Читать книгу Fünf Millionen Lösegeld - Thomas Kredelbach - Страница 12
Dienstag, 21.45 Uhr
ОглавлениеDie Polizisten stellten sich als Neuhaus und Lenz vor. Beide zutiefst unsympathisch. Aber das waren nach Beckers Ansicht ohnehin alle Bullen.
Lenz, der Dürre, lieferte Becker eine detaillierte Beschreibung der Entführung. Neuhaus, der Dicke, stand einfach nur da, die Hände tief in den Hosentaschen. Scheinbar vollkommen desinteressiert.
»Wer könnte einen Grund haben, Ihren Sohn zu entführen?«, fragte Lenz im Anschluss an seine Ausführungen.
Becker zuckte mit den Achseln. »Die Frage habe ich mir auch schon gestellt. Mir ist niemand eingefallen.«
»Wissen Sie denn, ob Ihr Sohn irgendwelche Feinde hat? Leute, die wütend auf ihn sind? Mit denen er Schwierigkeiten hat?«
»Auch darüber habe ich mir schon den Kopf zerbrochen. Leider ebenfalls ohne Erfolg.«
»Könnte es denn sein, dass Ihr Sohn Ihretwegen entführt wurde?«, fragte Neuhaus plötzlich.
»Meinetwegen?«
»Das wäre doch ein einleuchtender Grund«, meinte Neuhaus und zog die Hände aus den Taschen. »Ihr Sohn wurde entführt, weil einer Ihrer Konkurrenten Druck auf Sie ausüben will.«
»Wieso sollte jemand Druck auf mich ausüben wollen?«
Neuhaus lachte verächtlich. »Ach, kommen Sie. Wir wissen genau, wer Sie sind und womit Sie Ihr Geld verdienen.«
»Herr Becker ist Immobilienhändler«, bemerkte Paffrath trocken.
»Na klar, er ist Immobilienhändler. Und ich bin der Kaiser von China.« Neuhaus machte eine wegwerfende Handbewegung. »Herr Becker führt eine Immobilienfirma, um seine eigentlichen Geschäfte wie Mord, Erpressung, Drogenhandel und Prostitution zu decken.«
»Das ist eine infame Beschuldigung, die jeder Grundlage entbehrt«, entgegnete Paffrath gereizt. »Sollten Sie Ihr loses Mundwerk nicht im Zaum halten, werden wir eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Sie einreichen.«
Neuhaus funkelte Paffrath zornig an. »Wer sind Sie? Der Consigliore des Paten?«
»Herr Paffrath ist mein Anwalt«, sagte Becker. »Und mein Berater.«
»Was Sie nicht sagen. Worin berät er Sie denn?«
»In allen geschäftlichen Belangen.«
»Bei Mord und Totschlag also.«
»Hüten Sie Ihre Zunge!«, warnte Paffrath mit Nachdruck. »Das mit der Dienstaufsichtsbeschwerde meine ich ernst. Es wäre nicht das erste Mal, dass wir gegen einen Polizisten Beschwerde einreichen.«
Lenz zog Neuhaus sachte am Ärmel, um ihn von weiteren Äußerungen abzuhalten. »Wir sind lediglich daran interessiert, Ihren Sohn so schnell wie möglich aus den Händen seiner Entführer zu befreien«, sagte er, um die Wogen zu glätten.
»Dieses Interesse teilen wir«, stellte Becker sachlich fest.
Lenz wandte sich Paffrath zu. »Haben Sie eine Idee, wer hinter der Entführung stecken könnte?«
Paffrath schüttelte den Kopf. »Nein, habe ich nicht. Tut mir leid.«
»Na schön.« Lenz leckte sich über seine trockenen Lippen. »In der Regel dienen Entführungen dem Zweck der Erpressung. Meistens geht es dabei um Lösegeld. Da Sie, Herr Becker, ein wohlhabender Mann sind, gehe ich davon aus, dass sich die Entführer an Sie wenden werden. Unser weiteres Vorgehen sieht demnach so aus, dass wir unsere Schaltzentrale bei Ihnen zu Hause einrichten, sofern Sie damit einverstanden sind.«
Genau das hatte Becker befürchtet. Die Vorstellung, einen Haufen Bullen bei sich zu Hause zu haben, war in etwa so anregend wie die Aussicht auf ein Furunkel am Arsch.
»Wir werden Ihr Telefon anzapfen müssen«, fuhr Lenz fort. »In den allermeisten Fällen nehmen Entführer telefonisch Kontakt mit ihren Erpressungsopfern auf. Wenn wir Glück haben, können wir mittels einer Fangschaltung den Aufenthaltsort der Entführer herausfinden.«
Becker dachte darüber nach. Das Abhören seines Telefons machte ihm nichts aus. Sein Apparat war schon so oft von den Bullen angezapft worden, er konnte es gar nicht mehr zählen. Scheinbar glaubten viele Polizisten noch immer, er sei so töricht, seine Geschäfte am Telefon abzuwickeln. So dämlich konnten wirklich nur die Bullen sein.
»Gut, in Ordnung. Sonst noch was?«
Lenz nickte. »Eventuell müssen wir Ihre Post durchleuchten für den Fall, dass die Entführer per Brief Kontakt zu Ihnen aufnehmen.«
»Das ist kein Problem. Ich habe nichts zu verbergen.«
Neuhaus schüttelte lachend den Kopf. Paffrath warf ihm einen warnenden Blick zu.
»Kann ich Ihnen sonst noch irgendwie behilflich sein?«, fragte Becker.
»Nein, das ist alles«, entgegnete Lenz.
»Vorerst zumindest«, fügte Neuhaus hinzu.
Becker wandte sich ab. Jetzt hatte er nicht nur das Problem mit seinem Sohn zu lösen, sondern obendrein auch noch die Pest am Hals.