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Typ 4: Die Unauffälligen

Portrait Tom*

* Das Foto zeigt nicht die interviewte Person; Foto © Markus Mainka | Fotolia.com


Tom ist ein 27-jähriger verheirateter Informatiker, er und seine Frau haben zwei Kinder. Er besucht eine landeskirchliche Gemeinschaft in Hanau. Die Familie, in der er aufgewachsen ist, war für seinen Glauben „irgendwie ein Einstiegstor“. Prägend für seinen Glauben war früher aber „auch eine Art informeller Mentor“, der ihn „total begleitet und gefördert“ hat. Einerseits traf er sich mit ihm persönlich und stellte ihm „gute Fragen, die tief waren“, andererseits fungierte er auch als Vorbild, weil er „seinen eigenen Glauben so spürbar authentisch und positiv gelebt hat“. Prägend für Toms Glauben waren aber auch „Events, die den Glauben auf eine neue Stufe gehoben haben“, wo „Gott ihm irgendwie ganz neu und anderes begegnet ist“, als er das bisher kannte.

Als „irgendwie so Säulen“ seines Glaubens nennt Tom „Bibel lesen, Gebet und Gebet mit anderen“. Wichtig sind für ihn zudem die Lektüre von christlichen Zeitschriften, und öfter hört er sich auch gerne mal eine Onlinepredigt an oder schaut, was es bei Facebook, christlichen Blogs oder Konferenzen in Bezug auf seinen Glauben zu lernen gibt. Aktuell entdeckt er gerade „Stille als einen ganz wichtigen Baustein“ für sein geistliches Leben. „Es entspannt mich ungemein, dass ich eben weiß, dass Gott wirklich alles in seiner Hand hat. Und dass er auch Ungerechtigkeit zur Rechenschaft zieht.“

Zu Menschen anderer Religionszugehörigkeit hat er nur „sehr wenig intensiven Kontakt“. Überhaupt hat er zu Menschen, die keine Christen sind, „wenn überhaupt nur flüchtige Kontakte“. Am besten über seinen Glauben sprechen kann er mit seiner Frau und zwei guten Freunden. Insgesamt sind „kleine, intensive Gruppen und Gemeinschaften sehr prägend“ für ihn. Die Gemeinschaft, die er besucht „ist ziemlich überaltert“ und hat „keine richtige Jugendgruppe“, da es nur „so zwei bis drei andere Leute in den Zwanzigern“ gibt. Ansonsten gibt es nur ein Angebot für Kinder zwischen acht und 12. Jedoch hat er mit zwei guten Freunden „eine Art Dreierschaft“. Sie „skypen alle zwei Wochen zusammen“ und tauschen sich entlang eines „Katalogs an Fragen über Leben und Glauben“ aus, „einfach, um so ein bisschen tiefer zu bohren immer mal wieder“. Gottesdienst ist für ihn etwas, das „irgendwie dazugehört und normal und auch schön“ ist, „aber nichts, wo ich jetzt sagen würde, das ist so das, wo ich oft die richtig krassen Durchbrüche oder so erlebt habe oder wo Glaube irgendwie total drauf baut“. Sein idealer Gottesdienst würde „in einem kleinerem Rahmen stattfinden, wo ich mich eher wohlfühle“ und wäre zudem „ein stark interaktiver Gottesdienst, wo nicht einfach vorne Bühnenprogramm läuft“. „Es wäre, glaube ich, ein Gottesdienst, wo Musik auch eine große Rolle spielen würde, wo es auch irgendwelche Zeiten von Stille gäbe. Und wo es auch eine Predigt gibt, die herausfordert, aber die auch nicht so super lang sein muss.“ Natürlich gibt es einige Angebote in der Gemeinde, von denen man über die „Homepage oder aus dem Gemeindeinfoblatt erfährt“, aber das richtige Angebot ist für ihn eigentlich nicht dabei. Wenn er sich etwas wünschen dürfte, dann „eine Art offener Stammtisch in einer Kneipe“. Von der Gemeinde wünscht er sich Unterstützung dafür, stellt sich aber die Frage, „ob die Gemeinde da eine Offenheit für hätte, dass es mal eine Freibier-Runde oder so geben würde, weil das Atmosphäre schaffen würde an so einem Abend“. Wenn es um den Nachwuchs von jungen Leuten in seiner Gemeinde geht, ist seine Meinung: „Das ist jetzt nichts, wo wir jetzt irgendwie Aktionen starten können, sondern wo Gott das auch ein Stück weit schenken muss und wir eben schauen, dass wir unseren Glauben offen und frei leben und andere damit anstecken.“

Allgemeine Beschreibung der „Unauffälligen“ (Typ 4)

Die „Unauffälligen“ ähneln zunächst den „Ambivalenten“ in der Art und Weise ihres Glaubens. Dieser ist ein tendenziell exklusiver, aber nicht unterstützender Glaube.

