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Jhwh, Jhw, Jh

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Seltsamerweise und trotz der Zensur bewahren die biblischen Texte die Spuren einer Aussprache des göttlichen Namens. Neben dem Tetragramm Jhwh, dessen masoretische Vokalisierung auf das Substitut „Herr“ verweist, existieren zahlreiche Belege für eine Kurzform Jhw, die sich vor allem in den theophoren Eigennamen findet, also Namen, die mit einer Gottesbezeichnung gebildet sind, wie Jirmĕjāhû (Jeremia), Jĕša’jāhû (Jesaja), Jĕhônātān (Jonathan) etc. Diese Namen legen nahe, dass die Kurzform des göttlichen Namens „Jahu“ oder „Jaho“ ausgesprochen wurde. Zu diesen beiden Formen Jhwh und Jhw kommt noch eine dritte, Jh („Jah“), die sich insbesondere im liturgischen Ruf hallĕlû-jāh („lobet Jāh“) findet, aber auch in anderen biblischen Texten, wie „Meine Stärke und mein Gesang ist Jāh“ (Ex 15,2); „Jāh, Jhwh ist meine Stärke“ (Jes 12,2); „Du bist emporgestiegen zur Höhe […], um dort zu wohnen, Jāh Elōhîm“ (Ps 68,19) etc. Eine Kombination von Jhwh und Jh findet man auch außerhalb der Bibel in einer Inschrift, die man in Khirbet Bet Lay5, einem Ort 35 Kilometer südwestlich von Jerusalem, gefunden hat und die wahrscheinlich aus dem Ende des 8. Jh. v.u.Z. stammt. Obwohl man den Anfang der Inschrift kaum entziffern kann, kann man das folgende Gebet lesen: „Schreite ein, gnädiger Jhwh; sprich frei Jāh Jhwh6.“ In und außerhalb der Bibel erscheint die abgekürzte Form Jāh vor allem in Hymnen und Gebeten, Jāh ist also eine liturgische Variante des Tetragramms Jhwh, mit dem es in manchen Fällen zusammen genannt wird, wahrscheinlich um eine Alliteration herzustellen. Die beiden Kurzformen Jahû und Jāh stimmen dahingehend überein, dass die Vokalisierung der ersten Silbe jeweils ein „a“ ist, was es wahrscheinlich macht, dass dies auch beim Tetragramm Jhwh der Fall war. Stellt sich also die Frage nach der Vokalisierung der zweiten Silbe der Langform Jhwh und ihrer Beziehung zur Kurzform Jhw.

Um sie zu bestimmen, können wir von der einzigen biblischen Erzählung ausgehen, die eine Art Erläuterung des göttlichen Namens enthält. Es handelt sich um die Erzählung von der Berufung des Mose im 3. Kapitel des Buches Exodus. Nach diesem Text erscheint Jhwh Mose, als dieser gerade die Herde seines midianitischen Schwiegervaters, eines Priesters, weidet. Jhwh fordert ihn auf, nach Ägypten zurückzukehren, von wo er geflohen war, und den Hebräern ihre Befreiung anzukündigen sowie ihren Aufbruch in ein Land, wo Milch und Honig fließen. Mose wendet zunächst ein, er sei nicht in der Lage eine solche Aufgabe zu vollbringen, aber Jhwh verspricht ihm seine Unterstützung („ich werde mit dir sein/ich bin mit dir7“). Dann stellt Mose die Frage nach der Identität des sich ihm offenbarenden Gottes:

(11) Mose sagte zu Gott (ʾĕlōhîm): „Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehen und die Israeliten aus Ägypten herausführen könnte?“ (12) Er sagte: „Ich werde mit dir sein/ich bin mit dir (ʾehjeh ʿimmāk), und dies sei dir das Zeichen, dass ich dich gesandt habe: Wenn du das Volk aus Ägypten herausgeführt hast, werdet ihr an diesem Berg Gott dienen.“ (13) Und Mose sagte zu Gott: „Nun, ich werde zu den Israeliten gehen und ich werde ihnen sagen: der Gott eurer Väter hat mich gesandt. Und sie werden mir sagen: Was ist sein Name? Was soll ich ihnen sagen?“ (14) Gott sagte zu Mose: „Ich werde sein, der ich sein werde/ich bin der ich bin (ʾehjeh ʾašer ʾehjeh).“ Und er sagte: So wirst du zu den Israeliten sprechen: ‚Ich werde sein‚ (ʾehjeh) hat mich zu euch gesandt.“ (15) Und weiter sprach Gott zu Mose: „So sollst du zu den Israeliten sprechen: der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs hat mich zu euch gesandt. Dies ist mein Name für immer, so soll man mich anrufen von Generation zu Generation.“ (16) „Geh, und versammle die Ältesten Israels und sage ihnen: ‚Jhwh, der Gott eurer Väter, ist mir erschienen, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, und hat gesagt: Ich habe wirklich auf euch geachtet und auf das, was euch angetan wird in Ägypten.‘“

Mit Martin Buber kann man die „Erläuterung“ des Namens zunächst als Verweigerung einer Offenbarung verstehen: „‚ich bin der ich bin‘, das geht dich nichts an“; in den folgenden Versen wird diese Erläuterung jedoch zum Namen Jhwh in Beziehung gesetzt. Der Ausdruck ʾehjeh ʾašer ʾehjeh enthält zwei Wortspiele. Das ʾehjeh wiederholt zum einen das Beistandsversprechen von Vers 12: ʾehjeh ʿimmāk. „Ich werde sein“ ist zunächst der, „der mit ist“, der Beistand verspricht. Zum anderen verweist das ʾehjeh wahrscheinlich auch auf die Aussprache des Namens Jhwh, der – greifen wir unsere Beobachtungen zur ersten Silbe wieder auf – sich für den Verfasser von Exodus 3 so ausgesprochen haben könnte: „Jahwe“.

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