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März 1989
Schon einmal haben Klaus und ich den Anlauf genommen, uns der Fallenjagd zu widmen. Doch wenig Erfahrung und Halbherzigkeit brachten den Versuch schnell wieder zum Erliegen. Zu gering waren unsere Kenntnisse, zu kurz die Ausdauer, vor allem aber zu groß unsere Enttäuschung über die immer wieder mutwillig zerstörten Fangplätze. So gaben wir das Unternehmen auf, bevor es richtig angefangen hatte. Denn eins war uns klar, ein solches Vorhaben bedurfte absoluter Professionalität und größter Sorgfalt.
Viel später – fast zwei Jahre danach – brachte uns ein junger passionierter Jäger und Fallensteller wieder auf unsere alte Idee. Hans-Heinrich jagte im Groß Schneer Revier und hatte sich auf die Fallenjagd spezialisiert, stellte auch dort seine Eisen auf…und das mit großem Erfolg, wie er uns auf den gemeinsamen Treibjagden anschaulich und begeistert berichtete.
Mit dieser Begeisterung steckte er Klaus und mich erneut an und versprach uns mit großer Freude seine Hilfe bei der Einweisung und Handhabung, vor allem aber auch seine wertvolle Erfahrung mit uns zu teilen.
Für mich war diese anspruchsvolle Jagdart nicht nur eine Herausforderung, sie reizte auch meine Neugier und forderte meinen Ehrgeiz heraus. Außerdem steckte ein ganz persönlicher Eigennutz dahinter, der mich zu diesem Entschluss der Fallenjagd zwang: die Sicherheit für meine Familie und mich…
Die Erklärung war ebenso einfach wie verständlich: seit fast zwei Jahren trieb ein „Automarder“ auf unserem Grundstück sein Unwesen! Lange Zeit konnten wir uns die Vorfälle nicht erklären. Die häufigen Defekte an unseren Autos, die ständig notwendigen Reparaturen an Kabeln und Schläuchen und vor allem deren Folgen.
Viermal schlug der kleine Kerl zu: beim ersten Mal war es ein zerbissener Kabelbaum am „Kübel“, der den Jagdwagen für mehrere Tage außer Gefecht setzte, das zweite Mal brach die gesamte Elektrik beim Kadett zusammen, der dritte Schaden führte fast zu einem Unfall, als bei einem Bremsmanöver die Fußbremse nicht mehr reagierte und ich knapp einer Kollision entging. Der entscheidende Anstoß aber war ein durchbissener Benzinschlauch, der sich entzündete und den Audi 80 meines Vaters total ausbrennen ließ!
Immer standen die Wagen bei uns auf dem Hof oder in der offenen Garage. Unser Grundstück, das Fachwerkhaus, der bäuerliche Nachbarbetrieb mit Scheunen und Ställen waren die idealen Schlupfwinkel für die kleinen Räuber und Übeltäter. Ihre Spuren auf den Motorhauben und ihre Kothäufchen unübersehbar. Aber ein aufmerksamer und unermüdlicher Beweisträger war mein treuer Rauhaardackel Fussel. Seine Nase und sein Instinkt, seine jagdliche Passion auf all diese kleinen Räuber waren für mich Vorbild und Stolz zugleich; und ihm entgingen kein neuer Pass, keine Duftmarke und kein Wechsel. Wir beide bildeten ab sofort eine verschworene Jagdgemeinschaft auf einen gemeinsamen „Gefährder“. Fussel war mein Freund und Kumpel, wie oft hatten wir uns schon gegenseitig aus heiklen Situationen gerettet. Darüber lohnte es sich eine eigene Geschichte zu schreiben…wer weiß, vielleicht kommt sie noch?
Jetzt aber ging`s auf Marderfang.
Anfang September hatte ich mich mit Hans-Heinrich – dem Hobby Trapper – verabredet, um mich von ihm sorgfältig in die Kunst der Fallenjagd einweisen zu lassen. Zielgebiet war der Pirschbezirk meines Försterfreundes Klaus im Lichtenhagener Forst. Diese Einweisung war Gold wert und unersetzlich: die Fangplätze sollten nicht zu dicht an Wald – und Wanderwegen sein, andererseits auch leicht und gut erreichbar für den Fallensteller, denn das Beschicken würde viel Zeit und Ausdauer kosten.
