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Wohin mit mir?

Die Anzeige, welche ab dem 19. Oktober 2066 täglich im Göteborgs-Posten, der zweitgrößten schwedischen Tageszeitung im Kontaktanzeigenbereich erschien, mutete befremdlich an.

Ich, weiblich, 28 Jahre, 172 Zentimeter bei 68 Kilogramm mit festen, spitzen Brüsten, Körbchengröße 74C, langen braunen Haaren und blauen Augen, Scham immer enthaart, wohlhabend verwitwet, suche zum schnellst möglichen Termin eine neue Besitzerin, welche mir den Weg durchs Leben weist. Anfragen von Männern werden nicht beantwortet. Anfragen von interessierten, potentiellen Herrinnen bitte ausschließlich über die Website www.evy-sucht.net mit kurzem Vorstellungsvideo und Bereitschaft für näheres Kennenlernen zunächst im Video-Chat auf der Site und dann auf neutralem Grund. Keine finanziellen Interessen vorhanden. Geld habe ich genug und suche nur eine neue Herrin.

-*-

2. Januar 2067: Evy stand wie jeden Morgen seit der Beerdigung Gunnys am 12. Oktober 2066 um 9: 00 Uhr an deren Grab und weinte um sie. Damals, an jenem verhängnisvollen 10. Oktober, hatte sich Gunnys Fallschirm nicht geöffnet und der Ersatzschirm riss sich kaum, dass er sich entfaltet hatte, los. Später sollten die Ermittler feststellen, dass die Fallschirme manipuliert waren. Evy musste, an ihrem Fallschirm hängend, zusehen, wie ihre geliebte Frau auf die Felsen an der Ostküste nördlich von Stockholm prallte und ihr Leben ausgelöscht wurde.

Für kurze Zeit richtete sich der Verdacht der Ermittler gegen Evy, denn dieser wurde ein Motiv, Habsucht, unterstellt, weil sie seit 2063 Gunnys Ehefrau war. 20623 hatte Gunny ihr neue Papiere besorgt, sie zur Schwedin werden lassen, weil Evelyn Brinkmaier seit Jahren vermisst wurde und sie in Erklärungsnöte gekommen wäre. Dann hatte sie sie geheiratet, um ihr Sicherheit zu geben. Aus Evelin Brinkmaier wurde offiziell Evy Sandersboem und aus dieser durch die Heirat Evy de Blondstråem.

Die Ermittler stellten dann jedoch recht schnell fest, dass die Firma, welche die Fallschirmsprünge anbot, nur Sprünge mit firmeneigenen Schirmen zuließ und einer der Angestellten, welche sie packten, ein gefährlicher Psychopath war, welcher das Material in verheerender Weise manipulierte.

Gunnys Leichnam wurde daraufhin für die Beerdigung freigegeben und Evy konnte ihr Erbe legitim antreten.

„Ich vermiss Dich so, Gunny. Warum hat das Schwein Dich umgebracht, warum? Du fehlst mir so und ich finde keine andere. Keine, der ich so wie Dir gehören möchte. Ich inseriere seit Monaten und was ich an Anfragen bekomme, kommt von alten fetten Vetteln, oder bösartigen Schlägerinnen.“

Evy verharrte wie immer eine knappe halbe Stunde an Gunnys Grab, legte eine frische rote Rose auf den Grabstein, ging dann mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf nachhause.

Sie war jetzt wohlhabend, sehr wohlhabend und hätte sich die schönsten Frauen kaufen können, aber das wollte sie nicht. Sie wollte eine neue Herrin, welcher sie gehören und dienen könnte, welche ihr wie damals Juliane und danach Gunny sagte, wo es langging. Das ‚wohin‘ war dabei nebensächlich, konnte jede erdenkliche Richtung sein. Wichtig war, dass sie gelenkt wurde, denn sie fühlte sich wie die Nadel eines Kompass direkt am Nordpol, immer im Kreis drehend und orientierungslos. Sie brauchte und suchte Führung in den Armen einer Frau, welche sie lieben konnte, welcher sie gehören wollte.

Deshalb richtete sie die Homepage ein und inserierte seit Monaten in der Zeitung. Aber das, was sich auf das Inserat hin auf ihrer Seite meldete, waren entweder alte, hässliche Schachteln aus dem Ausland, welche glaubten, eine persönliche Sklavin als Pflegekraft missbrauchen zu können, oder Frauen, welche das große Geld witterten, sich ihr als Domina anbiederten und versprachen, sie regelmäßig zu erniedrigen und zu schlagen, wenn sie dafür entsprechend tief in die Brieftasche greifen würde. Und natürlich waren da zahlreiche Männer, welche sich unter falschen Namen anmeldeten, weil sie das ganze für eine neue, interessante BDSM-Masche hielten, aber spätestens dann, wenn es in den Videochat ging, verloren und abserviert wurden.

