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Hummel – Eine ungewöhnliche Gespannprüfung

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Hummel war ein ausgebildeter Führhund, eine blonde Labradorhündin und ein Herz von einem Hund. Sie war mit anderthalb Jahren als Führhund abgegeben worden und hatte auch ihre Gespannprüfung erfolgreich abgelegt. Ein Jahr später passierte dann das Unfassbare. Ihre blinde Besitzerin starb viel zu früh durch einen schrecklichen Unfall. Sie wollte an diesem Tag nur noch mal schnell in die Apotheke gehen und ließ Hummel deshalb zu Hause. Die Apotheke war nur fünf Minuten von zu Hause entfernt und so dachte sie sich, dass sie für dieses kurze Stück nicht auf Hummel‘s Unterstützung angewiesen sei. Hätte sie ihren Führhund lieber mitgenommen, denn auf dem Weg passierte es: Die sehbehinderte Frau wollte gerade die Hauptstraße überqueren und lauschte auf den Verkehr. Dabei überhörte sie wohl die herannahende Straßenbahn. Sie wollte im letzten Moment noch zurückweichen, es war aber zu spät und sie wurde von der Straßenbahn erfasst und tödlich verletzt. Die Nachricht traf uns zutiefst, wir waren entsetzt und geschockt. Die Krankenkasse der Verstorbenen entschied, dass Hummel, da sie erst zweieinhalb Jahre alt war, sofort zu einem anderen Blinden kommen sollte. Wir suchten also im Hinblick auf Hummel‘s Charakter einen passenden blinden Kunden und fanden eine sehr nette blinde Frau aus Norddeutschland. Wir holten Hummel erst einmal zu uns, um ihr ein paar Wochen Zeit zu geben, sich umzustellen. Dann stellten wir sie der neuen Besitzerin vor und die Beiden mochten sich auf Anhieb. Das Problem war nur, dass die blinde Marie vorher einen Führhund besessen hatte, mit dem sie gar nicht zufrieden gewesen war und den sie deshalb nach kurzer Zeit wieder an die Führhundschule zurückgegeben hatte. Jetzt hatte sie natürlich Angst, dass das mit Hummel auch passieren könnte. Wir konnten sie dahingehend beruhigen, denn das Problem, das ihr vorheriger Führhund gehabt hatte, lag vermutlich an der Ausbildung. Der Hund lief weg, wenn man ihn von der Leine machte und kam erst nach Stunden zurück oder man hatte ihn suchen müssen. Meist war er dann bei der Hündin des Nachbarn zu finden, die einige Kilometer entfernt wohnte.

Bei der Einschulung von Marie und Hummel merkte man aber glücklicherweise sofort, dass das Vertrauen zwischen den Beiden täglich zunahm. Als Marie dann zusätzlich merkte, dass Hummel immer freudig heran kam, wenn sie sie rief und dass wir sie ableinen konnten und sie trotzdem immer in der Nähe blieb, war das Eis gebrochen.

Die Einschulung machte uns allen dreien viel Spaß und auch die Familie von Marie schloss Hummel gleich in ihr Herz. Nach rund drei Wochen Einschulung ließ ich die Beiden alleine laufen, damit sie ihre Zusammenarbeit noch weiter vertiefen konnten, bis wir die Gespannprüfung absolvieren würden. Zwei Tage vor der Gespannprüfung reiste ich noch mal an, um zu sehen, wie die Zusammenarbeit nun lief. Die Beiden waren in der kurzen Zeit ein harmonisches Gespann geworden und Hummel kannte bereits alle relevanten Wege, die Marie mit ihr zurücklegen wollte. Wir sahen der Gespannprüfung gelassen entgegen. Allerdings hatten wir nicht mit dieser Prüferin gerechnet. Am Tag der Gespannprüfung kam die Prüferin und begann bereits am Anfang an allem herumzumäkeln, wie z.B. warum bereits nach sechs Wochen die Gespannprüfung stattfinden sollte und warum nicht alle Unterlagen so waren, wie sie es sich vorgestellt hatte. Man muss bedenken, dass Marie durch diese Kommentare natürlich nervös wurde. Ich redete ihr gut zu, dass sie doch wisse, dass sie sich auf ihre Hummel verlassen könne und so starteten wir die Prüfung.

