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Dienstag, 22.40 Uhr

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Der nackte Mann am Boden stieß einen gellenden Schrei aus, als das glühende Ende der Zigarette auf seinen Arm gedrückt wurde. Er schrie sich buchstäblich die Seele aus dem Leib. Dann begann er zu weinen.

»Bitte«, flehte er. »Bitte keine Schmerzen mehr. Ich habe euch alles gesagt, was ich weiß. Ich habe alles zugegeben. Was wollt ihr noch? Bitte lasst mich gehen.«

Der schnelle Eddie verzog keine Miene. Seine Vorgabe war eindeutig. Den Kerl in die Mangel nehmen. Ihn ausquetschen wie eine Zitrone. Und ihn bestrafen für seinen Betrug.

Karwig hatte Geld unterschlagen. Nicht viel, doch genug, dass es Becker aufgefallen war. Hier mal tausend Euro, da mal zweitausend. Insgesamt mehr als fünfzigtausend. Das war nicht viel für einen Mann wie Norbert Becker, doch es ging ums Prinzip. Wer sich bestehlen ließ, war schwach. Und Schwäche war tödlich in seinem Metier.

»Irgendwie glaube ich dir nicht«, sagte der schnelle Eddie. »Ich werde den Verdacht nicht los, dass du noch was verheimlichst.«

»Nein, nein, ganz bestimmt nicht. Ich habe … Aaaahhhhh!«

Der schnelle Eddie drückte die brennende Zigarette auf Karwigs rechte Wange. Es zischte und roch nach verbranntem Fleisch.

»Ich glaube, er hat g-genug«, sagte der Doppler. »Der Kerl ist f-fertig.«

Der schnelle Eddie runzelte die Stirn. Meistens hatte sein Partner Recht, wenn es um solche Dinge ging.

»Bist du dir sicher?«

»Ja, ich d-denke schon.«

Der schnelle Eddie schüttelte den Kopf. Sein bürgerlicher Name lautete Eduard Hansen, doch außer seiner dreiundsechzig-jährigen Mutter, die ihn noch immer als ihren »lieben kleinen Eduard« bezeichnete, nannten ihn alle nur den schnellen Eddie. Seinen Spitznamen verdankte er seiner Impulsivität. »Erst schlagen, dann reden« war das Prinzip, nach dem er handelte.

Er beugte sich zu Karwig hinunter. »Stimmt das auch? Hast du uns wirklich alles gesagt?«

»Ja, habe ich«, wimmerte Karwig und nickte enthusiastisch. Er hatte verraten, mit welchen Tricks er Beckers Geld unterschlagen hatte. Und er hatte mehrere Namen von Buchmachern preisgegeben, die ebenfalls Geld von Becker gestohlen hatten. »Bitte«, flehte er. »Bitte tut mir nichts mehr. BITTE!«

»Ich g-glaube ihm«, sagte der Doppler, der seinen Spitznamen dem Stottern verdankte. »Der weiß sonst n-nichts mehr.«

Eddie nickte und zog an der Zigarette. »Dann sind wir hier wohl fertig.«

»Ja, ich glaube, wir können jetzt g-gehen.«

Sie hatten Karwig in ein altes Lagerhaus am Rand des Ossendorfer Industriegebietes gebracht. Das Gebäude gehörte zu Beckers Immobilienimperium und war ideal für die Durchführung von Spezialaufträgen. In dieser Gegend verhallte jeder Schrei, ohne gehört zu werden.

Das Handy des Dopplers klingelte. Er meldete sich und hörte eine Weile zu. »Gut, wir k-kommen.«

»Was ist los?«, fragte der schnelle Eddie.

»Irgendjemand hat den Sohn vom A-Alten entführt. Paffrath w-will, dass wir uns d-darum kümmern.«

»Und was sollen wir tun?«

»Wir sollen uns die A-Angestellten vornehmen. Sch-Scheinbar steckt einer von denen mit den Entführern unter einer D-Decke.«

»Was ist mit Karwig?«

Der Doppler zuckte mit den Achseln. »Ich d-denke, er wird in Zukunft keinen Scheiß mehr b-bauen.«

»Das glaube ich auch.«

Blitzschnell zog der schnelle Eddie seine Beretta aus der Tasche, legte kurz an und drückte ab. Die Kugel durchschlug Karwigs Stirn.

»Du verdammter I-Idiot«, fauchte der Doppler. »Wieso h-hast du das gemacht?«

»Unser Auftrag …«

»Was ist d-damit?« Der Doppler war stinksauer. »Wir s-sollten Informationen beschaffen. Die h-haben wir. Also, was soll der Sch-Scheiß?«

»Paffrath hat gesagt, wir sollen den Typen bestrafen.«

Der Doppler ballte die Fäuste. Eddies Eskapaden gingen ihm auf die Nerven. Nie dachte der Idiot nach. Und wer musste die Sache dann ausbaden? Er, der Doppler!

»Du bist so ein b-blöder Arsch! Von erschießen war n-nie die Rede. Geht das eigentlich nicht in dein k-kleines Gummihirn rein? Du sollst nicht immer alle Leute g-gleich abknallen.«

Seit vier Jahren arbeiteten Eddie und der Doppler als Team zusammen. In dieser Zeit hatte der Doppler gerade mal zwei Menschen getötet. Der schnelle Eddie hingegen hatte achtzehn Tote auf dem Kerbholz. Das war einfach zu viel.

Genauso wie sie charakterlich verschieden waren, unterschieden sie sich auch äußerlich wie Tag und Nacht. Georg Ohrlapp, wie der Doppler mit richtigem Namen hieß, war ein großer, kräftiger Mann mit Glatze und Vollbart. Hansen hingegen war klein und drahtig, mit einem dichten, braunen Lockenkopf und dunklen, geheimnisvollen Augen.

»Was machen wir mit dem Kerl?«

»Na, was w-wohl?«, fluchte der Doppler. »Natürlich zur Sch-Schrottpresse.«

»Klar, zur Schrottpresse.«

Der schnelle Eddie sah seinen Partner entschuldigend an. Er wusste, dass er mal wieder Scheiße gebaut hatte. Wenn er doch nur seine Nerven besser im Zaum hätte.

»Tut mir leid«, sagte er leise.

»Davon wird der K-Kerl auch nicht wieder lebendig.«

Der Doppler schüttelte wütend den Kopf. Er hatte die Schnauze voll von Eddies Schießwut.

»Okay, schleppen wir den Kerl nach draußen zum Wagen«, sagte Eddie und packte sich Karwigs Beine.

»Du verdammter, schießwütiger I-Idiot«, fluchte der Doppler und packte die Arme des Toten. »Eigentlich s-sollte ich dich die Drecksarbeit alleine machen l-lassen.«

»Beim nächsten Mal halte ich mich zurück. Ich verspreche es.«

Sie trugen die Leiche nach draußen und verfrachteten sie in den Kofferraum ihres Volvo.

»Das h-hast du beim letzten Mal auch schon g-gesagt.«

»Aber diesmal werde ich mich wirklich daran halten. Glaub mir, so einen Scheiß wie heute mache ich nie wieder.«

»Na, h-hoffentlich. Und j-jetzt steig ein! Auf uns wartet A-Arbeit.«

Fünf Millionen Lösegeld

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