Nach den „Erweckten“ sind die „Unauffälligen“ der vom Altersdurchschnitt gesehen älteste Typus (fast zwei Drittel von ihnen sind junge Erwachsene zwischen 20 und

29 Jahren). Das Bibellesen, Beten und die Gottesdienstteilnahme ist bei ihnen insgesamt stark ausgeprägt, aber deutlich geringer als bei den „Frommen Höchstleistern“ und den „Erweckten“ (im Bibellesen und Beten) beziehungsweise den „Ambivalenten“ (im Gottesdienstbesuch). Ein ähnliches Muster ergibt sich darüber hinaus ­bezüglich der Intensität ihres Glaubens. Zwar sind sie überdurchschnittlich häufig hochreligiös, haben mit 92 Prozent Hochreligiösen jedoch den geringsten Anteil unter den ersten vier Typen – gleiches gilt für die Rolle des christlichen Glaubens in ihrer Erziehung.

In ihrem Gottesbild ist die strafend-kontrollierende Dimension Gottes relativ stark ausgebildet. Als einziger Typ stimmen sie der Aussage „Gott ist zornig auf mich, wenn ich gegen seine Gebote verstoße“ überdurchschnittlich oft zu. Seltener sind sie hingegen der Meinung, dass Gott ihnen ihren freien Willen lässt, was interessanterweise eine Gemeinsamkeit mit den „Reservierten“ darstellt. Ihre persönliche Vorstellung von Gott wird vor allem durch Aussagen wie „Gott hat Jesus gesandt, um mich zu erlösen“ und „Vor Gott bleiben meine Sünden nicht verborgen“ geprägt. In Bezug auf Homosexualität sehen sie in der Bibel eher eindeutige Aussagen, dass dies Sünde ist. Beim Thema „Sex vor der Ehe“ sind sie da nicht so sicher.

Auch die Auskunftsfähigkeit bezüglich des Glaubens ist bei den „Unauffälligen“ insgesamt unterdurchschnittlich ausgeprägt. In der Regel kennen sie sich weder mit anderen Religionen gut aus, noch können sie anderen ihren Glauben verständlich erklären.

Auch bei ihnen zeigt sich ein leicht egozentrisches Muster, indem sie zum Beispiel überdurchschnittlich für sich selbst bitten (nicht den Glauben zu verlieren), aber unterdurchschnittlich für andere Menschen bitten oder im Gebet Gott Dankbarkeit oder Verehrung entgegenbringen. Ebenfalls mit den „Ambivalenten“ gemeinsam haben die „Unauffälligen“, dass ihnen mehr Männer (als der Durchschnitt) angehören und in ihrer Werteorientierung der Wertetyp der „Zögerlichen“ stärker ausgeprägt ist. Mit 50 Prozent haben die „Zögerlichen“ in dem hier beschriebenen Typus sogar die höchste Ausprägung. Zu vergleichen ist das mit den „Unauffällig-Zögerlichen“, bei denen alle drei Wertedimensionen (Tugend und Sicherheit, idealistische Werte sowie hedonistische und materielle Werte) verhältnismäßig wenig ausgeprägt sind.

Im Gegensatz zu den „Ambivalenten“ ist die Gemeindebindung der „Unauffälligen“ eher gering und weniger gut. Gemeindlich fühlen sie sich häufiger in der landeskirchlichen Gemeinschaft, deren Jugendverband EC, sowie bei den Baptisten und anderen Freikirchen zu Hause. Die Gottesdienste, die sie dort besuchen, beschreiben sie als eher „traditionell“, „liturgisch-rituell“, „für Ältere“, „lebensfern“ und „zum Zuhören gestaltet“. Seltener wünschen sie sich Teilnahme, Modernität und Gemeinschaft im Gottesdienst.

Auch in ihrer Alltagsästhetik sind „Spannung und Action“ gering ausgeprägt. Dies ist insofern interessant, da sie sehr medienaffin sind und daher häufiger christliche Zeitschriften oder Bücher der Bibel vorziehen. Als einziger Typus geben sie überdurchschnittlich an, dass christliche Zeitschriften sowie das Internet mit Onlinepredigten, Facebook und Blogs Quellen zur Stärkung ihres Glaubens sind. Auch christ­liche Konferenzen geben sie neben den „Höchstleistern“ als einziger Typus häufiger als etwas an, das ihren Glauben stärkt.

Durchaus überraschend bezüglich des Gesamtbildes ist daher, dass die „Unauffälligen“ sich überdurchschnittlich gut vorstellen können, später als Pfarrerin oder Pfarrer zu arbeiten. In ihrem vergleichsweise durchschnittlichen Engagement sind sie dabei sehr wenig motiviert durch „Spaß und Freude am Engagement“, „gemeinsame Aktivitäten“, „Anderen Menschen zu helfen“ oder „Neue Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben“. Dahingegen ist es ihnen (fast) als einziger Typ besonders wichtig, für ihr Engagement Anerkennung und Bestätigung zu bekommen.

Generation Lobpreis und die Zukunft der Kirche

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