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Landfrieden gegen Adelsfehden

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Der Wohlstand, den die Städte im 13. Jahrhundert erlangt hatten, erlaubte es den Bürgern und konkret den Handwerkerzünften, sich von ihren Stadtherren zu emanzipieren und gemeinsam Ordnungsaufgaben zu übernehmen. Es ging in dieser Zeit ohne eindeutige Staatsmacht um Schutz oder Frieden in dem Sinn, dass Streitigkeiten auf dem Rechtsweg beigelegt wurden und Macht- und Waffenträger auf Gewaltanwendung verzichteten. Diese Forderung betraf in einer stets gewaltbereiten Gesellschaft vor allem die Ritter, die im Prinzip allein dazu legitimiert waren, Fehden mit Blutrachecharakter auszutragen. Mit dieser in einem Absagebrief angekündigten gewaltsamen Selbsthilfe stellten sie (ihr) verletztes Recht wieder her – oder ihre Ehre, was in der Adelskultur kaum voneinander zu trennen war. Entsprechend wurden die feudalen Kleinkriege als private Angelegenheit ausgefochten. Gegen derartige Fehden richtete sich die bereits hochmittelalterliche Landfriedensbewegung, getragen vor allem von der Kirche und den Städten, aber auch von den Fürsten. Sie alle wollten der Eigenmächtigkeit von Kriegsherren und der Eigendynamik von Ehrstreitigkeiten wehren und stattdessen eigene Herrschaftsstrukturen aufbauen. Langfristig arbeiteten sie auf ein obrigkeitliches Gewaltmonopol und rationales Recht hin, indem sie für klar umschriebene Räume und Menschengruppen sowie eine feste Zeitdauer Friedensregeln fixierten. Aussergewöhnlich war die schweizerische Entwicklung nur insofern, als die Einbindung und letztlich Unterordnung des Adels langfristig gelang, ohne dass dafür eine fürstliche Landesherrschaft benötigt wurde, aus der heraus der moderne Staat in der Regel entstehen sollte.

Städte konnten solche weiträumigen Polizeiaufgaben nicht alleine erbringen. Die naheliegende Lösung waren Städtebünde, wie es ihrer im Spätmittelalter viele gab. Besiegelt wurden sie durch einen Eid, weshalb Städtebünde lateinisch coniurationes hiessen: Schwurgemeinschaften von legitimen Herrschaftsträgern zur Verteidigung gemeinsamer Interessen und zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Der wechselseitige Schutz und Schirm entsprach dem, was der Adel denen versprach, die ihm einen Treueid schworen, doch geschah es bei Städten eben unter Gleichrangigen. Das Ziel dieser Bünde war aber ähnlich: die Wahrung des Landfriedens – und nicht, wie die Geschichtsschreibung es für die Eidgenossenschaft lange haben wollte, der Freiheit. Freiheit im Singular bedeutete, den vielfältigen Gefahren des Alltags einsam ausgeliefert zu sein. Freiheiten im Plural, iura ac libertates, waren hingegen Privilegien oder (Herrschafts-)Rechte einer ständischen Gruppe.

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