Читать книгу Fünf Millionen Lösegeld - Thomas Kredelbach - Страница 16

Dienstag, 23.50 Uhr

Оглавление

Kommissar Neuhaus wollte nicht beeindruckt sein, war es aber dennoch. Das Haus von Norbert Becker war riesig. Es lag auf einem parkähnlichen Gelände im Stadtteil Marienburg. Neuhaus kannte sich mit Immobilienpreisen zwar nicht aus, doch er schätzte, dass Beckers Anwesen mehrere Millionen Euro wert war.

»Dieser Dreckskerl«, flüsterte Neuhaus seinem Partner zu.

»Rate mal, wo das Geld dafür herkommt.«

»Und wir kriegen zweitausend im Monat. Wenn überhaupt …«

»Die Welt ist ungerecht«, seufzte Lenz.

Die beiden Polizisten beobachteten die Kollegen von der Technik dabei, wie sie ihre Geräte an das Telefon anschlossen. Sobald das Telefon klingelte, würde sich automatisch eine Bandaufzeichnung einschalten. Gleichzeitig würde über eine Fangschaltung versucht werden, den Standort des Anrufers auszumachen.

»Hoffen wir, dass die Entführer ein Handy benutzen«, sagte Gregor Schliemann, der leitende Techniker. »Dann haben wir mit der Ortung kein Problem.«

»Was ist, wenn von einem Festnetzanschluss angerufen wird?«, fragte Lenz.

»Dann können wir den Anrufer auch orten. Nur dauert es viel länger. Bei einem Handy brauchen wir bloß zehn Sekunden. Bei einem Festnetzanschluss dauert es eine Minute.«

»Gilt das auch für einen Anruf aus einer Telefonzelle?«

»Da geht es ein bisschen schneller. So um die vierzig Sekunden.«

»Also müssen Sie versuchen, den Anrufer möglichst lange in der Leitung zu halten«, sagte Lenz zu Norbert Becker, der etwas verloren in einer Ecke herumstand. Natürlich war auch Otto Paffrath zugegen. Im Auftrag von Becker ließ er sich alle Geräte genau von den Technikern erklären.

»Das ist ja wie in einem schlechten Film«, murrte Becker. »Stehen Sie gleich mit einer Stoppuhr in der Hand neben mir?«

»Meine Armbanduhr reicht vollkommen aus«, entgegnete Lenz.

Zwei weitere Techniker betraten das Zimmer. Neuhaus blickte zu ihnen hinüber.

»Ich hätte mir fast in die Hose gemacht, als Madrid zwei Minuten vor Ende der Verlängerung das fünfte Tor geschossen hat«, sagte der eine Techniker, ein kleiner Dicker mit Nickelbrille.

Neuhaus wurde hellhörig. Madrid? Das fünfte Tor? Zwei Minuten vor Ende der Verlängerung?

»Da holen die doch tatsächlich einen Viertore-Rückstand auf«, fuhr der Dicke fort. »Und dann gegen Mailand. Sachen gibt’s, die gibt es gar nicht.«

»Wer hat das Tor geschossen?«, fragte Neuhaus neugierig.

»Van Nistelrooy«, antwortete der Techniker im Vorübergehen.

Neuhaus nickte glücklich. Van Nistelrooy, dieser Teufelskerl. Der Holländer hatte ihm vierundzwanzigtausend Euro beschert.

»Ich muss mal kurz telefonieren«, sagte er.

Er ging in den Flur, zog sein Handy aus der Tasche und wählte Jimmy Roths Privatnummer. Roth war sofort am Apparat.

»Hier Neuhaus. Gute Nachrichten. Einen Teil deines Geldes kriegst du morgen.«

»Wie das?«, fragte Roth. »Hast du im Lotto gewonnen?«

»Nein, besser. Eigentlich solltest du das doch wissen. Ich hatte drei Riesen auf Madrid gesetzt.«

»Na und?«

Neuhaus zuckte zusammen. Ihm schwante Böses.

»Van … van Nistelrooy«, stotterte er. »Zwei Minuten vor Ende der Verlängerung. Das fünf zu null für Madrid.«

»Vergiss es. Das Tor hat doch nichts bedeutet. Schließlich hat Inzaghi eine Minute später das eins zu fünf erzielt.«

Neuhaus stockte der Atem. Eine gespenstische Ruhe entstand in der Leitung.

»Ach, jetzt verstehe ich«, durchbrach Roth die Stille. »Du dachtest, Madrid wäre im Finale. Pech für dich. Jetzt schuldest du mir dreiundsechzig Riesen. Die Kohle will ich bald sehen.«

Neuhaus sagte noch immer nichts. Er stand vollkommen unter Schock.

»Ich will diese Woche noch eine Anzahlung«, sagte Roth. »Mindestens zwanzig Riesen. Ich hoffe, du hast mich verstanden.«

»Zwanzig … Riesen …«, stotterte Neuhaus. »Scheiße, so viel habe ich nicht.«

»Dann sieh zu, dass du es dir besorgst. Glaub bloß nicht, ich würde dich schonen, nur weil du ein Bulle bist. Wenn ich bis Ende der Woche keine Kohle sehe …«

Roth brauchte es nicht auszusprechen. Neuhaus verstand die Warnung auch so.

»Ich will mein Geld!«, sagte Roth noch einmal mit Nachdruck. Dann unterbrach er die Leitung.

Neuhaus stand noch eine Weile verloren im Flur herum. Dann schob er das Handy in seine Jackentasche und ging zurück ins Zimmer. Auf halbem Weg traf er auf den dicken Techniker.

»Warum hast du Arsch mir nicht gesagt, dass Inzaghi noch ein Tor für Mailand geschossen hat?«, blaffte er ihn an.

Der Techniker zuckte mit den Achseln. »Wieso sollte ich? Sie haben mich nicht danach gefragt.«

»Du blöder Arsch!«

Neuhaus ließ den Techniker stehen und ging wieder zu seinem Partner. Lenz sah an Neuhaus’ Miene, dass etwas Unschönes passiert war.

»Hat Madrid verloren?«

»Diese Flaschen«, fluchte Neuhaus.

»Und jetzt?«

»Jetzt hänge ich knietief in der Scheiße.«

»Nur knietief?«

Neuhaus schüttelte den Kopf. Wenn er die Kohle nicht irgendwoher holte, ging es ihm an den Kragen. Und wahrscheinlich noch mehr.

Im selben Augenblick klingelte Beckers Telefon.

Fünf Millionen Lösegeld

Подняться наверх