Читать книгу Die skurrile Verwandtschaft des Friedrich K. - Torben Stamm - Страница 18
Opa Bernd
ОглавлениеFriedrich setzte sich an den Küchentisch in Opa Bernds Haus. Schmidt hatte ihn abgesetzt und war weitergefahren.
„Kaffee?“, fragte Bernd. Er hantierte bereits an der Maschine herum.
„Ja“, antwortete Friedrich. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Können Sie mir erklären, was hier los ist?“
„Die Polizei geht davon aus, dass Sie an dem Diebstahl auf der Ausstellung beteiligt waren. Ich denke, das haben die Ihnen gesagt.“
„Ja“, sagte Friedrich genervt. „Haben sie. Aber ich verstehe nicht warum. Weil ein Briefumschlag in meinem Schreibtisch lag? Den kann jeder da reingelegt haben.“ Er ließ sich entnervt nach hinten sinken. „Danke aber, dass Sie mir den Anwalt geschickt haben. Warum wussten Sie überhaupt, dass ich einen brauche?“
Bernd setzte sich Friedrich gegenüber und schob ihm eine der zwei Kaffeetassen rüber, die er in der Hand hielt.
„Das ist kompliziert. Sagen wir, ich habe befürchtet, dass sowas passieren könnte und Sie deswegen im Auge behalten.“
„Sie? Sie haben mich im Auge behalten?“ Friedrich lachte schrill. „Sie haben mich aus diesem Haus geworfen! Ich muss Sie siezen und Sie wollen auf mich aufgepasst haben?“
„Ich habe dich auch gewarnt. Vielleicht sollten wir das mit dem SIE aber auch lassen. Wäre das für dich in Ordnung?“
Friedrich nickte: „Sehr gerne. Aber ich will trotzdem wissen, was hier los ist. Warum hast du befürchtet, dass sowas passieren könnte?“
Opa Bernd leckte sich über die Oberlippe: „Weil Dorfler die Untersuchung leitet.“
Friedrich schob die Tasse ein Stück von sich: „Was ist das mit dir und Dorfler?“
„Was soll da sein?“
„Du kennst ihn.“
„Stimmt.“
„Woher?“
Opa Bernd trommelte mit den Fingerspitzen seiner Zeigefinger auf der Tischplatte herum. Dann schnaufte er: „Gut, ich denke, angesichts der Umstände muss ich dir ein paar Informationen zukommen lassen. Es ist aber wohl klar, dass du die für dich behalten solltest. Schon in deinem eigenen Interesse. Auch diesem Johannes sagst du nichts, klar?“
Friedrich starrte seinen Großvater einfach nur an.
„Also gut“, sagte Bernd. „Hat deine Mutter dir gesagt, was mein Job war?“
„Nein. Nur, dass du dauernd unterwegs warst und dich deswegen nie um sie und ihre Mutter gekümmert hast. Sie hat keine hohe Meinung von dir.“
„Das ist hart“, sagte Bernd sarkastisch. „Ich habe mich gekümmert. Aber meine Art des...Broterwerbs...war...speziell.“
„Was willst du damit sagen?“
„Ich habe als Kunsthändler gearbeitet.“
„Kunsthändler?“
„Ja. Freiberuflich. Dabei habe ich viele Gemälde, Skulpturen und so einen Mist verkauft. Du bekommst dann auch manchmal Dinge angeboten, wo die...Herkunft...nicht ganz nachzuvollziehen ist.“ Opa Bernd schwieg und starrte seinen Enkel an.
„Du hast geklauten Scheiß verkauft?“, fragte Friedrich fassungslos.
„Nein“, sagte Bernd. „Ich habe Kontakte vermittelt. Zwischen Händler 1 und Händler 2.“
„Du bist ein Verbrecher?“
„Ich stand niemals vor Gericht oder bin verhaftet worden. Allerdings stand öfters mal die Polizei auf der Matte und es war ein- oder zweimal etwas eng.“
„Was hat Dorfler damit zu tun?“
„Naja“, sagte Bernd gedehnt. „Er kennt natürlich meinen Namen. Hat versucht, mich zu kriegen. Ohne Erfolg, wie du siehst.“
Friedrich packte sich an den Kopf: „Dann ist er wegen dir hinter mir her?“
„Ich denke, er meint, dass ich hinter dem Plan stecke, das Bild zu klauen. Du hattest die Informationen und ich habe noch immer so viele Kontakte, dass ich so ein Ding innerhalb von 24 Stunden auf die Beine stellen könnte.“ Bernd lächelte: Er war schon etwas stolz auf seine Arbeitsleistung.
„SCHEIßE!“, brüllte Friedrich. „Ich habe doch nichts mit dir zu tun! Du bist ein alter Sack, den ich jetzt dreimal in meinem Leben gesehen habe!“ Er schlug mit der Faust auf den Tisch: „DU machst MIR mein LEBEN KAPUTT!“
Bernd zog die Augenbrauen zusammen: „Nein, das tue ich nicht. Ich habe nämlich nichts gemacht. Und die Polizei kann dir im Moment auch nichts. Ganz davon abgesehen finde ich es sehr unhöflich, mich so zu beschimpfen.“
„Die Polizei kann nichts machen? Das weißt du doch gar nicht!“
„Doch“, entgegnete Bernd, stand auf und verließ den Raum.
„Wo willst du hin?“, rief Friedrich und wollte ihm gerade nachstürmen, als sein Opa wieder in die Küche zurückkam.
