Читать книгу Mönchsgeschichte - Theodoret von Kyrrhos - Страница 43

h) Maria Gottesgebärerin und Menschengebärerin.

Оглавление

Theodoret weigert sich nicht, Maria sowohl Gottesgebärerin als auch Menschengebärerin (θεοτόκος κα νθρωποτόκος) [theotokos kai anthrōpotokos] zu nennen. Er gibt hierfür drei Gründe an, die allerdings genau betrachtet den gleichen Inhalt aufweisen. Er will Maria Gottesgebärerin nennen

1. weil sie den Emmanuel, 2. weil sie Christus und 3. weil sie einen Menschen geboren hat, in dem Gott wohnte240.

Vor allem nennt er die heilige Jungfrau Gottesgebärerin, weil sie den Emmanuel geboren hat241, d. h. Gott mit uns, Gott im Menschen, Gott in unserer Natur242. Und derselbe Prophet, der den Emmanuel vorausgesagt, hat etwas später243 folgendes über ihn geschrieben: Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt, auf dessen Schultern die Herrschaft ruht, und man wird seinen Namen nennen Engel des großen Rates, wunderbar, Ratgeber, starker Gott, Machthaber, Friedensfürst, Vater der Zukunft. Wenn aber das von der Jungfrau geborene Kind ein starker Gott genannt wird, so ist die, welche ihn geboren hat, mit Recht Gottesgebärerin genannt worden. Denn die Mutter hat teilgenommen an der Ehre ihres Sohnes244.

Maria ist Gottesmutter und Menschenmutter zugleich, weil sie Christus geboren hat. Da der Herr Christus von der Heiligen Schrift Gott und Mensch zugleich genannt wird, so nennen wir die heilige Jungfrau Gottesgebärerin und Menschengebärerin. Wenn wir Christus als Gott und als Menschen bekennen und bezeichnen, wer sollte da so einfältig sein, daß er Bedenken hätte, neben den Ausdruck Gottesgebärerin die Bezeichnung Menschengebärerin zu setzen?245. Wir gebrauchen für den Herrn Christus zwei Bezeichnungen246. Welcher vernünftige Mensch sollte sich da weigern, nach den beiden Namen des Erlösers auch die heilige Jungfrau zu nennen, welche doch um des Erlösers willen von den Gläubigen geehrt wird? Wenn Christus bloß Gott wäre und aus der Jungfrau den Anfang seines Seins genommen hätte, dann wäre die Jungfrau nur Gottesgebärerin zu nennen, insofern als sie die Natur Gottes erzeugt und geboren hätte. Da aber Christus Gott und Mensch zugleich ist und als Gott immer war und als Mensch erst in den letzten Zeiten aus der menschlichen Natur entstanden ist: so möge derjenige, welcher nach beiden Seiten hin dogmatisch genau sprechen will, mit der Jungfrau beide Namen verknüpfen und erklären, welche Bezeichnung der Natur und welche der Vereinigung zukommt247.

Die seligste Jungfrau wird endlich von Theodoret Gottesgebärerin genannt, weil sie zwar einen Menschen geboren hat, aber einen Menschen, mit dem Gott vereinigt war. Der Logos ist nicht Fleisch geworden, sondern hat ein lebendes und vernünftiges Fleisch angenommen248. Er wurde also nicht seiner (göttlichen) Natur nach von der Jungfrau empfangen, sondern hat sich in ihrem Schoße einen Tempel gebildet, in dem er wohnte. Deshalb nennen wir die heilige Jungfrau Gottesgebärerin, nicht als ob sie Gott seiner Natur nach erzeugt hätte (γεννήσασαν) [gennēsasan], sondern weil sie einen Menschen geboren hat, der mit Gott vereinigt war. Wenn der im Schoße der Jungfrau Gebildete nicht ein Mensch war, sondern der Gott Logos, so ist dieser ein Gebilde (ποηίμα) [poēima] des Heiligen Geistes: denn was in ihr erzeugt worden, das ist nach den Worten des Erzengels Gabriel249 vom Heiligen Geiste. Das kann nicht das ewige, ungeschaffene Wort Gottes sein. Wenn aber der Heilige Geist im Schoße der Jungfrau nicht den Logos gestaltet hat, so muß es die Knechtsgestalt sein. Weil aber die Knechtsgestalt nicht ohne die Gottesgestalt, sondern der Tempel war, in dem der Gott Logos und die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnte250, so nennen wir die Jungfrau nicht nur Menschengebärerin, sondern auch Gottesgebärerin, jenes wegen der Gestaltung und Erzeugung in ihrem Leibe, dieses wegen der Vereinigung251.

