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Kapitel 1.3.

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Pfarrer Gustav musste lautstark kichern beim Gedanken an diesen EU-Dünnschiss, er bekam sogar fast so etwas wie einen Kicherkrampf, die Tränen schossen ihm in die Augen, er musste kichern und husten gleichzeitig, fast wäre er erstickt.

Aber nach einer kurzen schneidigen Selbstdisziplinierung saß er wieder kerzengerade vor seiner verkrakelten Predigt und dem Wein. Er selbst war nicht so der große Genießer, wie man es oft von klerikalen Leuten kennt, die nur allzu offensichtlich den Verzicht auf das eine Grundtriebsbedürfnis eines Mannes mit hemmungslosem kulinarischen Schwelgen kompensieren. Die Mönchs-Mode macht´s ja bekanntlich möglich, den weißen, geknoteten Leibstrick der Benediktiner gibt es bis zur Länge Zweimeterfünfzig (von der "Holy-Belt-Cooperation ltd" aus Nassau, Bermuda). Und verboten war das Schlemmen ja auch nicht. Es war in Kirchenkreisen definitiv eben keine Sünde, sich zum klerikalen Heißluftballon anzufressen!

Trotzdem: Von dieser Sorte war Pfarrer Gustav nicht, er war auch kein klerikaler Heißluftballon, er war nach wie vor ein hochgewachsener, schlanker, dunkelhaariger Mann mit scharf geschnittenen Gesichtszügen. Und deshalb hatte er auch kein Verständnis für die teuren Gourmet-Oblaten. Er war der Meinung: Da sich mit Oblaten eh keiner so recht auskennt, nimmt man hierfür nicht die teuren offiziellen Oblaten aus Indonesien von der Holy-Cake-Cooperation ltd, die das Stück Drei€urosiebenundzwanzig kosten wegen des eingeprägten Segens "Urberach et Orberach". Da war er schon so frei und bediente er sich wie viele seiner Kollegen bei Ali-Ben Inchamaus aus Marokko, der mit seiner Firma mittlerweile täuschend echte Nachbildungen anbot, die auch im Geschmack selbst von Profis wie den Kardinälen nicht erkannt wurden. Versonnen kaute er an der Ali-Ben Inchamus-Oblate und roch abermals an dem Wein.

Korkte der? Das musste er jetzt dringend noch einmal überprüfen. Er schraubte die Flasche auf und schenkte sich nach das Glas nach, etwas mehr, man musste es schon genau wissen.

Er kannte seine Rheinland-Pfälzer Gottesdienst-Besucher. Insgeheim waren sie zwar allesamt mehr Pils-Trinker, aber trotz alledem war jeder ein geborener und vor allem ein exzellenter Weinkenner.

Jeder!

Vor allem der etwas schwierige Agot - Ludwig. Eine Koryphäe der Gemeinde, aber auch sich überall lautstark einmischend und deshalb nicht unbedingt überall beliebt. Ein bekennender Toupetträger und stadtteilbekannter Zecher. Er war nicht ganz freiwillig der "bekennende" Toupetträger, allerdings sah man es dem Kunsthaarteil ohnehin schon von weitem an. Zudem verrutschte ihm zu fortgeschrittener vernebelter Stunde regelmäßig das Toupet in wahrlich abenteuerliche Lagen. Gottseidank wusste er davon am nächsten Tag natürlich nichts mehr. Und die vielen Fotos wurden natürlich nur unter Hand zu Höchstpreisen an die Smartphones versandt. Aber gerade deswegen war er überall bekannt und auch ein gern gesehener Partygast, denn die Nummer mit dem verrutschtem Toupet ersetzte jeden teuer bezahlten Party-Zauberer!

Pfarrer Gustav versank gerade in seine Gedanken, wie er dem Agot die heilige Kommunion darreichte...

"Dies ist der Leib Christi....und dies ist das Blut Christi..."

Agot Ludwig kniete ebenso ehrfürchtig wie stöhnend mit seinen kurzen Knien auf den kalten plastiküberzogenen Kniehilfen der Büßerbänke der Demutsbereiten, schmatzte die Ali-Ben-Oblate, schlürft dann einen Schluck Wein, Pfarrer Gustav will gerade den nächsten Hungernden und Durstenden verarzten, der mit weit herausgestreckter Zunge röchelnd wartet, da ruft der Agot plötzlich mit seiner markdurchdringenden, kreischenden Fistel-Stimme hallend in der Kirche:

"Etschuldischung, Heä Parreäeäe. Korkt däe?"

"Mein Sohn" würde Pfarrer Gustav wohl erwidern,

"das ist das Blut Christi, das vergossen wurde..."

"Jo, jo, Heä Phareäeäe, däs waaß I jo olles, awa wenn demm sei Blut ginausou gekorkt hed wi des da, denn wundert mi nix mäh, dass däm so schlääch gangä iis zum Schluß!"

Und dann würde er abmarschieren, und brabbeln: "....Also, da muss I amohl mid de Papst rede, der mißt des doch wisse..."

Na ja. Auf jeden Fall: Korkte der? Pfarrer Gustav ertappte sich dabei, dass er das nächste Glas bereits geleert hatte, ohne diesen Sachverhalt abschließend zu prüfen. Aber nun gut, in der Flasche war ja noch etwas drin, die Predigt lag auch in einem heftig durchgestrichenen Manuskript vor ihm, man arbeite ja gern länger. Vor allem in diesem Beruf, der keine Anfangszeiten kannte und keine Endzeiten...

Also würde er noch einmal nachprüfen: Korkte der?

Er schraubte also den Schraubverschluss ab, goss sich das Glas noch einmal voll und begann zu sinnieren.

Pfarrer Gustav und das Inferno von Mainz

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