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AVA

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Auf dem Weg zur Bibliothek lese ich Sams Nachricht noch einmal: Muss dich dringend sprechen. Mittags? Bibliothek? Aber nur, wenn du noch mehr Geheimnisse für dich behalten kannst.

Als ich dort ankomme, sitzt Sam schon auf einem der Stühle und tut so, als würde sie lesen. Leider hält sie das Buch verkehrt herum.

»Was gibt es?«, frage ich.

Sam zieht mich in den hinteren Teil der Bibliothek, schaut sich zwischen den Regalen um, keiner da.

»Lucas’ Freund, der angeschossen wurde, ist gestern im Krankenhaus gestorben.«

Ich sehe sie an. Im ersten Moment bin ich schockiert, dann besorgt. Wo soll das hinführen?

»Familie und Freunde des Jungen organisieren heute Abend eine Protest-Demo, eigentlich eine Mahnwache. Lucas ist dabei. Er hat mich gefragt, ob ich mitkomme.«

»Und gehst du?«

»Weiß ich nicht.«

»Was haben sie denn vor?«

»Sie wollen eine Menschenkette bilden und durch London ziehen, Ziel ist Bow, der Stadtteil, in dem Lucas’ Freund gewohnt hat. Verschiedene Gruppen treten für Frieden und ein Ende der Gewalt ein, vor allem wollen sie Antworten.« So lebendig und leidenschaftlich habe ich Sam noch nie gesehen.

»Willst du hin?«

»Ja, ich habe bloß Angst. Mich nach der Schule vor den Security-Leuten davonstehlen ist nicht so das Problem, aber mein Dad …« Sie schüttelt den Kopf. »Was würdest du an meiner Stelle machen?«

Ich zögere. Natürlich sollte ich sagen, geh nicht, setz dich keiner Gefahr aus. Doch ist das der Rat, den sie braucht?

»Überleg’s dir einfach gut. Ich finde auch, dass du ein Recht auf eine Meinung hast. Aber würde die Aktion deinem Vater schaden?«

»Hier geht es zur Abwechslung mal nicht um meinen Vater. Ich möchte da hin, um die Leute zu unterstützen. Mich einbringen, teilhaben an dem, was da draußen vor sich geht.«

Sam muss auf die Demo. Das begreife ich nun, nur habe ich kein gutes Gefühl dabei. Was, wenn ihr etwas zustößt?

»Wie wär’s, wenn ich mitkomme?« Die Worte sind heraus, bevor ich überhaupt weiß, was ich da sage. Das könnte Folgen für mich haben. Wenn die Schule glaubt, ich wäre in was verwickelt, aus dem ich mich besser raushalten sollte, verliere ich mein Stipendium. Ich bin kurz davor, mein Versprechen zurückzunehmen.

»Würdest du das wirklich tun?«

Sams Augen leuchten und schon ist all meine Entschlossenheit dahin. »Na klar«, sage ich.

»Danke.«

EXIT NOW!

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