Читать книгу Fünf Millionen Lösegeld - Thomas Kredelbach - Страница 6
Dienstag, 19.45 Uhr
Оглавление»ARSCHLOCH! DRECKSAU! MISTRATTE!«
Die Worte hallten durch das voll besetzte Lokal auf der Neusser Straße. Vereinzelt drehten Leute den Kopf und schauten entsetzt zu der hübschen, blonden Frau hinüber, die mit ihrem Begleiter an einem der Tische nahe der Eingangstür saß.
Frank Becker lächelte und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Sechs Monate kannte er Rebecca Lange jetzt schon. Sie war die mit Abstand attraktivste Frau, der er je begegnet war. Und er war einer Menge Frauen begegnet. Mit seinen ein Meter neunzig Körpergröße, seiner sportlichen Figur, dunklen Haaren und den braunen Augen war er ein absoluter Frauentyp.
Becker war nie ein Kostverächter gewesen. Er hatte mit unzähligen Frauen geschlafen. Hätte man ihn aber gefragt, wie oft er in seinem Leben schon verliebt gewesen war, hätte er ehrlich geantwortet: »Noch nie.«
Bei Rebecca Lange hatte sich das jedoch schlagartig geändert. Er war ihr vor sechs Monaten begegnet, in einer Bar im Friesenviertel.
Zunächst war es Rebeccas Erscheinung gewesen, die ihm ins Auge gefallen war. Sie war knapp einen Meter achtzig groß, hatte langes, blondes Haar, eine schlanke Figur und tiefblaue Augen, die jeden sofort in ihren Bann zogen.
Je länger Becker sich aber an jenem Abend mit ihr unterhalten hatte, desto klarer wurde ihm, dass sich hinter der schönen Fassade eine erstaunliche Persönlichkeit verbarg. Rebecca war intelligent, hatte Humor und eine Sensibilität, die er bis dahin noch bei keinem Menschen erlebt hatte.
Dass sie am Tourette-Syndrom litt, machte sie für Becker nur noch interessanter. Ihre kurzen, aber heftigen Ausbrüche machten ihm längst nichts mehr aus. In gewisser Weise genoss er sie sogar. Wenn sie miteinander schliefen und Rebecca ihn inmitten der größten Leidenschaft beschimpfte, törnte ihn das unheimlich an.
»SCHWANZLUTSCHER! SCHWACHKOPF! SAFTARSCH!«
»Hey, du bist ja wieder richtig gut drauf«, witzelte er.
Rebecca schüttelte verlegen den Kopf. »Tut mir leid. Heute ist es wieder besonders schlimm.«
»Mir macht das nichts aus.«
»Dir vielleicht nicht.« Rebecca verzog das Gesicht. »Den anderen Gästen aber wahrscheinlich schon.«
Becker winkte ab. »Und wenn schon. Wem es nicht passt, der soll gehen. Das Lokal gehört meinem Vater. Wir können hier tun und lassen, was wir wollen.«
Becker lächelte und griff in das Innenrevers seines Sakkos. Er zog eine kleine Schachtel hervor und reichte sie seiner Freundin.
»Hier, was Kleines zu unserem Jubiläum.«
Rebecca nahm das Geschenk erfreut entgegen. Neugierig öffnete sie den Deckel der Schachtel.
»Es ist wunderschön«, sagte sie beim Anblick des goldenen Armbands.
»Aber nicht annähernd so schön wie du«, entgegnete Becker. »Komm, ich lege es dir um.«
Er griff nach dem Armband und streifte es Rebecca über das Handgelenk.
»Vielen Dank«, sagte sie leise. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Du bist ein … SCHWEINEPRIESTER!«
Verlegen schüttelte sie den Kopf. Becker konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.
»Nimm es mit Humor. Ich bin schon ganz anders genannt worden. Bei dir weiß ich zumindest, dass du es nicht ernst meinst.«
»Aber du … HURENSOHN! … hast es nicht verdient, dass ich so etwas sage. Manchmal denke ich, dass du viel zu gut für mich bist.«
Becker schüttelte den Kopf. »Weißt du, was ich bin? Ich bin ein Glückspilz. Du machst mich dazu.« Er tätschelte sich den Bauch. »Ich komme langsam um vor Hunger. Sollen wir bestellen?«
»Gute Idee.« Sie klappte die Speisekarte auf. »Ich liebe dich.«
»Und ich liebe dich«, erwiderte Becker mit ernster Miene. »Ich liebe dich mehr, als ich jemals einen anderen Menschen geliebt habe.«