Dann die eigentliche Platzwahl… gut geeignet ist eine natürliche hufeisenförmige Einbuchtung, die den Zugang zur Falle nur von einer Seite zuließ, um einen sicheren Brustfang zu garantieren. Umgestürzte Baumwurzeln, Reiserhaufen, Zwangspässe an Zäunen oder Feldrainen, Felsbunker…all diese Stellen waren geeignet, man musste sie jedoch erst einmal finden.
Fussel war immer dabei und erwies sich als wertvoller Helfer. Wenn Hans-Heinrich und ich uns nicht sicher waren, ob dieser oder jener Platz der bessere war, gab Fussel uns mit seiner Nase Bestätigung oder Ablehnung. Häufig wies er sogar Marder – oder Raubwildspuren nach erleichterte uns damit die Entscheidung.
Auf künstlich angelegte Fangbunker verzichteten wir bewusst. Ihr Vorteil, dass sich dort keine Haustiere fangen oder neugierige Dackel ihre Nase hineinsteckten schien gegenüber dem Nachteil der großen Auffälligkeit und des Mehraufwandes nicht gerechtfertigt.
Weiterhin sollte der Boden aus den natürlichen, vor Ort vorkommenden Substanzen bestehen und möglichst locker sein. Allein diese Kriterien machten die sorgfältige Auswahl so aufwändig. Aber am Ende sollte sich die Mühe lohnen. Alle 11 Plätze waren so angelegt und ausgewählt, dass sie bei den notwendigen Kontrollgängen auf einem schnellen Rundkurs leicht erreicht und beschickt werden konnten.
Fussel war sehr mit uns einverstanden.
Was ich von Hans-Heinrich im Revier gelernt hatte, konnte ich nun auch bei uns auf dem Grundstück 1: 1 umsetzen. Doch hier hatte Fussel den absoluten Vorrang in der Auswahl des besten Platzes. Wie oft hatte er mir mit seiner Dackelnase schon die Stellen gezeigt, wo sein Erzfeind die größten Aktivitäten an den Tag – oder besser in die Nacht gelegt hatte. Dort, und nur dort musste der Fangbunker hin!
Hier begann der zweite Teil an Sorgfalt und Genauigkeit. Der Boden wurde mit Spaten und Schaufel auf einer Fläche von ca.50 cm. im Durchmesser und 10 cm. tief aushoben, gelockert und notfalls mit Torf oder Tannenspreu gelüftet. Am besten mit Material, das vor Ort am ehesten vorkommt; da hatte ich es in unserem Naturgarten nicht allzu schwer. Die Bodenlockerheit war notwendig, um später das Eisen leicht einschichten und bedecken zu können.
Auf die präparierte Grundfläche werden drei flache Steine gelegt, Backsteinhälften oder glatte Kalkstein – oder Sandsteinbrocken, die in dreieckiger Anordnung vom Zentrum aus in das Fallenbett eingebaut werden. Der Abstand von der Mitte sollte 25 cm. betragen und die Lage zueinander möglichst waagerecht sein.
In der Zeit des Ankirrens musste das lockere Bodenmaterial immer wieder durchwühlt und ein neues Ei in die Mitte gelegt werden.
Um die Witterung für den Marder noch etwas intensiver und verlockender zu machen gab ich etwas Hühnermist oder ein paar Tropfen eines Lockmittels aus Anisöl und Binsenöl dazu; diese Kombination sollte für den Marder angeblich unwiderstehlich sein.
Inzwischen hatten Klaus und ich eine Menge an Material und Geld investiert, um das Equipment auch perfekt zu vervollständigen: vier 46ér Schwanenhälse mit glatten Bügeln von der Firma „Weißer“ aus dem Schwarzwald mit Spanner und Zubehör wie Drahtbürste, Knochenöl, Lockmittel, Ketten, Karabinerhaken. 300,- DM für jeden waren uns Sicherheit und Qualität wert.
Anfang Oktober legte ich zum ersten Mal auf allen 12 Fangplätzen die Eier aus. Mehr als ein ganzer Karton ging dabei drauf und die ganze Runde dauerte jedesmal gut zwei Stunden, eine sportliche Leistung, auf die sich Fussel immer freute.
