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In dem langen Schatten der blutroten Abendsonne, den ein großes Bauernhaus auf die angrenzende Wiese warf, kehrte ein junger Mann von der Feldarbeit zurück. Obwohl er schmutzig und erschöpft aussah, trug er ein zufriedenes Lächeln im Gesicht. Er trat aus dem Schatten heraus und stellte die geschulterte Sense, neben das Stalltor. Seine dunkelblonden Haare glänzten im Licht der letzten Sonnenstrahlen dieses Spätsommertages. Er begab sich auf den Weg ins Innere dieser mächtigen Gemäuer, doch gerade als er die Schwelle der Tür übertreten wollte, vernahm er Schritte, die sich der Zufahrt nährten.

Gegen das Licht der tiefstehenden Sonne konnte er anfangs nur den Umriss einer näherkommenden Gestalt wahrnehmen. Freude breitete sich in seinem Gesicht aus, als er den willkommenen Gast erkannte:

»Grüß dich, Roland! Was führt dich denn heute Abend noch hierher?«

Doch schon während er sprach, bemerkte er, dass sein Gegenüber keine guten Nachrichten übermitteln würde.

»Servus Andi. Ich bringe dir etwas, das mir der Postbote für dich mitgegeben hat.«

Er holte einen Brief hervor und überreichte ihn mit leicht zitternder Hand. Unübersehbar protzte der Stempel mit dem deutschen Reichsadler auf dem beigen Kuvert. Auf der roten Briefmarke in der rechten oberen Ecke war der Führer in heldenhafter Pose abgebildet. An einen »Herrn Andreas Kirchler« war dieses Schriftstück adressiert.

Andi hatte ein mulmiges Gefühl im Bauch. Höflich bat er Roland erst einmal hinein, wo beide in der Küche Platz nahmen. Eine Zeit lang starrte Andi den Umschlag wortlos. Schließlich griff er ein scharfes Messer aus der Tischschublade und öffnete mit einem schnellen Schnitt den Brief. Er überflog hastig die Zeilen und ein kalter Schauer strich über seinen Rücken. Mit zitternder Hand legte er ihn ab. Sämtliche Farbe war aus seinem Gesicht verschwunden, er wirkte fahl und geschockt. Roland blickte ihn niedergeschlagen an:

»Ich habe genau den gleichen Brief bekommen.«

Keiner der beiden wusste etwas zu sagen. Es war totenstill und schlagartig fühlte es sich an, als wäre es merklich kälter geworden. Für Andi war es wie ein Hieb ins Gesicht. Ein unheimlicher Verdacht war Realität geworden und das Warten auf das verdrängte Übel hatte ein jähes Ende genommen. Roland konnte sich gut in ihn hineinversetzen, da er ein paar Stunden zuvor dasselbe erlebt hatte. Ein Gefühl der Ungewissheit und aufkeimenden Angst durchbohrte die Mägen der beiden jungen Männer und so saßen sie sich noch lange an diesem Abend wortlos gegenüber.

Krieg und Freundschaft

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