„Als Erstes“, sagte Bernd ernst, „solltest du dein Temperament mal wieder unter Kontrolle kriegen. Ich bin nicht das Problem, sondern ein Kerl, der dir und mir versucht was anzuhängen. Wir stecken nämlich beide in der Scheiße.“ Friedrich biss sich auf die Zunge.
„So. Zweitens habe ich...Kontakte... Die haben auch Kontakte... Und deswegen habe ich alle Ermittlungsberichte.“
Er warf die Akte auf den Tisch, die er aus dem Altersheim mitgebracht hatte. „Da steht alles drin. Im Grunde wissen die nichts. Der Umschlag heute war der erste richtige Hinweis - der nichts wert war.“
Friedrich setzte sich an den Tisch und starrte auf die Akte: „Wo hast du die her?“
„Habe ich doch gesagt: Kontakte.“
„Was bist du: Ein Verbrecher-Genie?“
Bernd schüttelte den Kopf: „Ich habe zunächst ganz legal angefangen. Aber die Geschäfte liefen schlecht und dann wurde deine Oma schwanger. Deine Mutter war unterwegs. Ich brauchte Geld. Also habe ich angefangen, geklautes Zeug zu verkaufen. Nur ein bisschen. Allerdings habe ich schnell gemerkt, dass ich damit mehr Geld machen kann als auf legalem Weg. Ich musste eine Familie versorgen...“ Er setzte sich ebenfalls und schlug die Akte auf: „Der härteste Hinweis sind die grünen Umschläge.“ Er zeigte auf ein Foto, das einen grünen Umschlag in einem Bilderrahmen zeigte.
„Was war da drinnen?“, fragte Friedrich.
Bernd machte einen skeptischen Gesichtsausdruck: „Ich weiß nicht, ob es taktisch klug ist, wenn du das weißt“, sagte er.
„Warum? Das geht mich ja wohl was an!“, sagte Friedrich und wurde wieder lauter.
„Ganz ruhig. Ich habe kein Problem damit, wenn du es weißt. Aber die Polizei hat diese Information zurückgehalten. Es kann sein, dass sie dir irgendeine Falle stellen wollen. So in der Art: Woher wissen Sie das denn, das haben wir doch niemanden gesagt...“
Friedrich nickte: Das klang logisch. Leider.
„Allerdings habe ich bereits eine Lösung gefunden, wie wir das Problem lösen können“, sagte Bernd grinsend. „Ich habe ja...Kontakte... Und die gehen auch bis zur örtlichen Presse. Ich habe die Information gestreut, was in dem Umschlag war. Die Zeitung wird den Bericht morgen bringen, dann wissen es alle.“
„Dann kannst du es mir ja auch jetzt sagen, oder?“
„Kann ich“, stimmte Bernd zu. „Allerdings verstehe ich noch nicht ganz, was der Inhalt zu bedeuten hat.“
„Jetzt mach es nicht so spannend.“
Bernd blätterte weiter und zeigte auf ein Foto: „Es war ein Foto von dem Bild darin.“
Friedrich verzog das Gesicht: „Ich hätte jetzt aber mit etwas mehr gerechnet. Das ist doch...Was soll das denn sein?“
„Das ist eine Spur“, sagte Bernd. „Sieh dir das Bild genau an. Was siehst du da unten?“
Friedrich kniff die Augen zusammen: „Ein Stück Holz?“
„Das ist eine Staffelei“ sagte er ernst. „Das Foto wurde aufgenommen, kurz nachdem das Bild im Atelier fertiggestellt wurde. Das bedeutet, der Dieb hat die Sache schon lange geplant und er hatte Zugang zum Atelier.“
Friedrich zog sich nun doch seine Tasse Kaffee heran und nahm einen tiefen Schluck von dem abgerauchten Getränk: „Und“, fragte er anschließend, „was ist die Spur dahinter?“
„Wir müssen herausfinden, wie es der Dieb geschafft hat, dieses Foto zu machen. Vielleicht wird das Atelier videoüberwacht oder so.“
„Wir? Wir müssen das HERAUSFINDEN?“ Friedrich schüttelte energisch den Kopf. „Wir sind doch nicht von der Polizei. Ehrlich gesagt möchte ich mit der ganzen Sache so wenig zu tun haben, wie es nur irgendwie geht.“
Bernd wirkte verärgert: „Du kannst dich gerne auf die Polizei verlassen. Aber die halten dich für den Dieb und werden nur neue Spuren suchen, die dich belasten. Der Typ, der das Ganze geplant hat, hat dir belastende Materialien untergeschoben.“
„Materialien? Mehrzahl?“
„Bis jetzt wissen wir nur von einer Sache. Aber ich denke, er hat schon gemerkt, dass sein Plan nicht aufgegangen ist. Warum sollte er dich jetzt vom Hacken lassen? Die Polizei hält dich für den Dieb.“
„Aber das ist doch idiotisch! Ich habe damit nichts zu tun!“
„Das ist egal. Ich würde jede Wette eingehen, der Kerl versucht, neue Beweise zu fingieren. Von daher...“
Friedrich sackte in sich zusammen: „Das ist doch unfair“, sagte er leise. „Ich wollte doch nur arbeiten und so.“
Bernd schaute seinen Enkel an. Er überlegte: Was sollte er tun? Ihm die Hand auf die Schulter legen? Er war nicht so gut in solchen Dingen. Er konnte planen, wie man etwas Geklautes durch die halbe Welt schmuggelte und dann verkaufte, aber diese Enkel-Opa-Kiste hier?
„Das wird schon“, sagte er leicht verkrampft. „Die hatten schon mehr gegen mich in der Hand und es hat nicht geklappt. Also: Wir sollten absprechen, was wir als Nächstes machen.“