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Hope – Ein Australian Shepherd im Ausnahmezustand
ОглавлениеAls ich Hope kennen lernte war sie gerade einmal ein Jahr alt. Hope war ein typischer Ausi mit allen Vor- und Nachteilen. Die Vorteile dieser Rasse sind Anhänglichkeit, Intelligenz, Arbeitsfreude und der Wille seinem Herrn zu gefallen. Die Nachteile sind seine unglaubliche Sensibilität und sein Schäferhund-Erbe, was das Verhalten gegenüber anderen Hunden angeht, denn sie mobben gerne. Hope ist eine sehr schöne dreifarbige Hündin mit zweifarbigen Augen.
Die Ausbildung von Hope war ein Vergnügen, denn sie lernte schnell und war leicht zu führen. Da ich gleichzeitig noch zwei Labradore in Ausbildung hatte, musste ich mich immer umstellen, bevor ich Hope ins Führgeschirr nahm. Bei Hope reichten leise Kommandos und sanfte Korrekturen. Erfolgte eine Einwirkung mal etwas zu stark oder ein Kommando zu laut, dann musste man sie mittels motivierender Stimmlage wieder aufbauen und so aus ihrem Tief herausholen, bevor man weiter arbeiten konnte. Als Hope die Ausbildung nach sechs Monaten mit Erfolg beendet hatte sollte die Einschulung mit ihrer sehbehinderten Besitzerin erfolgen.
Es war eine junge Mutter mit einer zehnjährigen Tochter. Die Tochter war von der Entscheidung einen Hund in die Familie aufzunehmen nicht begeistert, da sie bisher ihre Mutter führen durfte. In der Einschulung wurde das ganz deutlich. Die Tochter drängte sich immer wieder zwischen die Mutter und Hope. Schließlich stellte sich die Tochter krank und die Mutter entschloss sich, Hope bereits nach sieben Tagen wieder zu uns zurück zu bringen. Hope verstand die Welt nicht mehr. Sie hatte nach dieser kurzen Zeit bereits eine sehr enge Bindung zu der Frau aufgebaut und war total verwirrt, als sie zu uns zurückkam.
Da unsere Ausbildungshunde im Zwinger leben wurde auch Hope wieder dort einquartiert. Ich brachte sie also in ihren Zwinger in dem sie auch während der Ausbildung gelebt hatte und ließ sie erst einmal in Ruhe. Als ich eine Stunde später mal nach ihr sehen wollte und zur Zwingeranlage ging, stockte mir der Atem. Ich sah Hope, die versuchte sich unter der Eingangstür zur Zwingeranlage durchzuquetschen.
Sie blieb natürlich stecken und schrie jämmerlich.
Ich befreite sie sofort und brachte sie erst einmal ins Haus, damit sie zur Ruhe kommen konnte. Wie Hope es geschafft hatte aus ihrem verschlossenen Zwinger rauszukommen bleibt mir bis heute ein großes Rätsel, da ich weiß, dass die Zwingertür zu war. Um diese Tür aufzubekommen, muss man den Hebel zuerst nach oben und gleichzeitig nach links drücken. Wie groß muss die Verzweiflung eines Hundes sein, wenn er diese Aufgabe meistert, um rauszukommen? Ich werde nie den Anblick von Hope unter der Zwingertür vergessen und wie sie mich dabei anschaute. Erst in diesem Moment habe ich verstanden, was für ein großer Schock dieser nochmalige Besitzerwechsel in Hope ausgelöst hatte. Hope hatte nicht verstanden, warum sie ihr neues zu Hause wieder hatte verlassen müssen und ertrug es in dieser Situation auch nicht alleine zu sein, was vor diesem Ereignis und danach kein Problem war. Nachdem Hope sich beruhigt hatte und wir ihr einen Labrador als Verstärkung in ihren Zwinger brachten, ging es ihr schon etwas besser. Sie brauchte aber zwei Monate um das Ereignis zu verarbeiten und wir einen Neustart mit einem anderen sehbehinderten Besitzer wagen konnten. Dieser wusste von der Vorgeschichte von Hope und entschied sich mit ganzem Herzen für sie. Die Beiden sind noch heute ein tolles Team und ich freue mich immer wieder, wenn ich sie bei ihrer gemeinsamen Arbeit bestaunen kann.