So nimmt also Theodoret in der Frage, ob Maria Gottesmutter zu nennen sei, eine Haltung ein, die streng genommen nicht konsequent ist und mit seiner sonstigen scharfen Scheidung der Schrifttexte im Widerspruch steht. Allein die Weissagung des Propheten lsaias, das von der Jungfrau geborne Kind werde Emmanuel und starker Gott genannt werden, war doch zu klar und bestimmt, als daß sich Theodoret dem Gewicht derselben hätte entziehen können. Freilich ganz korrekt versteht Theodoret auch diese Stellen nicht. Theodoret nennt den aus Maria geborenen Menschen einen starken Gott und Gott mit uns, weil derselbe infolge der Vereinigung mit dem Logos an der Ehre des Logos teilnimmt und deshalb auch Gott genannt wird, die Kirche dagegen versteht unter dem starken Gott und Gott mit uns den Logos selbst, der sich im Schoße der Jungfrau eine menschliche Natur schuf und dieser seiner menschlichen Natur nach aus Maria geboren wurde.

Überschauen wir die angeführten Hauptzüge der Christologie des Theodoret noch einmal mit einem flüchtigen Blicke, so finden wir, daß Theodoret bei Ausbruch der nestorianischen Streitigkeiten ganz im Nestorianismus befangen war. Mit größter Entschiedenheit hält er an der Teilung der Schrifttexte in zwei Klassen und an der ausschließlichen Zuweisung derselben an die eine oder andere Natur fest, bestreitet damit die communicatio idiomatum (in concreto), kann es deshalb in weiterer Folge zu keiner wahren, persönlichen Einigung des Logos mit der menschlichen Natur bringen, leugnet, daß das Wort Gottes Fleisch geworden ist, und gibt eine Gottesmutterschaft Mariens nur im übertragenen Sinne zu. Durch sein Eintreten für die eine Person (Prosopon), den einen Christus und den einen Sohn Gottes dürfen wir uns in der Beurteilung seiner Orthodoxie bzw. Heterodoxie nicht irre führen lassen. Die von ihm behauptete Einheit der göttlichen und menschlichen Natur ist nur eine moralische, schetische, freundschaftliche, keineswegs aber eine persönliche, substanzielle, physische oder hypostatische. Die entrüstete Zurückweisung des Vorwurfs, daß er zwei Söhne (Gottes) lehre, ist insoferne begründet, als er tatsächlich von zwei Söhnen nichts wissen wollte, ist aber unbegründet insoferne, als aus seinen eigenen Prämissen, aus der schroffen Scheidung der Schrifttexte und aus der Leugnung der Idiomenkommunikation mit logischer Konsequenz zwei Söhne gefolgert werden mußten. Wenn Theodoret diese Folgerung nicht zieht, so leidet eben seine Christologie an dem Mangel innerer Folgerichtigkeit und kann weder Geist noch Herz befriedigen252.

Freilich hat Theodoret seinen Irrtum nicht eingesehen, wenigstens nicht zu Beginn der nestorianischen Kämpfe. Er war in diesem System ausgebildet worden, seine Lehrer und Mitschüler, die zum Teil auf Bischofsstühlen saßen, hegten von der Schule her dieselben Anschauungen, hielten diese für die allein wahren und orthodoxen, namentlich gegenüber dem Arianismus und Apollinarismus, und betrachteten daher die entgegenstehende Lehre des Cyrill für eine Häresie, für eine Erneuerung des Apollinarismus. Sie glaubten deshalb ein gutes Werk zu tun, wenn sie für ihre bisherige Auffassung in die Schranken traten und die alexandrinische Lehre des Cyrill, die im Grunde genommen nur der wissenschaftliche Ausdruck der kirchlichen Tradition war, als Irrlehre bekämpften.

Das allgemeine Konzil von Ephesus 431 entschied zwar gegen die Antiochener, aber diese wähnten der Autorität des Konzils sich dadurch entziehen zu können, daß sie die Ökumenizität desselben bestritten, wozu ihnen als Vorwand diente, daß man auf die Ankunft der antiochenischen Bischöfe nicht gewartet habe. So dauerte der nestorianische Streit fort, und auch der Friede von 433 brachte keine vollkommene und dauernde Ruhe.

Auch Theodoret vermochte sich von der nestorianischen Häresie nicht so leicht und nicht so schnell loszumachen.

Mönchsgeschichte

Подняться наверх