Читать книгу Mönchsgeschichte - Theodoret von Kyrrhos - Страница 19
II. Theodorets Schriften A. Exegetische Schriften
ОглавлениеTheodoret war ein ungemein fruchtbarer Schriftsteller. Außer Chrysostomus und Cyrill von Alexandrien hat kein griechischer Kirchenvater und Kirchenschriftsteller so viele Werke hinterlassen wie Theodoret. Dieselben können eingeteilt werden in exegetische, apologetische, dogmatische und historische Schriften, wozu dann noch Homilien und Briefe kommen.
Als Glied der antiochenischen Schule pflegte Theodoret vor allem die Exegese. Ja der größte Teil seiner Schriften ist exegetischer Natur. Daher nehmen auch die exegetischen Werke in den besten Ausgaben die erste Stelle ein. Dieselben sind zumeist fortlaufende Kommentare, nur wenige beschäftigen sich mit der Erklärung einzelner schwieriger Stellen der heiligen Schrift und verlaufen deshalb in Fragen und Antworten. Zu diesen letzteren gehören:
1. die Quaestiones in Octateuchum (die fünf Bücher Mosis und anhangsweise Josue, Richter und Ruth24) und
2. die Quaestiones in libros Regnorum et Paralipomenon25. Beide Werke sind auf Bitten des Priesters und Weihbischofs Hypatius26 erst nach der Ketzergeschichte, also erst nach 453 verfaßt.
Fortlaufende Kommentare sind:
3. Die Interpretatio in psalmos27, zunächst für Mönche und Kleriker zum besseren Verständnis des kirchlichen Offiziums bestimmt. Nach der Absicht des Verfassers sollte dieser Psalmenkommentar sein erstes exegetisches Werk werden, aber durch Freunde gedrängt, stellte er diese Arbeit zurück und kommentierte nacheinander das Hohelied, die Bücher Daniel und Ezechiel und die zwölf kleinen Propheten, und erst nach Vollendung dieser Kommentare griff er wieder auf die Erklärung der Psalmen zurück. Eine neue Psalmenerklärung aber hielt er für notwendig, weil ihm die bisherigen nicht genügten. Die einen ergaben sich, wie er selbst in der Vorrede sagt, bis zum Überdruß der Allegorie, die anderen bezogen die prophetischen Stellen nicht auf Christus und seine Kirche, sondern auf gewisse Ereignisse im Alten Testament, so daß ihre Auslegung mehr für die Juden paßte als für die Christen. Theodoret will beide Fehler meiden; er will eine Erklärung liefern, die einerseits an der buchstäblichen Auslegung festhält, andrerseits aber die Beziehung auf Christus und seine Kirche nicht übersieht28. — Die Zeit der Abfassung des Psalmenkommentars ist unsicher; wahrscheinlich fällt sie in die Zeit nach 436; Theodoret erwähnt ihn erst seit 44929.
4. Die Interpretatio in Canticum canticorum30 ist, wie schon erwähnt, die exegetische Erstlingsschrift Theodorets und verdankt ihre Entstehung der Anregung des Bischofs Johannes von Germanicia31. Sie wurde jedenfalls nicht vor 430 verfaßt. Nach Theodoret ist das Hohelied nicht, wie Theodor von Mopsuestia meinte, ein von Salomon anläßlich seiner Vermählung mit der ägyptischen Prinzessin verfaßtes Hochzeitslied oder etwas Ähnliches, sondern eine Schilderung der innigen Liebe Christi zu seiner Braut, der Kirche32.
5. Die Kommentare zu den größeren und kleineren Propheten33. Von diesen ist der Kommentar zu Isaias verloren gegangen. Was unter diesem Namen in den Werken Theodorets sich findet34, ist eine von Sirmond veranstaltete Sammlung von Katenenscholien, die auf Theodoret lauten35. Die Kommentare zu den Büchern Daniel36, Ezechiel37 und zu den kleinen Propheten38 werden wahrscheinlich vor 436, der Jeremiaskommentar, der auch Baruch und die Klagelieder umfaßt39, wird erst später, aber jedenfalls vor 448 geschrieben sein.
6. Die Interpretatio in 14 epistolas S. Pauli40 ist eine gedrängte Erklärung im Literalsinn, vielleicht das vortrefflichste exegetische Werk des großen Gelehrten, der einzige Kommentar zum Neuen Testamente, wahrscheinlich erst nach den alttestamentlichen Kommentaren, aber jedenfalls noch vor 448 verfaßt41.
Die Kommentare Theodorets sind sämtlich kurz und bündig, reich an Gedanken, nach Form und Inhalt mustergültig. Seine Exegese ist die grammatisch-historische. Dabei vermeidet er aber jede Einseitigkeit in der buchstäblichen Erklärungsweise. Nach Theodoret redet die Heilige Schrift oft τροπικῶς [tropikōs] und αἰνιγματωδῶς [ainigmatōdōs], und namentlich im Alten Testamente hat alles typische Bedeutung. Theodoret übernimmt die Erklärung der heiligen Schriften zumeist auf Ersuchen seiner Freunde und aus Pflichtgefühl, in der Erwägung, daß jeder Mensch verpflichtet sei, von den ihm verliehenen Talenten einen ausgiebigen Gebrauch zu machen42. Demütigen Sinnes fleht er um den Beistand des Heiligen Geistes zum richtigen Verständnis des Textes und stützt seine Erklärungen auf die Auslegungen der früheren Kirchenväter, was er ganz offen zugibt43. Doch wahrt er sich seine Selbständigkeit auch gegenüber dem hochverehrten „Lehrer der gesamten Kirche” Theodor von Mopsuestia.
Nicht mit Unrecht hat man Theodoret den größten Exegeten genannt, den Antiochien und das christliche Altertum hervorgebracht hat. Er hat jedenfalls das Verdienst, die Schrifterklärung der antiochenischen Schule in seinen Kommentaren zusammengefaßt, der Nachwelt überliefert und zum Gemeingut der Kirche gemacht zu haben44.
Der den Kommentaren Theodorets zugrunde liegende griechische Text ist die Septuaginta, und zwar die in Antiochien gebräuchliche Septuaginta-Rezension Lucians45.