Sorgfältig platzierte ich das Ei in die Mitte des „Bunkers“, dort wo sich später der Teller des Abzugeisens befinden würde. Zusätzlich zerschlug ich hier und da noch ein rohes Ei darüber und verteilte einige Tropfen des Wunderöls vom Hauptweg zum Fangplatz, sozusagen als olfaktorische Witterungshilfe.
SKIZZE EINES FANGBUNKERS
Vier Tage später kontrollierte ich die Plätze voll innerer Spannung und Erwartung. Hatte sich der ganze Aufwand gelohnt, oder war alles nur vergebliche Spielerei und Hokus Pokus? Und siehe da, ich wurde belohnt: an fünf Stellen waren die Fallen angenommen und die Eier verschwunden, welch ein hoffnungsvoller Anfang.
Die Quote sollte sich in den nächsten Wochen noch erhöhen und steigerte sich im Laufe des Monats auf absolut 100%. Na, wenn das kein Erfolg war! Alle vier bis fünf Tage waren nahezu alle Plätze besucht. Dabei gab es absolut sichere aber auch weniger zuverlässige Stellen. Um bei der ganzen Sache die Übersicht nicht zu verlieren, legte ich mir eine Liste an, auf der ich genau notierte, wann und wo die Eier ausgelegt und angenommen wurden, sodass am Ende feststand, wo die ersten Eisen scharf gestellt werden konnten.
Der November war längst ins Land gezogen, die Tage wurden kürzer und die Jagd auf Sauen lief bereits auf Hochtouren, es begann die jagdliche Erntezeit.
Das galt auch für den Marder. Der Tag des ersten Einsatzes rückte näher, und den wollte ich unbedingt bei uns im Garten zelebrieren, allein schon meines Oberdackels wegen, dessen Unruhe sich ebenso zu steigern schien wie meine Spannung.
Der präparierte Fangplatz war eine absolut sichere Bank. Hier hatte ich ja die Möglichkeit, die Beschickung fast täglich wahrzunehmen und die morgendliche Kontrolle zur Routine werden zu lassen. Selbst Fussels Witterung und dessen Duftmarken schienen den Braunen nicht zu irritieren, er war absolut „zuverlässig“.
An einem Freitag, den 24. November 1989, baute ich dann die Falle ein, nicht ohne eine gewisse Nervosität. Das Eisen vorgespannt und noch gesichert hatte ich das präparierte Ei auf den Teller gebunden und die lockere Erde sorgfältig von der Mitte nach außen darum geschichtet.
Da fiel mir noch ein Tipp von Hans-Heinrich ein, der uns empfahl, ein Eichenblatt über die Auslösezunge zu legen, um den Auslösemechanismus nicht mit Erde zu berühren. Als Variante nahm ich ein Buchenblatt, das dem gärtnerischen Biotop eher entsprach und hoffte, der „Autofeind“ nähme es nicht übel.
Als letzte Amtshandlung wurden die drei Sicherungsbügel entriegelt und Fussel sofort eingesperrt. Es schien so, als sei der sich dieser notwendigen Maßnahme bewusst und verschwand ohne Murren in seinem Körbchen.
Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen…als hätte ich am nächsten Tag meine erste Tanzstunde.
Endlich hielt es mich um sieben Uhr nicht mehr im Bett. Ganz bewusst und langsam machte ich mich für die große Überraschung fertig, so oder so würde es eine werden. Es war Samstag und keine Schule, die Kinder schliefen noch; die wollte ich unter gar keinen Umständen dabei haben, auch wenn sie sich an Wild jeder Art schon gewöhnt hatten und nicht mehr ganz so zimperlich waren.
Aber Fussel war an meiner Seite, angeleint und leise quiemend, als könne er es nicht mehr abwarten. Die wenigen Schritte an diesem Morgen hinüber in die Gartenecke zum Nachbarzaun des Pastorgrundstücks waren wie kindliches Ostereiersuchen…und…es hatte geklappt!!!
Ein klassischer Brustfang , sofort tödlich, Waidmannsheil!
Fussel war nicht mehr zu halten und ich hatte Mühe, ihn zu bändigen. Der Marderrüde hatte ein Gewicht von 1750 gr. und eine Länge von 43/70 cm. Der grundgute Hund ließ ihn nicht mehr aus den Augen. Zu lange schon war er ihm auf der Spur, hatte seine Witterung überall in der Nase, jetzt endlich verteidigte er seine Beute, an deren Erfolg er seinen maßgeblichen Anteil hatte.