Wir wollten zuerst zur Arbeitsstelle von Marie laufen, da dies ihr täglicher Weg war. Als Marie Hummel anschirrte und losging, folgte die Prüferin unmittelbar hinter ihnen. Das heißt, zwischen Prüferin und Führhund lag nur ein Schritt, wenn Hummel also mal kurz stoppte und die Prüferin es nicht sofort mitbekam, trat sie Hummel am Hinterlauf, was diese natürlich nicht lustig fand und sich deshalb immer öfter nach hinten umdrehte. Das Umdrehen wurde dann von der Prüferin als Anhänglichkeit mir gegenüber gesehen. Mit dieser Beurteilung zeigte sich zum ersten und leider nicht zum letzten Mal, die Inkompetenz der Prüferin. Nicht nur, dass die Prüferin so eng an dem Führhund und der Blinden lief, sie diktierte auch die ganze Zeit über Kommentare auf ihr Diktiergerät, wie zum Beispiel „Führhund bleibt nicht an Wirtschaftswegen stehen, sondern setzt seinen Weg fort“, „Führhund dreht sich häufig um“, „Führhund läuft nicht exakt in der Mitte des Radweges“ und so weiter. Diese Kommentare machten die Führhundhalterin zunehmend nervöser, weil sie natürlich dachte, dass dies alles Minuspunkte für sie und ihren Hund sein würden.

Marie bekam langsam Angst und war sich nicht mehr sicher, die Prüfung zu schaffen. Hinzu kam noch, dass die Prüferin während der gesamten Zeit, den Prüfungsweg kommentierte, mit zum Beispiel „Das ist für den Führhund ja keine große Aufgabe, da müssen wir nachher noch mal was suchen, was ihn wirklich fordert“ und so weiter und so fort. Dazu muss man wissen, dass der Arbeitsweg der Blinden von ihrem Wohnhaus aus, einen etwa über zweieinhalb Kilometer langen Radweg verlief, der dann in die Kleinstadt führte. Dort mussten sie noch die Hauptverkehrsstraße und eine Nebenstraße überqueren und ungefähr 500 Meter auf dem Gehweg entlang laufen, um zur medizinischen Massagepraxis zu gelangen, wo Marie arbeitete. Der Radweg wurde immer wieder durch Wirtschaftswege unterbrochen, jedoch ohne jegliche Kenntlichmachung für den Führhund. Das heisst es gab weder einen Bordstein, noch eine weiße Linie, so dass Hummel nur an diesen Wegen gestoppt hätte, wenn sich ein Fahrzeug genähert hätte, ansonsten aber ohne anzuhalten weiter gelaufen wäre. Natürlich gibt es anspruchsvollere Wege für einen Blindenführhund, aber schließlich hatte sich ihre blinde Besitzerin diesen Weg nicht ausgesucht, dies war nun mal ihr Arbeitsweg. Außerdem ist es auch schwierig für einen Hund, auf einem Weg zu führen, wo wenig Ablenkung ist und nur hier und da mal ein Fahrrad den Weg kreuzt oder aus einem der Wirtschaftswege ein Traktor oder PKW rauskommt. Denn gerade auf solchen Wegen ist die Gefahr groß, dass ein Führhund sich, durch schnuppern oder sonstiges, den Weg interessanter macht, aber Hummel tat nichts dergleichen, sie lief aufmerksam im Führgeschirr und hatte den Kopf immer oben.

