Читать книгу Als das Hoffen auf ein Morgen alles war was blieb - Tobias Melcher - Страница 8

Samstag, 01. Januar, 04:30 Uhr

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Frohes neues Jahr! Und was für ein Start das war, meine Güte! Ich denke, du wirst in den Nachrichten gesehen haben, was passiert ist... Oder auch nicht? Aber eins nach dem anderen.

Rebecca war gestern den ganzen Tag über seltsam melancholisch. Ich habe aus Mitleid versucht, sie aufzuheitern. Ging aber gar nicht und ich musste mir dann sogar noch ein paar Sprüche anhören. Hab sie dann einfach in Ruhe gelassen. Wir sind wie geplant zum Restaurant gegangen, haben aber kein Wort miteinander gesprochen...auf dem ganzen verdammten Weg.

Im Restaurant angekommen, hat sie dann irgendwie und ganz plötzlich eine Maske aufgesetzt. Auf einmal war alles toll, ihre Laune super und keiner der Anwesenden hätte mir geglaubt, dass sie kurz zuvor noch die Königin der Missgelaunten gewesen ist. Gleichermaßen fasziniert und angewidert stellte ich fest, wie unglaublich falsch diese Frau sein konnte. Unsere Gruppe war zu acht. Alles Pärchen, was meinen Wunsch, dich bald wiederzusehen, nur noch mehr verstärkt hat. Das Essen war ganz gut, ich hatte Pasta mit Meeresfrüchten und dazu gab es Brot und leckere Salate.

Auf dem Weg zur Bar hat Cameron dann wieder sein Spiel mit Rebecca gespielt. Ein flotter Spruch hier, ein Augenzwinkern dort... Sie mochte es, er mochte es. Camerons Freundin (Sarah) mochte es nicht so. Armes Mädchen. Ich hab da bewusst nichts gesagt, soll er es nur versuchen... Sie bedeutet mir nichts mehr.

In der Bar sind dann noch ein paar Freunde zu uns gestoßen. Einige kannte selbst ich nicht, aber immerhin hatten wir schnell eine Gruppe von fünf Männern und wir konnten uns über Sport unterhalten. Genauer gesagt: Basketball. Ich hab davon ja wenig bis gar keine Ahnung, aber alles war interessanter als mit Rebecca rumzuhängen. Sie unterhielt sich dann mit Cameron und die arme Sarah stand die ganze Zeit daneben und lächelte tapfer.

Gegen elf sind wir dann da weg und raus auf die Straße, immer dem Menschenstrom nach. Ich muss zugeben, dass ich bis hierher schon mehr Spaß gehabt hatte als gedacht. Einer der Kerle, sein Name war David, war wirklich sehr unterhaltsam und irgendwie hab ich mich ihm, angetrunken und wehleidig wie ich war, dann auch anvertraut. Hab ihm das mit dir erzählt. Ja, ich weiß! Wir hatten uns darauf geeinigt, es niemanden zu erzählen. Es musste aber raus, irgendwie. Erst war er verwirrt, weil ihm Rebecca ja als meine Freundin vorgestellt wurde. Dann hatte er aber viel Verständnis und sagte auch einige Dinge, die mich bestärkt haben, ihr so schnell wie möglich die Wahrheit zu sagen und das Ganze zu beenden.

Hat gut getan, endlich mal mit jemanden darüber zu reden. Über dich, über mich, über uns. Er meinte, er hätte ein gutes Gefühl und so wie ich über dich sprechen würde, wärst du ja die tollste Frau der Welt. Dafür würde er an meiner Stelle jedes Risiko eingehen.

Unsere Gruppe war recht groß und unübersichtlich und auf den vollen Straßen hab ich den Überblick verloren, wer zu uns gehörte und wer nicht. Für einige Sekunden hab ich sogar gedacht, dich gesehen zu haben. Da hat mein Herz einen Sprung gemacht. Das wäre zu schön gewesen!

Auf jeden Fall standen wir dann alle da, die letzten Minuten liefen und die Stimmung war gut und ausgelassen. Alle strahlten und feierten. Dann kam der Countdown:5…4...3...2...1.... Alle jubelten, alle riefen Glückwünsche durcheinander und das Feuerwerk schien noch imposanter und heller als sonst…War es dann irgendwie auch, denn plötzlich wurde mir klar, dass sämtliche Beleuchtung ausgefallen war.

Du hast das sicher schon irgendwie mitbekommen, aber die ganze Stadt ist wohl ohne Strom! Vielleicht sogar der ganze Staat, ich weiß es nicht, man erfährt ja nichts mehr. Die Handys sind auch nutzlos, keiner hat Netz! Daher konnte ich dich auch nicht anrufen, was ich so gern getan hätte. Tut mir leid, aber du wirst das sicher nachvollziehen können.

Nach so knapp einer Minute merkte dann auch jeder, was los war. Hier und da war jemand skeptisch und schaute verwirrt, aber die Stimmung blieb gut. Ist ja nicht der erste Stromausfall, den wir erleben. Vor allem im Winter kommt das ja leider immer mal wieder vor. Beim letzten war ich noch ein Jugendlicher. War ein ganz schönes Abenteuer damals.

Die Atmosphäre blieb friedlich und die Polizei tat ihr Übriges, damit es ein schöner Abend blieb. Man hat hier auch aus der Erfahrung gelernt, daher sahen wir einige Polizeiwagen in Richtung der ärmeren Stadtteile fahren... besser vorsichtig sein. Sie sperrten die Metrostationen ab, weswegen die Straßen natürlich total überfüllt waren. Nur das Licht der Autos und hier und da ein Einsatzwagen der Polizei gaben der Stadt Licht, sonst war es stockfinster.

Der Strom wäre bald wieder da, versicherten sie jedem, der es wissen wollte. Man kam kaum voran, so voll war es. An einem normalen Tag hätte mich das alles tierisch aufgeregt. Aber nicht heute. Das Gespräch mit David hat mich positiv gestimmt, für all das, was uns die Zukunft bringen wird. Was freue ich mich auf unsere gemeinsame Zeit!

Wir sind dann zu Fuß nach Hause. Hat über eine Stunde gedauert. Auf dem Weg erzählte mir Rebecca, dass Cameron sie geküsst hätte, als es Mitternacht schlug. Auf den Mund. Erst wollte ich lachen und sie beglückwünschen, aber dann fiel mir ja ein kleines Detail ein, das ich immer wieder vergesse: Offiziell bin ich ja ihr Freund. Habe dann versucht, auf wütend und erbost zu machen, von wegen ich müsste mal ernsthaft mit ihm reden. Was das soll, wie er das seiner Freundin antun kann und so einen Kram. Ich fand mich glaubwürdig, keine Ahnung ob sie es mir abgekauft hat. Sie hat sich dann entschuldigt. Sie war betrunken, er war betrunken, die Stimmung war so toll und so weiter. Das Übliche halt. Als wir endlich daheim waren, versuchte sie es mit Versöhnungssex, aber nun hatte ich ja gute Gründe, darauf überhaupt gar nicht einzugehen. Sie ging dann ins Bett. Ich liege nun mal wieder auf der Couch, denke an dich, schaue mir deine Fotos auf dem Telefon an und schreibe diese Zeilen. Draußen ist es ungewöhnlich still. Nur hier und da hört man Sirenen von Polizei und Rettungswagen.

Hoffen wir, dass morgen wieder alles in Ordnung ist.

Vermisse dich!

Als das Hoffen auf ein Morgen alles war was blieb

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