Als sie es ihm erzählt hatte, hatte er kaum reagiert. Andererseits hatte er auch nicht darum gebeten, sich Little Stonehenge noch mal ansehen zu dürfen. Bis heute. Vielleicht,sagte sich Kate, ist das ein gutes Zeichen.»Bald«, antwortete sie. »Aber jetzt gehst du ins Bett, junger Mann. Um zehn ist das Licht aus.«

»Nacht, Mom.«

Kate sah ihm nach, als er die Treppe hinauflief. Es klappte. Es klappte wirklich, seit sie allein und außer Carls Reichweite waren. Josh und sie wurden allmählich gesund.

Nicht einmal der Zettel, den sie vor der Tür gefunden hatte, kam ihr jetzt noch bedrohlich vor. Sie nahm das Buch wieder auf und lächelte. Ambrose Abbott hatte vermutlich Recht: Es war ein Streich; schließlich hatte er auch hinsichtlich der pelzigen Natur des Eindringlings in ihrer Garage richtiggelegen.

Das Telefon klingelte. Kate zuckte zusammen, schob die Hand über den Tisch hinweg und nahm ab. »Hallo?«

Sie hörte ein leises Atmen.

»Hallo, wer ist denn da?«

Keine Antwort. Nur das langsame, gleichmäßige Atmen. Dann brach die Verbindung ab.

Als Kate den Hörer auflegte, zitterte ihre Hand. Bevor sie hierhergezogen war und mit Carl Frieden geschlossen hatte – damals, als sie versucht hatte, sich vor ihm zu verstecken –, hatte er sie wiederholt telefonisch belästigt. Zumindest nahm sie an, dass er es gewesen war. Es entsprach seiner Art, ihr Angst einzujagen, statt sie zu besuchen und zuzugeben, dass er ihre neueste Geheimnummer kannte. Bestand die Möglichkeit, dass er wieder anrief – bloß, weil er Vergnügen daran hatte?

Ob der Zettel von ihm war? Es würde bedeuten, dass er sie nicht aus Los Angeles angerufen hatte, sondern aus der Nähe ...

Hör auf damit! Es war Zufall. Nur ein Zufall. Jemand hat sich verwählt, und du rastest aus ... Aber der Zettel ...

Angenommen, es ist der Mörder, der dich anruft?

Nein. Sie wollte nicht so denken. Kate schlug entschlossen das Buch auf und versuchte sich zu konzentrieren. Leider konnte sie kein Wort behalten. Also stand sie auf und überprüfte noch einmal sämtliche Türen und Fenster. Gähnend, erschöpft, aber in dem Wissen, dass sie nicht würde einschlafen können, ging sie in die Küche und schenkte sich einen kleinen Brandy ein. Sie kippte ihn schnell hinunter, ohne auf den Geschmack zu achten. Die Wärme, die sich gleich darauf in ihr ausbreitete, gefiel ihr. Sie spülte das Glas aus und ging die Treppe hinauf.

Das Telefon klingelte erneut.

Kate drehte sich um und starrte es an. Sie wartete darauf, dass der Anrufbeantworter anging, aber sie hatte ihn nicht eingeschaltet. Nach dem sechsten Klingeln hob sie den Hörer ab und lauschte.

Wieder hörte sie nur langsames, gleichmäßiges Atmen. Kate knallte den Hörer auf die Gabel, schaltete den Anrufbeantworter ein, drehte sich um und ging nach oben.

Sie war zwar fest entschlossen, sich von dieser Sache nicht beeinflussen zu lassen, aber ihre Hände zitterten, als sie sich die Zähne putzte und das Gesicht wusch.

Als sie ins Schlafzimmer kam, läutete das Telefon erneut. Der Anrufbeantworter schaltete sich nach dem zweiten Klingeln ein. Kate hatte nicht vor, dem Anrufer – vielleicht war es nur ein Jugendlicher, der ihr einen Streich spielte – Zeit zu widmen. Sie zog sich aus, schlüpfte in ein langes blaues T-Shirt, bürstete schnell ihre Haare und schaute dann nach Josh. Er schlief bereits.

Als Kate wieder im Schlafzimmer war, ging sie an den kleinen, im Schrank versteckten Tresor. Mit bebenden Händen versuchte sie zweimal die Kombination einzugeben, dann erst klappte es. Sie öffnete die Tür, entnahm dem Tresor einen 38er Revolver und prüfte, ob er geladen war. Zufrieden nahm sie ihn mit zum Bett und schob ihn unters Kissen.

Dann legte sie sich angespannt zwischen die kühlen Laken und fragte sich, ob das Telefon noch mal läuten würde.

Eternity - Stadt der Toten

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