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Kiwi – Meine kanadische Labradorhündin

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Als wir auf der Suche nach einer neuen Zuchthündin waren, kam uns der Zufall zur Hilfe. Freunde von uns hatten ein Ferienhaus in Canada und wollten zu der Zeit dorthin als wir einen Labrador-Welpen als Zuchthündin suchten. Sie versprachen uns die Augen in Canada offenzuhalten. Als eine Woche später der Anruf aus Canada kam, dass hier eine blonde Labradorhündin von acht Wochen zum Kauf stand, zögerten wir nicht lange und willigten ein. Wir überließen die Auswahl der Hündin der dortigen Züchterin. Darüber hinaus baten wir Sie, die Hündin Kiwi zu nennen. Wir erhielten am nächsten Tag eine e-Mail mit dem ersten Foto von unserer Kiwi. Kiwi hatte zehn Geschwister und ihre Mutter war eine nervenstarke, wesensfeste Labradorhündin mit robuster Gesundheit. Wir waren ganz gespannt auf unseren Neuzugang.

Einige Wochen später holten wir Kiwi am Frankfurter Flughafen ab. Unser Freund hatte es durch diplomatische Überredungskunst geschafft, dass Kiwi den ganzen Flug in der Passagierkabine sein durfte und zum Liebling aller Stewardessen wurde. Nach der Klärung aller Formalitäten am Flughafen wurde Kiwis Transportbox geöffnet und sie spazierte mit vollem Selbstbewusstsein aus ihrer Box, schaute sich voller Neugier die Umgebung an und begrüßte uns stürmisch. So wie Kiwi sich dort präsentierte, ist sie heute noch. Kiwi ist mittlerweile erwachsen und hatte auch schon ihren ersten eigenen Wurf Welpen, bestehend aus drei Rüden und fünf Hündinnen. Sie ist eine sehr robuste, nervenstarke und sozialverträgliche Hündin, die aber auch einen guten Anteil Esel mitbringt, der es manchmal etwas schwierig macht mit ihr zu arbeiten. Was mich aber immer wieder an ihr begeistert, ist ihre Ruhe.

Wir hatten vor einigen Jahren eine schwierige Prüfung in der Schweiz vor uns. Die Generalprobe am Tag zuvor war überhaupt nicht so gelaufen, wie ich mir das vorgestellt hatte. Bei einer Übung hatte mich meine Kiwi total veräppelt. Sie sollte bei Fuß mit mir eine Wegstrecke zurücklegen. Als wir losgingen war noch alles in Ordnung. Kiwi lief nahe an meiner linken Seite und hielt Augenkontakt. Da Kiwi die Übung genau kannte, wusste sie auch, dass wir dieselbe Strecke zuerst hin- und dann auch wieder zurück laufen würden. Als ich etwa die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatte folgte eine Kehrtwende und dann der Rückweg.

Ich drehte mich herum, natürlich in der festen Überzeugung, dass meine Kiwi immer noch an meiner linken Seite war und richtete meinen Blick auf den Rückweg. Und wer saß dort mitten auf dem Weg? Meine Kiwi! Sie war einfach nur einen Teil der Strecke mitgelaufen und da sie ja wusste, dass ich sowieso auf dem Rückweg wieder hier vorbei gehen musste, setzte sie sich und wartete auf mich. Und ich hatte es die ganze Zeit nicht bemerkt, weil ich mich einfach felsenfest auf meine Kiwi verlassen hatte. Zuerst war mir die Situation total peinlich, aber dann musste ich doch mit den Umstehenden laut mitlachen. Ich hoffte nur inständig, dass sich Kiwi am nächsten Tag bei der Prüfung diesen ‚Scherz‘ nicht erlauben würde. Am Prüfungstag war ich sehr aufgeregt und total nervös. Kiwi spürte das natürlich auch und ich wusste nicht, wie sie damit umgehen würde, da sie erst knapp eineinhalb Jahre alt war. Als einige der Kandidaten vor uns mit ihren belgischen Schäferhunden durch die Prüfung rasselten, weil deren Hunde ebenfalls die Nervosität ihrer Halter gespürt und die Übungen deshalb nicht mehr korrekt ausgeführt hatten, wurde ich immer nervöser. Endlich waren wir an der Reihe. Wir betraten den Übungsplatz und begannen mit der ersten Übung. Dabei ging es darum, den Hund innerhalb kürzester Zeit durch die Kommunikation des Hundeführers zum Spielen zu animieren, ihn dann mit einem Spielzeug zu bestätigen und danach den Hund ins Platz zu kommandieren. Kiwi hatte wohl gespürt, dass es heute um alles ging und legte sich ins Zeug wie nie zuvor. Wer schon mal versucht hat einen Labrador innerhalb weniger Minuten aufzudrehen, weiß wie schwer das ist, schließlich saugen sie die Gemütsruhe bereits mit der Muttermilch ein! Wir gingen vom Platz und ich freute mich sehr mit meinem Hund. Als nächstes stand die Unterordnungsübung an, die am Vortrag total schief gelaufen war. Ich war also noch aufgeregter als vorher. Wir gingen auf den Platz und Kiwi war wie ausgewechselt.

