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AVA

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In der Bibliothek erwarten uns besorgte Gesichter im Kerzenschein. Sam zieht es gleich zum Licht, mitten in den Kreis der Leute. Immer wieder huscht ihr Blick ängstlich in die dunklen Ecken, als könnte dort etwas lauern.

Wir setzen uns. Ein paar Dutzend Lehrer und halb so viele Schüler sind anwesend. Manche unterhalten sich, andere lesen oder texten, während sich in ihren Augen der gespenstische Schein ihrer Telefone widerspiegelt.

Die stellvertretende Direktorin kommt zu uns. »Die Polizei will sich melden, wenn wir die Schule verlassen können.« Sie fragt nicht direkt, aber in der kleinen Pause am Ende des Satzes schwingt eine Frage an Sam mit. Andere schauen zu uns hinüber und horchen.

Sam zuckt die Achseln. »Ich weiß nur, dass die Straßen abgesperrt sind.« Den Rest, den sie mir nach dem Telefonat mit ihrem Vater erzählt hat, verschweigt sie. Dass nämlich die Polizei die Gegend absucht, weil sie glaubt, dass das Stromnetz sabotiert wurde.

Plötzlich erwachen die Deckenlampen flackernd zum Leben und alle jubeln.

Kurz darauf klingelt Sams Telefon.

»Ja … okay … in zwanzig Minuten? Können wir Ava auch nach Hause fahren? … gut, ich schicke gleich die Adresse.«

Sie legt auf. »Der Fahrer ist auf dem Weg.«

»Wir haben ja noch kein grünes Licht bekommen«, sagt die stellvertretende Direktorin, aber da klingelt auch schon ihr Telefon und sie bestätigt es. Allmählich ziehen sich alle ihre Mäntel an, verabschieden sich, rätseln, was wohl los war und warum sie so lange warten mussten. Die Lehrer stellen sicher, dass die Schüler auch abgeholt werden.

»Wir nehmen Ava mit«, sagt Sam, als sich jemand bei uns erkundigt.

Nun ziehen auch wir uns an und laufen zum Tor.

»Wo wohnst du denn?«, fragt Sam.

»Ich komme schon allein nach Hause, keine Sorge.«

»Sei doch nicht blöd. Es ist spät, wer weiß, was da draußen los ist. Ich muss ihnen nur deine Adresse geben, damit sie die Route freimachen können oder irgend so ein Quatsch.«

»Danke, aber nein.«

Besorgt sieht Sam mich an, dann dreht sie sich um. Hält sie nach der stellvertretenden Direktorin Ausschau? Ich verabschiede mich schnell und verlasse das Gelände über einen Seitenausgang, bevor Sam noch jemandem Bescheid geben kann oder weiter auf mich einredet.

Am Tor gebe ich den Code ein und laufe rasch um die Ecke Richtung Bushaltestelle.

Auf der Straße ist nicht viel los, nur wenige Menschen sind unterwegs. Eigentlich war es ziemlich bescheuert von mir, mich nicht nach Hause fahren zu lassen. Wenn sich der Bus jetzt verspätet oder gar nicht kommt?

Warum habe ich das Angebot ausgeschlagen? Ich seufze. Im Grunde weiß ich es, will es aber nicht zugeben.

Ich wollte nicht, dass sie sieht, wo wir wohnen.

Dabei habe ich geglaubt, mir wäre es gelungen, mich endlich davon frei zu machen, was andere denken. Jetzt das. Und das Schlimmste daran ist, dass es nicht irgendjemand ist, sondern sie.

EXIT NOW!

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