Evy war inzwischen an dem Punkt, an dem sie die Antworten auf ihr Inserat auf ihrer Homepage mehrfach las, um sie und die dahinter steckenden Absichten zu verstehen, ehe sie sich zur Kontaktaufnahme entschied. Dadurch grenzte sie zwar nach und nach das weite Feld der Enttäuschungen nachhaltig ein, aber sie geriet dennoch nicht an die Frau, welche ihr geeignet erschien, ihre neue Herrin zu sein. Um 10: 22 Uhr, während sie in einem kleinen Café in der Nähe ihres Stadthauses, in welchem sie mit Gunny die glücklichen Jahre verlebte, wie gewohnt ihren Kaffee trank und Gunny zu ehren ein Stück Blaubeerkuchen mit Sahne verzehrte – weil Gunny das geliebt hatte – meldete ihr Smartphone:

,Du hast 15 neue Kontaktanfragen auf www.evy-sucht.net‘

Immerhin, fünfzehn neue Kontaktanfragen. Über Weihnachten und Neujahr waren die Anfragen drastisch zurückgegangen und Hoffnungslosigkeit machte sich in ihr breit. Jetzt schien die Welt wieder zu erwachen und damit kam leise Hoffnung auf. Sie aß wie gewohnt den Kuchen, trank in aller Ruhe ihren Kaffee aus und ging dann über die Straße in ihr jetzt leeres Haus in welchem sie sich so unendlich viele Male mit Gunny auf dem Bärenfell vor dem Kamin geliebt, ihr den Hintern versohlt hatte.

Gunny hatt sie nie eingesperrt, ihr sogar ihre Handtasche und ihre Papiere gegeben, damit sie sich frei bewegen konnte und die anfangs von ihr erwähnten ominösen Anlässe zu denen es wichtig gewesen wäre, dass sie ihr Tattoo am Hintern besaß, fanden niemals statt, oder Gunny verzichtete darauf dort hin zu gehen, weil sie mit Evy glücklich war.

Gunny schenkte ihr zur Hochzeit einen Ford Mustang Bullit der Auflage 2060 mit 5 Litern Hubraum und über 600 PS, welchen sie bei Göteborg in einer stürmischen Nacht zu Schrott fuhr. Gunnys Reaktion auf den Crash war lediglich, dass sie ihre geliebte Evy in die Arme nahm, sich dafür bedankte, dass sie unverletzt aus dem Wrack heraus kam und ihr am nächsten Tag eine original Corvette Spitfire Baujahr 1967 schenkte.

Dass Gunny mehrere Milliarden Euro schwer war und ihr Privatvermögen allein durch Zinsen jeden Morgen, wenn sie aufwachte, um 20.000.000 Euro wuchs, erfuhr sie erst, als ihr die Notare das Testament eröffneten. Tatsächlich realisierte sie aber absolut nicht, dass sie extrem reich war, verstand lediglich, wohlhabend zu sein. Die genauen Zahlen erreichten sie nicht wirklich.

Jetzt war das Haus, in welchem sie sich so wohl gefühlt hatte, leer und kalt und sie bewohnte im Prinzip nur noch die Küche, das Bad und das Schlafzimmer. In die übrigen Räume, vor allen das Wohnzimmer mit dem Kamin, ging sie nicht mehr, denn dort hielt sie es nicht mehr aus, weil alles, absolut alles dort sie an Gunny erinnerte.

Sie setzte sich wie gewohnt mit einer Flasche Irischen Whiskeys, einem Aschenbecher, Feuerzeug und Zigaretten auf das riesige Bett im Schlafzimmer, nahm ihren Laptop und scrollte, wenig hoffend, durch die neuen Kontakte. Gelangweilt löschte sie einen Eintrag nach dem anderen, weil sie die dahinter steckende Motivation inzwischen sehr gut allein schon anhand der Wortwahl erkennen konnte. Dann, beim vierzehnten neuen Eintrag erstarrte sie förmlich und sah mit großen Augen auf das Display.

,Hallo, ich bin Wendy, Inhaberin eines Catering-Service in Leipzig/Germany. Meine 155 Zentimeter mit kleinen Brüsten, aber großen Nippeln, suchen verzweifelt nach meiner geliebten Evy. Bist Du meine süße Evy???? Dann melde Dich bitte!!‘

Mit zitternden Fingern und Tränen in den Augen aktivierte sie die Kamera im Display des Laptop und wechselte dann in den Video-Chat, startete dort einen Anruf. Drei Stunden lang ließ sie es immer wieder klingeln, aber der Anruf wurde nicht angenommen, vom System nach vier Minuten automatisch beendet und sie war schon kurz davor, den Laptop frustriert an die Wand zu schmeißen, sich zu betrinken und es dann mit ein wenig Glück zu schaffen, sich aus dem Fenster zu stürzen, als der Anruf plötzlich angenommen wurde und ein Gesicht auf dem Bildschirm erschien.

