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Kapitel 1.5.

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Er sollte noch einmal mit dem Engel sprechen. Jawohl, genau das war die Lösung: Er musste noch einmal mit dem Engel sprechen!

Genau das war die Idee, der Engel hatte ihm immer ganz entscheidende Befehle und Tipps gegeben. Zum Beispiel auch eben jenen Befehl, rote Pumps, Netzstrümpfe und einen String-Tanga zu tragen, auch das hatte der Engel befohlen.

Das war quasi der erste Befehl des Engels, dass alle seine Aufträge in dieser sozusagen "Arbeitskleidung" erledigt werden mussten. Anfangs war es ungewohnt, aber seit einiger Zeit fühlte er sich viel besser, ja er fühlte sich geradezu grandios, er fühlte sich, ....als wären nun beide Geschlechter in seinem Leib vereint! Sein eigenes Geschlecht und das Andere, das Fehlende, das schmerzlich Vermißte, das in frühen Morgenträumen durch seinen Körper wild rauschende ebenso. Ein wunderbarer, durchaus erotischer Gedanke. Und vor allem ein Gedanke, den der Vatikan bislang mit keinem Tabu belegt hatte. Oder kennen Sie etwa ein elftes Gebot "Du sollst keine Netzstrümpfe tragen!?“

Na also.

Deshalb wurde dieser Trick auch von vielen Priestern angewendet, wie er durch seine Gespräche im Internet-Chat-Room von Pater Beatus Usus erfahren hatte.

Das Sprechen mit dem Engel hatte Pfarrer Gustav vor einigen Monaten entdeckt, er würde diese laue Sommernacht nie vergessen.

Das ganze passierte eher zufällig beim Studium eines Buches für alte chinesische Körperübungen, die da heißen: "TAI FONG WENG TU FONG WENG TENG". Diese Studien betrieb er schon seit einigen Wochen, wobei diese Übungen so weit gingen, auch kleine Körperregionen wie die Finger, die Zehen und vor allem das Gesicht als wichtigstes Organ des Ausdrucks mit einzubeziehen.

Und eine dieser Übungen hieß "die Maske des Xu Lim".

Pfarrer Gustav wusste nicht, wie nachhaltig diese Übung sein Leben verändern sollte.

Die Übung an sich war schwierig genug, er brauchte lange, bis er sie auch nur ansatzweise richtig interpretierte.

Dabei musste man sich nämlich erst in die sogenannte Wu Jong-Hocke stellen, also wie bekannt mit weit ausgedrehten Beinen in leichter Hocke. Ferse an Ferse, die Füße sollten 180° nach außen zeigen, die kleinen Zehen werden dabei mit 90° nach oben gestreckt.

Aber das kennen Sie ja.

Dann aber musste man am Gesicht arbeiten, der eigentlichen Maske. Man musste die Nase extrem hochziehen, die Augenbrauen in der Mitte zur Nase mit aller Kraft herunterziehen, dabei die Augenbrauenflügel links und rechts außen mit aller Kraft hochziehen, den linken Mundwinkel des mit gefletschten Zähnen geöffneten Mundes musste man soweit es geht herunterziehen, dabei sollte der Unterkiefer soweit vorgeschoben sein, dass die unteren Vorderzähne in die obere Lippe bissen, die Halssehnen müssen extrem angespannt sein, so dass sie hervortreten, der Stirnbereich musste gerunzelt sein, und dabei musste man im Takt des eigenen Pulsschlages mit den Ohren wackeln.

Die Zunge muss mit einer Rolle nach oben ausgestreckt werden, und zudem müssen die Hände mit der Handfläche nach außen vor das Gesicht gehalten werden, wobei einige der Finger extrem angespannt ausgestreckt sind, und einige Finger krampfartig eingerollt.

Die Stimme muss dabei einen per Kopfstimme erzeugten möglichst konstanten hohen Fistelton erzeugen, der durch die eingerollte Zunge in feinen Schwebungen moduliert wird – solange der Atemvorrat ausreicht.

Dies ist die vollständige „Maske des Xu Lim“. Im Buch war eine Abbildung eines Meisters mit einem schwarzen Gürtel zu sehen, der gerade eine perfekte Xu-Lim-Maske machte. Diese Übung machte Pfarrer Gustav immer vor einem Spiegel, das aufgeschlagene Buch vor sich, um irgendwann einmal die Schwarze-Gürtel-Perfektion des Xu Lim - Meisters zu erreichen, der zum Foto erstarrt in seiner ganzen Hässlichkeit und gerade deshalb eindrucksvoll vor sich hin maskierte.

Pfarrer Gustav und das Inferno von Mainz

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