Sie führte die Übung diesmal perfekt aus. Sie trabte neben mir her und befolgte alle Anweisungen schnell und präzise. Ich platzte fast vor Freude! Auch diese Übung haben wir erfolgreich beendet. Nun folgte Kiwi‘s Paradedisziplin, das Apportieren. Sie blieb ruhig sitzen bis das Apportel geworfen war, stürmte auf Kommando los um es zu holen und brachte es noch schneller zurück. Das war geschafft! Daraufhin folgte die Übung Sitz und Platz auf eine Distanz von zehn Metern und Abruf in die Fuß Position. Zuerst kommandierte ich Kiwi ins Sitz, entfernte mich zehn Meter von ihr und blieb mit dem Rücken zu ihr stehen. Dann drehte ich mich um, wartete kurz und kommandierte Platz, was Kiwi auch sogleich ausführte. Als ich gerade Sitz sagen wollte, führte es Kiwi bereits aus und eine Sekunde später sprach ich es aus. Da der Prüfer dachte, ich hätte reflexartig auf das Sitzen meines Hundes das Kommando nachgeschickt, bekam ich keinen Punktabzug. Dabei war ich ja unmittelbar davor das Kommando auszusprechen und habe nicht erst auf Kiwis Sitz reagiert. Aber das war bis heute Kiwis und mein Geheimnis. Danach rief ich Kiwi zu mir und sie führte das Kommando sofort aus und saß bei Fuß. In mich rein grinsend verließen wir den Platz. Als nächstes wartete auf uns die Aufgabe, dass Kiwi ohne Leine bei Fuß mit mir an einer freilaufenden Entengruppe vorbei musste. In einem Meter Entfernung zu den Enten musste Kiwi ins Platz gelegt werden und ich ging außer Sichtweite und wurde vom Richter nach einiger Zeit wieder gerufen, um den Hund abzuholen. Dabei musste Kiwi nochmals an den Enten vorbei und zu mir in die Fuß Position kommen. Kiwi machte super mit, sie blieb ohne Leine bei mir, legte sich sofort ins Platz, wartete ruhig neben den Enten und kam angeschossen, als ich sie abrief.


Anschließend wartete die nächste Aufgabe auf uns. Nun mussten wir an einer angebundenen Ziege vorbei und auch dort musste ich Kiwi ablegen, um sie anschließend wieder abzurufen. Kiwi war interessiert an der Ziege, hatte aber auch den nötigen Respekt vor ihr. Sie folgte mir, legte sich zögerlich ins Platz, da ihr die unmittelbare Nähe der Ziege Respekt einjagte und als ich sie abrief, raste sie zu mir und wir verließen zusammen den Platz. Endlich hatten wir den praktischen Teil der Prüfung abgeschlossen und ich war mächtig stolz auf meinen Hund und mich. Wer hätte das gedacht, dass mein Hund stärkere Nerven beweisen und mir von Beginn der Prüfung an vermitteln würde, dass wir das Ding schon schaukeln werden!

Zum Abschluss wurde ich nochmal in Theorie geprüft und strengte mich sehr an, da Kiwi schließlich auch alles gegeben hatte. Bis zur Verkündung des Prüfungsergebnisses konnten wir es kaum aushalten, dann war es soweit. Wir wurden in den Prüfungsraum gebeten und erhielten alle unsere Bewertung. Das unglaubliche war geschehen: Kiwi und ich hatten von den rund zwanzig Teilnehmern den zweiten Platz belegt! Nur eine Hundeführerin mit einem Riesenschnauzer war besser als wir. Das war deshalb so unglaublich schön, weil Kiwi und ich während des Trainings immer etwas belächelt wurden, ein Labrador in so einer Prüfung neben belgischen Schäferhunden, Riesenschnauzern und Jack Russel Terriern. Aber wir haben ihnen gezeigt, dass auch ein Labrador schnell, wendig und triebstark sein kann und darüber hinaus Nerven wie Drahtseile hat!

Nicht streicheln, ich arbeite

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