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4.3. Emotionen und Haltungen der Distanz: Objektivierende und instrumentalisierende Einstellungen

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Gegenüber unbelebten Dingen nehmen wir normalerweise eine ganz andere Einstellung ein als gegenüber Personen. Wir versetzen uns nicht in sie hinein, sondern nehmen zu ihnen eine objektivierende Einstellung ein, wir betrachten sie als Objekte – als etwas, was uns „objectum“ [lat. = entgegengeworfen] ist.

Mit einer objektivierenden Einstellung betrachten wir nicht nur uns fernstehende Personen, sondern immer wieder auch Menschen, die uns emotional nahe stehen:

• In objektivierende Distanz tritt, wer andere beobachtet und/oder beurteilt. Beobachten und urteilen beinhalten eine intellektuelle Objektivierung. Das sorgfältige Beobachten und Beurteilen von Schülern z.B. gehört zu den wesentlichen Aufgaben einer Lehrkraft: Sie muss deren Leistungen laufend verfolgen, sie kommentieren und kritisieren, qualifizieren, bewerten und benoten. In ähnlicher Weise nehmen Ärzte oder Krankenschwestern eine objektivierende Haltung gegenüber Patienten ein – das kann so weit gehen, dass sie in ihnen vor allem die Träger eines Leidens oder einer Krankheit sehen, die es medizinisch zu behandeln gilt.

Wann immer wir einer Person etwas antun, was sie gleichsam zu unserem Objekt werden lässt, sollte diese Aktion von Einfühlung begleitet sein. Die Empathie bewahrt vor Gefühlskälte, Unsensibilität und Grausamkeit. Eine allzu intensive Einfühlungsbereitschaft kann in manchen Situationen aber ebenfalls hinderlich sein: Der Unfallhelfer, der einen Verletzten anpackt, und der Arzt, der einen Patienten operiert, müssen emotionale Distanz bewahren, um einsatzfähig zu bleiben.

• Benützen wir andere Personen als Mittel zu einem Zweck, über den wir sie nicht mitbestimmen lassen, so nehmen wir zu ihnen ein instrumentelles Verhältnis ein. Eine häufige Form von Instrumentalisierung liegt darin, dass wir es in Kauf nehmen, andere zu schädigen, wenn wir selber einen Gewinn davon haben.

Eine Steigerung der Instrumentalisierung liegt vor, wenn jemand seinen Narzissmus befriedigt, indem er andere erniedrigend behandelt und sich über sie stellt oder wenn er, um sich zu bereichern, andere physisch ausbeutet oder sie von sich abhängig macht. Im Sadismus und in der Grausamkeit verbinden sich emotionale Nähe und eine extreme Form von Instrumentalisierung (Kasten 4.3).

Die objektivierende Einstellung in „Reinkultur“ ist mehr oder weniger emotionslos und kann der Ethik deswegen genau so wenig als Grundlage dienen – Personen sind keine „Sachen“ – wie die emotionalen Haltungen der Nähe.

Kasten 4.3.: Das Instrumentalisierungs-Verbot bei Immanuel Kant

Immanuel Kant [1724-1804] formuliert den „Kategorischen Imperativ“ (vgl. Kapitel I.10.6.) unter Anderem wie folgt: Behandle andere Menschen „jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel“. – Kurz: Instrumentalisiere niemanden! (Kant 1785, BA 66f.)

Handbuch Ethik für Pädagogen

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