Nachdem wir dann die Hauptstraße sicher überquert hatten, ergab sich die folgende Situation. Es kam uns, auf unserem Gehweg, eine junge Frau mit Kinderwagen entgegen. Die Frau lief immer weiter auf das Führgespann zu und da der Gehweg sehr eng war, wich Hummel nach rechts aus und Marie streifte mit ihrem Fuß einen Pflanzstein, der dort im Weg stand. Sogleich nahm die Prüferin dieses Ereignis, mittels Diktiergerät, zur Kenntnis und lamentierte lautstark über die unzulängliche Führqualität von Hummel, obwohl das der erste Fehler war, den sie vom Gespann gesehen hatte. Da Sie lediglich die Fehler in ihr Diktiergerät auf sprach, hörte sich das ganze natürlich sehr dramatisch für Marie an und die Nervosität steigerte sich bei ihr und übertrug sich auch auf Hummel. Zusätzlich streifte die Prüferin immer noch ab und zu Hummel mit ihrem Fuß, wenn das Gespann unvermittelt stehen blieb. Dann überquerten wir eine Nebenstraße und hier befand sich auf der Hälfte der Überquerung eine Verkehrsinsel. Diese hatte weder einen Bordstein, noch eine Markierung, sondern bestand lediglich aus einem rechts und linksseitigen Blumenbeet. Da Marie schon sehr verunsichert war, bemerkte sie nicht, dass Hummel auf der Verkehrsinsel kurz anhielt und schob sie einfach weiter über die Straße. Da jedoch kein PKW weit und breit zu sehen war, sollte das auch kein Problem für die Prüfung darstellen. Weit gefehlt!!! Die Prüferin besprach erneut entrüstet ihr Diktiergerät, dass man auf diese Weise doch keine Straße überqueren könnte und so weiter. Marie war mittlerweile den Tränen nah, aber das berührte die Prüferin keineswegs. Der Rest des Weges lief ohne Beanstandung und Hummel suchte nach Aufforderung sofort die Eingangstür zur Massagepraxis. Dort angekommen, machte ich den Vorschlag eine kurze Pause einzulegen. Die Prüferin wollte keine Pause machen, aber ich bestand darauf, denn schließlich macht es auch für den Führhund keinen Sinn, erst ein Ziel anzulaufen und dann sofort weiter zu gehen. Darüber hinaus brauchten die Beiden dringend eine Pause, um sich wieder zu fangen. Nach einer kurzen Kaffepause ging es weiter. Nun sollte der Prüfungsweg in die Kleinstadt und dort in verschiedene Geschäfte führen. Als wir los marschierten, die Prüferin wieder direkt hinter dem Führhund her laufend, führte der Weg zunächst wieder über die Seitenstraße mit der Verkehrsinsel und dann Richtung Stadt. Als wir gerade eine Ampelkreuzung überqueren wollten, fiel der Prüferin ein, noch einen Abstecher in unbekanntes Gebiet zu machen. Also beschrieb sie Marie, wo es langgehen sollte und diese schickte ihren Blindenführhund in die angekündigte Richtung. Nun sah die Prüferin eine Treppe und am Ende der Treppe eine Eingangstür zu einem Gebäude und wies Marie an, sich die Treppe suchen zu lassen. Hummel zog sofort Richtung Gebäude los und zeigte statt der Treppe, den Rollstuhlweg an. Dieser führte natürlich genauso zum Gebäude rauf und war der leichtere Weg, da hatte die Hündin mitgedacht. Die Prüferin jedoch nicht, die sah es als unmöglich an, scheuchte Beide wieder runter, damit Marie Hummel so lange anwies, die Treppe zu suchen, bis diese die Treppe nahm – natürlich alles unter den Augen der, ins Diktiergerät kommentierenden Prüferin, was die Sache nicht erleichterte. Oben angelangt, zeigte Hummel sofort die Tür an und danach sollte der Weg in die Stadt fortgesetzt werden. Marie war mittlerweile hochrot, schwitzte und vergaß, bei all dem Stress, hin und wieder ihre Hündin für die Arbeit zu loben, was Hummel natürlich auch verwirrte, weil Marie sie sonst immer lobte. Als wir uns auf dem Weg Richtung Stadt befanden, schickte uns die Prüferin noch auf einen Marktplatz. Auf einen solchen Marktplatz, wo die Orientierung aufgrund der Unübersichtlichkeit für einen vollblinden Menschen praktisch nicht möglich ist. Hier sollte Hummel einen Briefkasten anzeigen, der hinter einer Sitzbank an der Wand hing. Hummel suchte angestrengt, da sie noch nie an diesem Briefkasten war und als sie ihn gefunden hatte, sprang sie freudig an der Sitzbank hoch, da diese ja vor dem Briefkasten stand. Die Prüferin kommentierte dies wieder mit ungenügend guter Ausbildung des Hundes und dem Unvermögen den Briefkasten ordnungsgemäß anzuzeigen. Ich dachte in diesem Moment, ich bin im falschen Film!