Wie gut, einen Hund zum Freund zu haben.
DER GRUNDGUTE HUND
Fussel – oder „Kalle vom Herberhäuser Stieg“ – sein wahrer Züchtername, war die logische Konsequenz meiner späten jagdlichen Passion. Jagd ohne Hund ist Schund und Familie ohne Hund ist unvollständig. Dazu noch ein Leben auf dem Lande, drei Kinder, deren Tierliebe hätte längst erfüllt werden müssen und ein Haus und Grundstück, das groß genug für einen weiteren Zuwachs war.
Die Entscheidung fiel schnell. Der Name Fussel war die selbstverständliche Fortsetzung einer Vornamensserie unserer Kinder: Fendina, Friederike und Florens…also Fussel, so hatte auch mein Freund Rudi seinen ersten Dackel genannt.
Fussel war ein Bild von einem Rauhaardackel und sofort der Liebling der Familie. Mit all seinen liebevollen Eigenschaften aber auch mit seinem sturen Kopf stellte er an mich die höchsten Herausforderungen an Appell, Erziehung und jagdlicher Ausbildung. Die größte Schwierigkeit bestand in dem Spagat, familiäre Regeln und Hausordnung mit jagdlicher Führung zu vereinbaren. Diese beiden Aufgaben waren für Hund und Herrchen gleichermaßen schwer zu lösen. Wir gaben uns die größte Mühe.
Zwei Beispiele mögen für zahlreiche spannende und kuriose Geschichten stehen, die unsere Freundschaft so einzigartig gemacht haben.
Der erste Winter, den Fussel als Welpe erlebte, war noch ein Winter mit Schnee und Eis, Schneeballschlachten und Schlittenfahren und Fussel und die Kinder mittendrin. Einen solchen Wintertag verbrachten wir zu fünft im Lichtenhagener Revier, die drei Kinder, Fussel und ich. Dabei verband ich das Nützliche mit dem Spielerischen, zog die Kinder auf dem Schlitten mit dem Auto hinter mir her und beschickte die Kirrungen und kontrollierte das Revier. Fussel lief fröhlich nebenher und schnüffelte neugierig alles ab, was ihn interessierte.
Ganz am Ende dieser Runde, schon fast wieder auf dem Weg nach Haus war Fussel plötzlich verschwunden. Ich hörte nur noch in der Ferne sein helles Jiff und Jaff. Ohne große Sorge warteten wir auf seine Rückkehr und freuten uns schon auf die warme Stube. Doch Fussel kam nicht. Weder mein Rufen, noch die Pfeife brachten ihn zurück.
Unsere Unruhe wuchs von Minute zu Minute und die Kinder fingen an zu frieren. Ihre Angst um den armen kleinen Hund rührte auch mein Herz, allein Fussel blieb verschwunden. Inzwischen wurde es dämmrig und ich musste irgendetwas machen.
Also stellte ich den Schlitten an die Stelle, an der Fussel zuletzt im Unterholz verschwunden war, legte meinen Rucksack darunter und eine Decke obendrauf und fuhr mit den Kindern zurück ins Dorf. Angesichts der heulenden Kinder, des verlorenen Hundes und meiner schuldbewussten Miene brach ein mütterliches Donnerwetter über mich her, das sich gewaschen hatte.
Sesamstrasse geriet zur Nebensache, das Abendbrot in Vergessenheit und die einzige Frage war, wann fahre ich hoch um nachzuschauen was los ist. Keiner wollte mit, aber ich sollte es ja nicht wagen, ohne den Hund zurückzukommen. Zugegeben, mir ging`s auch nicht gut, aber ich hatte ja Schuld.
Die sieben Minuten Autofahrt ins Revier waren ein Martyrium und die letzte Kurve bis zum Schlitten eine Qual. Die Scheinwerfer erfassten den Schlitten und das helle Leuchten der Pupillen…von Fussel. Ein zentnerschwerer Felsen fiel mir vom Herzen. Da lag er auf meinem Rucksack, heftig mit der Rute klopfend und mit einem Blick, den ich nie vergessen werde: Freude, Dankbarkeit, Erleichterung und eine Riesenportion schlechtes Gewissen. Ich ließ ihn gar nicht wieder los und auf der Rückfahrt durfte er auf meinem Schoß sitzen und die Eiskugeln aus seinem Fell tauten langsam auf meine Hose. Ich war so froh. Aber noch glücklicher waren die Kinder. An diesem Abend hätten sie ihn am liebsten mit ins Bett genommen.
