Читать книгу Die skurrile Verwandtschaft des Friedrich K. - Torben Stamm - Страница 17
Verhör
ОглавлениеFriedrich saß im Verhörraum und wartete auf die Polizei. Der Raum bestand aus tristen, grauen Wänden, einem Tisch, der am Boden festgeschraubt war und vier Stühlen.
Friedrichs Gedanken rasten, sein Hirn versuchte, alle Informationen zu fassen und in eine schlüssige Reihenfolge zu bringen. Bisher leider ohne Erfolg. Er kam immer wieder bei Opa Bernd raus, der ihn vor Dorfler gewarnt hatte. Die Geschichte mit dem Überfall an der U-Bahn war gelogen, da war sich Friedrich inzwischen sicher. Es gab eine Verbindung zwischen beiden Männern und es sah fast so aus, als würde diese alte Geschichte gerade dazu führen, dass Dorfler ihn, Friedrich, versuchte hinter Gitter zu bringen.
Die Tür öffnete sich. Ein elegant gekleideter Mann betrat den Raum.
„Guten Tag“, sagte er freundlich. „Mein Name ist Schmidt. Ich bin Ihr Anwalt.“ Friedrich war noch verwirrter: „Ein Anwalt? Ich brauche keinen Anwalt, ich habe nichts getan. Und ich habe Sie nicht angerufen.“
Schmidt lächelte mild. Er war Mitte fünfzig und offensichtlich sehr erfahren: „Ihr Großvater hat mich angerufen und mir mitgeteilt, dass Sie Unterstützung benötigen. Glauben Sie mir: Sie sollten sie annehmen.“
Die Tür öffnete sich erneut und Dorfler betrat mit seinem Kollegen Gerard den Raum.
„Nachdem wir alle eingetroffen sind, können wir ja beginnen“, sagte Dorfler. Alle nahmen Platz.
„Also, Herr Kammers. Ich stelle fest, dass wir in Ihrem Büro einen Umschlag gefunden haben, der dem entspricht, den der Täter am Tatort zurückgelassen hat. Wir haben inzwischen die gesamte Firma durchsucht: Es gibt dort sonst keinen einzigen Umschlag dieser Art! Nur den, der in IHREM Schreibtisch lag.“
„Ich...“, setzte Friedrich an, aber Schmidt unterbrach ihn: „Mein Mandant hat bereits klargestellt, dass er den Umschlag vorher nicht gesehen hat.“
„Es ist sein Schreibtisch.“
Schmidt lächelte: „Es ist der Schreibtisch der Firma, für die er arbeitet. Der Schreibtisch steht in der Firma in einem Büro, das nicht abgeschlossen ist und zu dem mein Mandant keinen Schlüssel besitzt.“
Friedrich war erstaunt, was sein Anwalt alles wusste, aber er hatte Recht: Die Firma wollte den Praktikanten möglichst nachhaltig vermitteln, dass sie nichts zu melden hatten. Daher das schäbige Büro, in dem man noch nicht mal etwas Persönliches liegen lassen konnte, da man die Tür nicht abschließen konnte.
„Dadurch“, fuhr Schmidt fort, „hätte jeder den Umschlag in besagtem Schreibtisch der Firma deponieren können, an dem nun mal zufällig mein Mandant seine Arbeit erledigt. Übrigens sehr zuverlässig, wie ich hervorheben möchte.“
Dorfler wurde rot vor Wut.
„Sie wissen so gut wie ich, dass der Umschlag vor Gericht absolut nichts wert ist“, schloss Schmidt ab.
„Ihr Mandant hat ein Motiv!“, presste Dorfler hervor.
„Ja? Welches denn? Ich bin sehr intelligent, aber ich konnte leider keines erkennen.“
Dorfler setzte ein triumphierendes Grinsen auf: „Friedrich Kammers hasst die Firma. Er ist nur ein Praktikant, der ausgenutzt wird. Das hat ihn so aufgeregt, dass er beschlossen hat, der Firma eins auszuwischen und den Diebstahl zu organisieren.“
„Jetzt ist er also nicht nur der Tipp-Geber, sondern auch der Kopf hinter einem gut geplanten Kunstdiebstahl? Das hört sich in meinen Ohren nicht nur ein bisschen weit hergeholt an. Da bin ich aber sonst besseres von Ihnen gewohnt, Herr Dorfler.“
Es dauerte noch eine halbe Stunde, bis Herr Schmidt und Friedrich Kammers das Revier verlassen durften.
„Danke“, sagte Friedrich.
„Das ist mein Job“, winkte Schmidt ab. „Aber Sie müssen aufpassen: Dorfler hat es sich in den Kopf gesetzt, dass Sie der Dieb sind. Er wird weiter suchen. Wenn Sie den Umschlag nicht im Schreibtisch deponiert haben, war es jemand anderes. Es versucht Ihnen also entweder jemand etwas anzuhängen oder Sie sind das Opfer eines großen Zufalls. Überlegen Sie, was realistischer ist.“
Friedrich brummte der Schädel.
„Auf jeden Fall“, fuhr Schmidt fort, „sollten Sie mit Ihrem Großvater sprechen.“ Er zeigte die Straße entlang. „Ich habe dort drüben geparkt. Ich habe mit Ihrem Großvater vereinbart, dass ich Sie zu ihm fahre, wenn ich die kleine...Unstimmigkeit...beseitigt habe.“
Friedrich nickte und folgte Schmidt.