Ich war geschockt von den Kommentaren der Prüferin, die meiner Meinung nach nur deren Inkompetenz zeigten. Es sollte noch schlimmer kommen!

Auf dem Rückweg forderte die Prüferin Marie auf, den Weg gerade fortzusetzen und da diese mittlerweile überhaupt nicht mehr wusste, wo sie war, lief sie ihrem Hund vertrauensvoll hinterher. Da die Beiden auf direktem Weg Richtung des fließenden Verkehrs liefen und dort weder ein Bordstein noch eine andere Begrenzung war, dachte ich, dass die Prüferin Marie noch etwas sagen würde. Aber weit gefehlt, schließlich wollte die Prüferin ja sehen, ob der Blindenführhund auch tatsächlich vor dem Verkehr stoppen oder weiterlaufen würde. Hummel stoppte mit vollem Körpereinsatz, so dass die Blinde anhalten musste und im selben Moment fuhr ein PKW vor ihnen vorbei. Mir stockte der Atem, denn die Prüferin hätte in dieser Situation nicht mehr eingreifen können, sie war in diesem Moment viel zu weit vom Gespann entfernt und ich bezweifele, dass ein Ruf in diesem Moment ausgereicht hätte. Statt nun einmal etwas Positives in ihr Diktiergerät zu kommentieren, setzte sie den Weg einfach fort. In der Stadt angelangt merkte man dem Gespann langsam die mittlerweile schon zweistündige Prüfung an und eine Pause wäre abermals angemessen gewesen. Aber es ging weiter. Nach dem Besuch einiger Geschäfte, was die Beiden sehr gut meisterten, machten wir uns endlich auf den langen Rückweg nach Hause.

Dabei überquerten wir einige Ampelkreuzungen und Hummel wirkte sehr angestrengt. Sie zog auf dem Gehweg extrem Richtung Gras, was eigentlich immer bedeutete, dass sie dringend musste. Marie bemerkte vor lauter Stress nichts, daher mischte ich mich ein und sagte es ihr. Sie hielt sofort an und nahm Hummel aus dem Geschirr. Diese zog sofort auf den Grünstreifen und hatte einen starken Durchfall, der sich schwallartig ergoss. Das sah nicht gut aus und ich schlug vor, die Prüfung hier zu unterbrechen und Marie am Arm nach Hause zu führen, damit der Hund frei hatte. Aber die Prüferin bestand darauf, dass Hummel noch bis nach Hause führen sollte, obwohl sie sich auf dem weiteren Weg noch dreimal am Straßenrand entleeren musste und es ihr augenscheinlich nicht gut ging. Die Konzentration von Hummel war nicht mehr vorhanden und so zog sie, in einem unbedachten Moment, zu weit nach rechts Richtung Straße. Da wir uns bereits auf dem Radweg heimwärts befanden, lief der Verkehr ohne jegliche Abgrenzung neben uns her. Ich hatte den Eindruck, dass die Prüferin auf diesen Fehler gewartet hatte, denn dies war ein Grund, die Beiden durchfallen zu lassen. Anstatt die Prüfung nun zu beenden, bestand die Prüferin weiter darauf, dass Hummel bis nach Hause führen sollte.

Dort angekommen, man kann es nicht glauben, musste Hummel auch noch die Unterordnungsübungen, wie Sitz, Platz, Fuß und Bleib zeigen. Hummel war so fertig, dass sie aus der Ablage gar nicht mehr aufstehen wollte. Sie wollte nur noch Wasser trinken und ihre Ruhe haben.