Es folgte eine intensive Ausbildung, deren Maßnahmen von professionellen Rüdemännern, den guten Ratschlägen meiner Jagdfreunde und selbst Hundebesitzer und der begleitenden Lektüre einschlägiger Fachliteratur auf das Beste unterstützt wurden. Vom einfachen Appell bis zu jagdlichen Übungen auf der Schweißfährte, vom Totverbellen des erlegten Wildes bis zu Wachhundpflichten auf unserem Grundstück, alles wurde geübt. Das Apportieren eines schwachen Überläufers oder einer Flugente aus dem Teich habe ich ihm erspart…dafür hatte er aber auch strengstes Verbot bei der Baujagd, ein Versprechen gegenüber der Familie.
Nun, seinen zweiten großen Auftritt hatte Fussel erneut bei einem winterlichen Spaziergang, den ich mit meinen engsten Jagdfreunden im tiefverschneiten Revier unseres Oberförsters Klaus machte. Vier Hunde vier Rüdemänner, ein sonniger Adventvormittag und beste Stimmung und Vorfreude auf das bevorstehende Weihnachtsfest.
Mein grundguter Rauhaar war der jüngste, kleinste und unerfahrenste aller vier Jagdbegleiter und deshalb auch der größten Kritik und Skepsis aller Freunde ausgesetzt. Mancher verstieg sich sogar zu der missbilligenden Äußerung, der Hund sei nicht einmal zweihundert DM wert. Das verletzte mich zutiefst, auch wenn es im Spaß gemeint war.
Wortlos ließ ich Fussel ablegen und ging ohne Kommentar weiter. Nach mehr als hundert Meter schauten sich die anderen um und blickten mich fragend an, er lag noch auf der Stelle. Ein kurzer Ruf von mir und Fussel kam heran und legte sich bei Fuß ab. „Zufall“, höhnten die Freunde.
Ich wiederholte die Übung. Diesmal auf eine längere Distanz und in einer Kurve, sodass wir keine Blickverbindung mehr zum Hund hatten. Er kam erneut brav heran, diesmal auf Pfiff.
Das Erstaunen der Beobachter wechselte in leichte Ungläubigkeit. Noch immer sagte ich kein Wort und ließ Fussel zum dritten Mal ablegen und dieses Mal auf eine noch größere Entfernung, wieder ohne Blickkontakt. Dann forderte ich Rudi auf, den Hund heranzupfeifen, was er auch mit großer Erwartung tat. Jedoch, der Hund kam nicht! Spöttisch grinsend quittierte er den von ihm erwarteten Misserfolg mit der Bemerkung:“ Sage ich doch!“
„Nein“, konterte ich, „er hört nur nicht auf deinen Pfiff, versuch`s noch mal!“ Fussel kam nicht. Fassungslose Verwunderung ergriff die Truppe. Dann mein Pfiff. Nach wenigen Augenblicken sahen wir ihn mit wehenden Ohren um die Ecke kommen.
Ich werde diesen Anblick nie vergessen…die kleinen Eiskugeln klimperten an seinem Fell und mein Stolz fand keinen Platz mehr in meiner Brust. Wie ein Wilder stürmte er auf uns zu, als die allgemeine Sprachlosigkeit von einem Satz durchbrochen wurde: „Der ist ja sein Zehnfaches wert!“
Und genau in diesem Augenblick wetzte er an uns vorbei und ließ mich wie angewurzelt und blamiert stehen.
Eineinhalb Tage war Fussel verschwunden, kein Rufen, Pfeifen, Suchen hatten Erfolg, er war wie vom Erdboden verschluckt. Weihnachten drohte zum Drama zu werden, die Familie lag in kollektivem Kummer. Da klingelte es an der Tür. Ein Bekannter aus dem Dorf hatte Fussel auf dem Arm. Im Wald hatte er ihn gefunden, unweit der Stelle, wo er seine Übung entrüstet abgebrochen hatte.
Fussel war wieder da, Weihnachten gerettet, aber eine solche Demonstration habe ich nie wiederholt, dafür war mir mein treuer Hund zu lieb und unbezahlbar.
EIN UNZERTRENNLICHES DUO