Читать книгу Fünf Millionen Lösegeld - Thomas Kredelbach - Страница 17
Mittwoch, 00.05 Uhr
ОглавлениеAlle starrten gebannt auf den Apparat. Dann stülpten sich Lenz und Neuhaus in Windeseile die bereitstehenden Kopfhörer über. Schliemann drückte auf mehrere Knöpfe, dann machte er Becker das Zeichen zum Abheben.
Der Pate nahm den Hörer ab. »Norbert Becker.«
»Wir haben Ihren Sohn, Herr Becker«, sagte eine Frauenstimme. »Ich weiß, dass die Polizei bei Ihnen ist. Deshalb will ich es kurz machen.«
»Wer sagt …«
»Maul halten!«, blaffte die Anruferin. »Wenn Sie Ihren Sohn lebend wiedersehen wollen, kostet Sie das genau fünf Millionen Euro. Keinen Cent weniger. Sie persönlich übergeben uns das Geld morgen Mittag um Punkt zwölf Uhr. Wo die Übergabe stattfindet, erfahren Sie noch.«
»Aber so viel Geld habe ich n…«
»Doch, haben Sie. Fünf Millionen Euro in bar. Morgen Mittag um zwölf.«
»Aber ich …«
KLICK. Die Frau hatte aufgelegt.
»Verdammter Mist!«, fluchte Schliemann. »Gerade mal sechzehn Sekunden.«
»Also kein Handy?«, fragte Neuhaus und zog den Kopfhörer von seinen Ohren.
Schliemann schüttelte den Kopf.
»Haben Sie die Stimme erkannt?«, wandte sich Lenz an Becker.
»Nie gehört«, sagte Becker.
»Und jetzt?«, fragte Paffrath.
»Jetzt lassen wir das Gespräch im Labor auswerten. Sie wissen schon, wegen Nebengeräuschen und so. Vielleicht finden wir dadurch etwas heraus.«
»Daran glauben Sie doch selbst nicht«, meinte Becker. »Da war absolut nichts zu hören.«
»Täuschen Sie sich nicht, was unsere technischen Möglichkeiten angeht.«
Becker rang sich ein Lächeln ab. Die Möglichkeiten der Bullen kannte er. Zehn Jahre veraltete Technik. Labore, die diese Bezeichnung nicht verdienten. Am liebsten hätte er vorgeschlagen, dass er den Mitschnitt von seinen eigenen Leuten auswerten ließ. Aber damit hätte er zu viel von seinen Möglichkeiten verraten.
»Gut, wie Sie meinen«, sagte er. »Wenn Sie mich bitte für einen Augenblick entschuldigen würden.«
Becker und Paffrath verließen das Zimmer. Sie gingen nach oben ins Dachgeschoss. Dort hatte sich Becker einen abhörsicheren Raum einrichten lassen.
»Was hältst du von der Sache?«, fragte er Paffrath, als sie die Tür hinter sich verschlossen hatten.
Paffrath runzelte die Stirn. »Fünf Millionen sind ’ne Menge Holz.«
Becker nickte. »Glaubst du, der Russe steckt hinter der Sache?«
Der Rechtsanwalt überlegte. »Nein, glaub ich nicht. Wieso sollte der Lösegeld fordern? Er könnte doch ganz andere Sachen von dir verlangen.«
»Vielleicht will er mich mürbe machen. Womöglich sind die fünf Millionen erst der Anfang.«
Paffrath strich sich nachdenklich über das Kinn. »Ja, das könnte natürlich sein. Wirst du zahlen?«
Der Pate seufzte. »Eigentlich will ich nicht, aber ich werde wohl müssen. Immerhin lungern da unten zwei Dutzend Bullen herum. Die erwarten natürlich, dass ich zahle.«
»Und wenn du behauptest, du hättest nicht so viel Geld?«
»Das glauben die mir nie. Du hast doch selbst gehört, was dieser Neuhaus gesagt hat. Die wissen ganz genau, wer und was ich bin.«
»Aber beweisen können sie es nicht.«
»Ja, aber die Bullen werden sagen, dass meine Immobilienfirma genug Geld abwirft. Zumindest für die erste Zahlung. Also sieh zu, dass die Sache läuft.«
Paffrath nickte.
»Was ist mit Eddie und dem Doppler?«, fragte Becker.
»Die haben sich eingeklinkt. Es gab ein kleines Problem mit diesem Buchmacher, um den sie sich kümmern sollten.«
»Sag bitte nicht, dass Eddie schon wieder jemanden umgelegt hat.«
»Doch, hat er.«
»Dieser Idiot. Wegen dem komme ich noch mal in Teufels Küche.«
»Genau deswegen bin ich mir auch nicht sicher, was seinen Einsatz angeht.«
Becker überlegte einen Moment, welche Alternativen er hatte.
»Wir lassen ihn drin. Einen wie den schnellen Eddie brauchen wir in dieser Angelegenheit vielleicht noch.«
»Gut, wie du meinst. Was ist mit Neuhaus und Lenz? Glaubst du, die könnten zu einem Problem werden?«
»Die beiden Schwachköpfe? Nein, ganz sicher nicht. Die sehen doch den Wald vor lauter Bäumen nicht.«
Paffrath zog ein Blatt Papier aus der Tasche. »Ich habe mir von Caruso eine Angestelltenliste geben lassen. Heute Abend hatten sechs Kellner Dienst, dazu zwei Köche, ein Sommelier und Caruso selbst.«
»Und?«
»Die meisten Angestellten arbeiten schon seit Jahren im Don Pepe. Caruso würde seine Hand für sie ins Feuer legen.«
»Vielleicht nehme ich ihn ja beim Wort …«
»Du weißt noch nicht alles. Einer der Kellner war nur zur Vertretung da. Ein Typ namens Davide Centucco. Caruso meint, dass er ihn nicht richtig einschätzen kann.«
»Wie oft hat Centucco schon im Don Pepe ausgeholfen?«
»Zwei- oder dreimal. Zuletzt vorgestern. An dem Tag hat Frank telefonisch seine Tischreservierung durchgegeben. Und jetzt rate mal, mit wem er gesprochen hat.«
»Mit Centucco«, mutmaßte Becker.
»Genau. Und nachher hat Centucco sich bei Caruso nach Frank erkundigt. Er fragte, ob Frank dein Sohn sei.«
»Also ist vielleicht Centucco die Ratte, nach der wir suchen.«
»Ja, könnte sein.«
»Setz Eddie und den Doppler auf ihn an. Sie sollen ihn in die Mangel nehmen.«
»Schon passiert. Die beiden sind auf dem Weg.«
Becker nickte. »Wenn Centucco die Ratte ist, dann kriegen wir die Arschlöcher, die Frank haben.«
»Und wir kriegen deinen Sohn zurück.«
Becker verzog mürrisch das Gesicht. »Auf den kann ich getrost verzichten.«
Paffrath seufzte. Vater und Sohn. Er wurde einfach nicht schlau aus den beiden.