Als wir zur abschließenden Besprechung ins Haus gingen und die Prüferin uns eröffnete, dass sie so einen Hund natürlich nicht bestehen lassen konnte, platzte mir der Kragen! Ich fragte sie, an welchen Kriterien sie das Durchfallen von Hummel denn fest mache. Sie nannte tausend Kleinigkeiten, die andere Prüfer überhaupt nicht erwähnen würden, denn erstens ist und bleibt ein Blindenführhund ein Hund und zweitens war der Hund an diesem Tag augenscheinlich krank und man hätte spätestens nach der ersten Durchfallattacke den Prüfungsgang abbrechen müssen. Aber da die Prüferin weiter geprüft und Hummel dann den wirklich sicherheitsrelevanten Fehler gemacht hatte und zu nah zum Verkehr gelaufen war, nahm sie das als Hauptkriterium, dass sie die Prüfung nicht bestanden hatten. Marie war am Boden zerstört und weinte und die Prüferin versuchte sie allen Ernstes damit zu trösten, dass man die Prüfung ja wiederholen könnte und nach ein paar Wochen Training, diese dann auch gelingen würde. Ich dachte, ich höre nicht recht! Ich platzte vor Wut, wusste aber das es unter diesen Gegebenheiten keinen Sinn machte, mit dieser Dame zu diskutieren, denn erstens hatte sie mit ihren Kommentaren während der Prüfung gezeigt, dass sie keine Ahnung von den Fähigkeiten und Grenzen eines Blindenführhundes hatte und zweitens, dass sie auch in keinster Weise gewillt war, irgendetwas einzusehen oder dazu zu lernen. Wir beendeten das Gespräch und die Prüferin verließ das Haus.

Nun besprach ich in Ruhe mit Marie, wie wir weiter vorgehen wollten und wann wir die Wiederholungsprüfung ansetzen sollten. Natürlich würden wir versuchen bei der Krankenkasse einen anderen Prüfer mit mehr Kompetenz über Hunde und Blinde zu bekommen, aber wir wussten, dass das schwer werden würde. Wir vereinbarten außerdem weitere Trainingstage und ich fuhr erst mal zurück nach Hause.

Als einige Wochen später die nächste Prüfung anstand, brachte ich Verstärkung mit. Nachdem wir mit der Krankenkasse gerungen, diese aber auf die Prüferin der ersten Gespannprüfung bestanden hatte, mussten wir uns wappnen. Daher reiste die Ausbilderin von Hummel mit an, denn ich war nur für die Einschulung des Teams verantwortlich.

Wir hatten diesmal eine Kamera dabei, um die gesamte Gespannprüfung zu filmen, denn nachdem ich der langjährigen Ausbilderin die damalige Prüfungssituation geschildert hatte, wollten wir bei der zweiten Prüfung sicher gehen und Material in den Händen haben, falls es darauf ankommen würde. Durch das Training war Marie wieder sehr sicher geworden und wir überzeugten sie vor der Prüfung, dass wir uns diesmal nicht alles gefallen lassen würden. Die Begrüßung mit der Prüferin fiel sehr kühl aus und als wir die Kamera auspackten wollte diese erst protestieren, aber wir bestanden darauf, den Ablauf der Prüfung zu filmen. Nun ging es also los. Wir starteten genauso wie beim letzten Mal und die Prüferin lief erneut direkt hinter der Hündin, die sich deshalb wieder umschaute. Aber diesmal hatten wir ja eine Kamera dabei, um alles aufzunehmen. Hummel führte, trotz ihrer Verfolgerin, zielstrebig und aufmerksam. Der Weg zur Massagepraxis war nach unserer Sicht fehlerfrei, aber die Prüferin mäkelte wieder daran herum, dass Hummel nicht an jedem Wirtschaftsweg anhielt, sondern nur, wenn Verkehr nahte und kommentierte dies wieder mittels Diktiergerät.

