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Wie die wilde verwegene Jagd kam der Kreuzbechner mit dem ratternden und knatternden Pritschenwagen den Weg heraufgefahren, hielt scharf bremsend an, dass eine Staubwolke unter den Rädern hervorstob, stieß die Tür auf, sprang aus dem Wagen und lief auf die Wohnbaracke neben der Krankenstation zu.

Dr. Dammeier blickte dem Baustellensanitäter verwundert entgegen. „Wo hat’s dich denn derwischt?“, rief er ihm zu.

„Teifi, Teifi“, schimpfte der Kreuzbechner. „Ich hab’s Geld vergessen. Und ohne Geld schenkt mir der Dagi nix aus.“

In diesem Augenblick, als der Kreuzbechner schon fast die Tür der Baracke erreicht hatte, hörten sie beide das Rumpeln und Poltern weiter oberhalb im Tal.

Kreuzbechner blieb sofort stehen. „Jetzt hat’s mich aber. Wieder eine Mur hinter der Talsperren.“

„Verdammt“, sagte Dammeier, „die Roswitha ist da droben!“

„Glaubst?“, fragte Kreuzbechner zweifelnd. „Das ist aber weit hinter der Sperren.“

Dammeier nickte. „Schon. Ich muss nach ihr schaun. Kommst mit?“

„Aber sie wird doch da net aufi gestiegen sein.“

„Komm! Ich hab so ein Gefühl.“

„Wart! Sicher ist sicher“, sagte Kreuzbechner, lief hinüber zur Krankenstation und verschwand im Gebäude. Kurz danach kam er wieder und hatte die beiden Ledertaschen zum Umhängen, die er sonst beim Einsatz der Bergwacht mitschleppte.

„Verdammt, dass der Jeep net da is.“

„Wo is er denn?“

„Die Frau Meindl hat angrufen, und da hab ich den Fellau zu ihr geschickt. Sie ist mit dem Auto liegen geblieben. In Solden.“

„Dann fahren wir mit dem VW. Komm, Doktor.“

Kurz darauf ratterten sie los. Sie kannten ja den Weg gut genug. Schon weit vor der Talsperre führte der Fahrweg bergan. Mit dem klapprigen Pritschenwagen ging es nur im ersten Gang. Als sie dann oben waren, hatte Kreuzbechner alle Hände voll zu tun, um mit dem Pritschenwagen nicht in die tiefen Spuren zu geraten, die noch aus der nassen Jahreszeit stammten und die jetzt knochenhart waren.

„Fahr net eini, sonst bleibst hängen“, rief Dammeier.

„Nur keine Sorg net. Ich schaff’s schon“, meinte der Kreuzbechner.

Er war ein Künstler am Steuer. Dr. Dammeier wusste das und konnte Kreuzbechner vertrauen. Aber dieses dumme Gefühl, das Ferdl hatte, machte ihn so unruhig, dass es ihm nicht schnell genug gehen konnte.

Dann kam die Stelle, wo dieser Weg neben dem zukünftigen Stausee entlangführte, hoch oben über dem bereits angestauten Wasser. Und schließlich erreichte sie die Schranke. Gleich daneben stand das Schild mit der Aufschrift:

Lebensgefahr! Lawinen! Betreten strengstens verboten!

Sie fuhren weiter, nachdem Dr. Dammeier die Schranke geöffnet hatte.

„Poltert’s noch? Ich hab nix gehört“, sagte Kreuzbechner.

„Ich auch net. Fahr zu!“

Sie fuhren das Stück bis zu jener Stelle, wo früher Lawinen und Muren die Schlucht geschlagen hatten.

„Man hätt’s Madl längst sehn müssen“, meinte Kreuzbechner.

Dammeier antwortete nicht. Aber er dachte genau dasselbe wie der Sanitäter. Suchend blickte er nach allen Seiten. Schließlich stieg er aus, schaute nach vorn, aber von Roswitha keine Spur. Immerhin war deutlich zu erkennen, dass eine erneute Lawine heruntergegangen war.

Auch Kreuzbechner war ausgestiegen. Sie traten bis an den Rand dieser Schlucht, und wie auf ein Kommando wanderte ihr Blick weiter bergauf bis hoch empor zum Felsriegel, und plötzlich hatte der Kreuzbechner etwas entdeckt.

„Da schau! Da, siehst es, Doktor, das Weiße?“

Dammeier hatte es noch nicht entdeckt. „Wo?“, rief er aufgeregt.

„Da schau!“ Kreuzbechner deutete ungehalten auf eine Stelle, und jetzt endlich entdeckte Dammeier diesen weißen Fleck ebenfalls. Es sah aus, als läge da oben ein Taschentuch oder ein Lappen.

„Das Fernglas!“, rief Dammeier und wandte sich dem Führerhaus des Pritschenwagens zu. Sie hatten immer ein Fernglas in dem Wagen. Mit einem Griff hatte er es, setzte es an die Augen, stellte es ein, nahm es dann aber sofort wieder herunter, legte es heftig auf den Sitz und rief Kreuzbechner zu: „Die Taschen. Und auf geht’s. Die Roswitha liegt da droben!“

10 bewegende Romane Sommer 2021: Roman Paket Liebe und Schicksale 7/2021

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