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D. Historische Schriften
ОглавлениеAuf dem Gebiete der Geschichte hat Theodoret nur einige wenige Versuche unternommen. Sein erstes diesbezügliches Werk ist
1. seine Mönchsgeschichte, „Historia religiosa seu ascetica vivendi ratio” (φιλόθεος ἱστορία ἢ ἀσκητικὴ πολιτεία) [philotheos historia ē askētikē politeia]80. Theodoret will nicht das Leben aller Heiligen allerorten beschreiben, denn das würde seine Kenntnisse und die Kraft eines einzelnen übersteigen, sondern nur derjenigen, welche im Orient gleich Lichtern geglänzt und ihre Strahlen bis an die Grenzen der Erde gesendet haben, und selbst diese nicht alle, weil auch hierzu die Zeit nicht reichen und überdies die zu große Zahl der beschriebenen Tugendbeispiele die Leser ermüden würde. So will er denn in dreißig Kapiteln nur das Leben jener Aszeten schildern, welche im Morgenlande, zumeist in der Nähe von Antiochien, nach Tugend rangen und deren geistliche Kämpfe er entweder selbst kennen gelernt oder von glaubwürdigen Augenzeugen erfahren hatte81. Die ersten zwanzig Kapitel handeln von Athleten, die bereits als Sieger ausgerufen worden sind, die letzten zehn Kapitel von Helden der Tugend, die noch im Leben und im Kampfe stehen, darunter Simeon Stylites (c. 2682). In den letzten zwei Kapiteln (29 u. 30) werden drei fromme Frauen vorgeführt, die um so mehr zu bewundern sind, weil sie trotz ihrer schwächeren Natur den gleichen Heldenmut zeigen wie die Männer83. Die Kapitel 14 bis 25 reden von Einsiedlern, die Blumen gleich auf den heimatlichen Gefilden von Cyrus erblühten84.
Die der Mönchsgeschichte in den Ausgaben und auch in manchen Handschriften beigegebene „Oratio de divina et sancta caritate” (λόγοσ περὶ τῆς θείασ καὶ ἁγίασ ἀγάπης85) [logos peri tēs theias kai hagias agapēs] will die innere Triebfeder und Kraftquelle der äußeren Strengheiten aufzeigen oder darlegen, daß es die heilige Liebe Gottes war, welche die Mönche zu dieser Lebensweise antrieb und zu den übermenschlichen Kämpfen befähigte.
Die Mönchsgeschichte wird von Theodoret wiederholt in seiner Kirchengeschichte erwähnt86, ist also jedenfalls vor dieser, demnach vor 450 verfaßt worden. Sie wird auch bereits in dem 449 geschriebenen Brief Theodorets an den Bischof Eusebius von Ancyra aufgeführt als ein Werk, aus dem man die Rechtgläubigkeit des Verfassers ersehen könne87. Sie wird damals schon in weiteren Kreisen bekannt gewesen, also jedenfalls einige Jahre zuvor, vermutlich um 444, entstanden sein88.
2. Nicht allzu lange nach der Abfassung der Mönchsgeschichte ging Theodoret daran, eine Kirchengeschichte zu schreiben, „Historia ecclesiastica” (ἐκκλησιαστική ἱστορία89) [ekklēsiastikē historia]. Dieselbe will eine Fortsetzung der Kirchengeschichte des Eusebius sein90 und wird gerne trotz der Mängel, die ihr anhaften, nicht nur als die kürzeste, sondern auch als die beste der drei Fortsetzungen bezeichnet. Sie umfaßt einen Zeitraum von 105 Jahren, nämlich die Zeit von 323—42891, kümmert sich hauptsächlich um die Schicksale der arianischen Häresie und berücksichtigt vorzugsweise das Patriarchat Antiochien. Die Entstehung der Kirchengeschichte wird in die Zeit des Exils (449—450) zu setzen sein, wo der Verfasser, von der sogen. Räubersynode (449) abgesetzt und vom Kaiser verbannt, in seinem früheren Kloster Nicertä bei Apamea sich aufhielt92.
3. Die letzte der drei historischen Schriften Theodorets ist seine Ketzergeschichte, „Haereticarum fabularum compendium” (αἱρετικῆς κακομυθίας ἐπιτομὴ) [hαiretikēs kakomythias epitomē] in fünf Büchern93. In den ersten vier Büchern werden alle Häresien von den Zeiten der Apostel an in Kürze beschrieben, und zwar im ersten Buch die gnostischen Häresien von Simon Magus an bis zu Manes, im zweiten Buch die antitrinitarischen Sekten von Ebion (!) bis zu Photinus, im dritten Buch einige (6) Irrlehren, die zwischen den gnostischen und antitrinitarischen „in der Mitte liegen94” (Montanisten, Quartodecimaner, Novatianer, Chiliasten, auch die Nikolaiten und Noëtus aus Smyrna werden hier behandelt), und endlich im vierten Buch die neueren Häresien des vierten und fünften Jahrhunderts von Arius bis zu Nestorius und Eutyches. Die falschen Lehren der Häretiker werden nicht widerlegt, sondern nur dargelegt. Dafür wird im fünften Buch ein Abriß der katholischen Glaubenslehre (θείων δογμάτων ἐπιτομὴ95) [theiōn dogmatōn epitomē] gegeben; denn nach der Darstellung der Häßlichkeit der Lüge wird die Wahrheit um so glänzender und göttlicher erscheinen96. Dieses fünfte Buch ist auch dogmengeschichtlich von Wert, insofern als es einer der wenigen patristischen Versuche ist, die christliche Lehre in systematischer Ordnung zur Darstellung zu bringen97. Als Quellen für seine Ketzergeschichte nennt Theodoret selbst eine Reihe früherer Häreseologen und berühmter Kirchenlehrer: Justinus Martyr, Irenäus, Klemens Alexandrinus, Origenes, Eusebius von Cäsarea, Eusebius von Emesa u. a.98. Vor allem aber hat er benützt das erste Buch des Irenäus „adversus haereses”, das zehnte Buch der Philosophumena, das er aber nicht Hippolyt, sondern dem Origenes zuschreibt, und die Kirchengeschichte des Eusebius von Cäsarea99. Das Panarion des Epiphanius kennt er auffallenderweise nicht. Geschrieben ist die Ketzergeschichte etwa im Jahre 453100.