Nach dem Besuch der Massagepraxis ging es direkt weiter in die Stadt und nach der Überquerung der Seitenstraße passierte es: Marie war kurz durch die Kommentierungen der Prüferin abgelenkt und merkte dadurch nicht, dass Hummel statt dem Gehweg weiter zu folgen, auf den Parkplatz einer Sparkasse lief. Sie gab dann natürlich die falschen Kommandos zum weiter gehen, weil sie ja gar nicht wusste, dass sie nicht mehr auf dem Gehweg war. Hummel blieb vor einer Hauswand stehen und wartete auf weitere Anweisungen. Da griff die Ausbilderin von Hummel ein. Sie rannte ohne auf die Prüferin zu achten zu Marie, sagte ihr, wo sie sich befand und führte sie am Arm auf den richtigen Gehweg zurück. Die Prüferin war so überrascht, dass sie gar keine Einwände erhob und die Blinde war so froh darüber, dass ihr in dieser Situation geholfen worden war. Der Weg ging dann ohne Probleme weiter und führte wieder zum Marktplatz. Dort angekommen, zeigte Hummel ohne Probleme den Briefkasten an und führte Marie danach zu einem Geschäft. Danach wollte die Prüferin noch die Übung sehen, bei der Hummel einer Person folgen sollte. Sie sagte dies Marie und rannte auch schon vorne weg, ohne mit dem Hund Kontakt aufgenommen zu haben. Bis Marie das Kommando gegeben hatte, war die Prüferin schon 400 Meter weiter weg und Hummel wusste nicht, dass Sie ihr folgen sollte und lief ziellos voran. Die Prüferin kommentierte wieder ausgiebig in ihr Diktiergerät und meinte, dass Hummel dieses Kommando nicht beherrschen würde. Daraufhin erklärten wir der Prüferin, dass sie zunächst einmal Kontakt zum Hund aufnehmen müsse, weil der Hund ja sonst nicht wissen könne, dass er ihr und nicht einem anderen Passanten folgen sollte. Sie erwiderte darauf, dass die anderen, von ihr geprüften Hunde, das auch alle gekonnt hätten und wiederholte diese Übung nicht mehr. Wir beruhigten Marie und machten ihr Mut, dass diese Übung kein Grund dafür wäre, durchzufallen. Marie bewältigte den Rest des Prüfungsweges sehr gut und wir waren absolut überzeugt von der Leistung der Beiden. Auf die Unterordnungsübung, die meist am Ende der Prüfung erfolgt, verzichtete die Prüferin dann, weil wir diese ja schon das letzte Mal bestanden hatten, was sie damals aber nicht verlauten ließ. Als wir zur abschließenden Besprechung ins Haus gingen, begann die Prüferin wieder damit Kleinigkeiten aufzuzählen, die nicht so gut gelaufen waren, wie beispielsweise die Folge-Übung. Trotzdem musste sie die Prüfung als ‘bestanden‘ werten, da keinerlei sicherheitsrelevanten Mängel bei der Führarbeit ersichtlich gewesen waren. Marie war sichtlich erleichtert, es endlich geschafft zu haben und wir freuten uns mit ihr! Die Prüferin ließ es sich allerdings nicht nehmen, nochmals auf ihr erstes Urteil zurück zu kommen und eine Grundsatzdiskussion über die Ausbildung von Blindenführhunden zu beginnen. Wir hatten kein Interesse an einer Diskussion und so blieb es bei einem Monolog der Prüferin, die abschließend noch erwähnte, dass man sich immer mehrmals im Leben wieder sehe und das dies sicher nicht die letzte Prüfung bei ihr sei. Wie man sich irren kann!!! Bis zum heutigen Tag haben wir bei dieser Prüferin keine Prüfung mehr abgelegt, weil wir uns weigerten, uns nochmals einer solchen Inkompetenz auszusetzen. Wir haben Erfolg damit gehabt und in jedem Fall einen anderen Prüfer verlangt, wobei wir keinen bestimmten Prüfer wollten, nur diese Prüferin, aus gutem Grund, nicht mehr!

Nicht streicheln, ich arbeite

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