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Die Zeit der Städtegründungen
ОглавлениеStädte waren für die ländliche Gesellschaft sowohl eine Notwendigkeit als auch ein Fremdkörper. Im schweizerischen Mittelland war im Hochmittelalter eine überdurchschnittliche Zahl von ihnen entstanden. Einige Städte gingen auf die (Spät-)Antike zurück und dienten oft als Bischofsresidenzen (Basel, Chur, Konstanz, Genf, Lausanne); andere entstanden um Klöster und königliche Pfalzen (Luzern, St. Gallen, Zürich) herum. Doch die Blütezeit war das 13. Jahrhundert, in dem drei Viertel der 200 Städte gegründet wurden, die es um 1300 gab. Die meisten blieben auf wenige Hundert Einwohner beschränkt; mehr als 5000 zählten Anfang des 14. Jahrhunderts nur Genf, Basel und St. Gallen. Die grossen Stadtgründer im deutschen Südwesten waren die Zähringer: Ihr Stadtrecht für Freiburg im Breisgau hatte Modellcharakter, etwa für Bern und das andere Freiburg, im Üechtland. Dazu kamen, zum Teil als Ausbau von älteren Herrschaftsanlagen, Rheinfelden, Burgdorf, Murten, Thun und Moudon.
Könige, Prälaten oder Adlige hatten als Stadtherren dasselbe Ziel: Sie wollten vom verstärkten wirtschaftlichen Austausch auf den Marktplätzen profitieren, aber auch ein geschütztes Verwaltungszentrum errichten. Eine anhaltend günstige Agrarkonjunktur trug dazu ebenso bei wie der zunehmende Fernhandel, der von der Levante über Italien (Venedig) nach Oberdeutschland oder zu den Messen der Champagne führte. Auf diesen Routen lagen die Bündner Pässe und der Grosse St. Bernhard sowie die beiden Messestädte des Mittellands: Genf und, gleichsam als dessen Aussenstation, Zurzach. Simplon und Gotthard erlangten erst im 14. Jahrhundert mehr Bedeutung. Doch dieses bereitete der städtischen Blütezeit vorerst ein Ende: Die Katastrophen in der Jahrhundertmitte trafen in der Schweiz kurz- und mittelfristig vor allem das Mittelland und dort auch die 200 Klein- und Kleinststädte, von denen die Hälfte zu Dörfern wurde oder ganz verschwand. Doppelt geschlagen wurden die Juden, nicht nur von der Seuche, sondern auch von ihren Nachbarn, welche sie 1348/49 als angebliche Brunnenvergifter mit einem systematischen Pogrom überzogen und ermordeten, zur Konversion zwangen oder vertrieben – womit sie auch ihre Schulden bei jüdischen Geldverleihern getilgt sahen.