„Evy? Bist Du das, Evy?“

„Wendy? Du bist älter geworden... aber Du bist wirklich meine Wendy.“

„Ja, Schatz. Ich bins, Deine Wendy mit den tollen Nippeln. Wo bist Du?“

„In Stockholm. Wie kommst Du an eine Anzeige in einer schwedischen Zeitung?“ „Ich hab Dich überall gesucht, Evy. Auf der ganzen verdammten Welt hab ich nach Dir gesucht. Ich sitz schon in meinem Jet und mein Pilot muss nur noch wissen, wo er hinfliegen muss.“

„Ich sag den Leuten im Flughafen Stockholm-Västerås Bescheid. Da musst Du hin. Ich hol Dich dort ab, Wendy.“

-*-

„Du hast jetzt nen eigenen Catering-Service?“

„Ja. Nachdem Juliane mir verboten hat, Dich zu sehen, hab ich gekündigt und mich selbständig gemacht. Und dann, als ich erfolgreich mit dem Konzept des erotischen Catering wurde, hab ich nach Dir gesucht, Schatz.“

„Soll ich zu Dir ziehen, oder ziehst Du hier bei mir ein?“

„Mir egal, wie Du möchtest.“

„Nein, bitte. Sag das nicht so, Schatz. Ich… ich kann diese Entscheidung nicht fällen.“

„Huch? Warum nicht, Evy. Du musst doch entscheiden können, ob Du hier in Stockholm oder lieber in Leipzig leben möchtest.“

„Nein, Schatz. Ich kann keine Entscheidungen fällen. Ich habe diese Fähigkeit nicht mehr. Ich kann entscheiden, was ich heute Mittag essen möchte, oder ob ich Dich ausziehen will oder es mir reicht, Dir unter den Rock zu greifen, aber ich kann keine Dinge entscheiden, die Veränderungen in mein Leben bringen.“

„Das verstehe ich nicht, Süße, Hast Du das noch nie gekonnt?“

„Doch, die alte Evelyn Brinkmaier konnte das. Bis sie Juliane traf und die ihr diese Fähigkeit weg dressierte. Evy de Blondstråem hat diese Fähigkeit nicht und braucht Führung. Deshalb hab ich doch so verzweifelt nach einer neuen Herrin gesucht.“ „Also," Wendy überlegte kurz, „wenn Du möchtest, übernehme ich gerne große Entscheidungen für Dich, aber ich werde Dich nicht im Alltag versklaven. Ich will nicht Deine Herrin sein und Du gehörst mir nicht. Ich werde Deine Führerin sein, wenn es um die wichtigen Dinge geht, Dir aber keine Zwänge auferlegen. Kommst Du damit klar?“

„Ja," Evy strahlte Wendy glücklich an, „ja, damit komme ich klar. Keine Sklavin, aber geführt. Das ist schön.“

„Gut, dann verlege ich meinen Wohnsitz hierher in Dein Haus. Ich habe fähige Leute daheim, welche den Laden in Schwung halten und mir nicht ständig am Rockzipfel hängen müssen. Das ist jetzt entschieden. Ich ziehe hier ein. Einverstanden?“

„Ja, einverstanden. So gefällt mir das. Weißt Du, am Anfang, als Gunny mich gekauft hat und all diese Regeln und Rituale, die uns in Julianes Haus auferlegt wurden, ihre Gültigkeit verloren, habe ich echte Probleme gehabt. Ich wurde zum Beispiel um Punkt 5: 30 Uhr wach und hab Panik bekommen, weil ich das Bett nicht machen konnte, weil Gunny noch drin lag. Und eine Stunde später hab ich vor der Tür der Kajüte gekniet und drauf gewartet, dass sie zur morgendlichen Kontrolle kommt, Angst gehabt, weil ich mich in der kleinen Dusche unter Deck nicht richtig duschen konnte. Dann hat sie mich gesucht, schon Angst bekommen, fand mich vor der Tür und ist mir weinend um den Hals gefallen und hat mit mir geschimpft, weil ich im Kopf noch immer die Sklavin war. Sie hatte es sicher nicht einfach mit mir und ich auch nicht. Aber immerhin, ich kann inzwischen wieder in ein Restaurant gehen und mir aus der Karte aussuchen, was ich essen möchte.“

Wendy hörte aufmerksam zu und nickte schließlich.

„Dann machen wir da weiter, wo Gunny mit Dir aufgehört hat. Du entscheidest, wo wir nachher essen. Und Du entscheidest das ganz allein, ohne mich zu fragen, auf was ich Lust habe.“

„Gut, ich denke drüber nach. Aber dann darfst Du mir nicht böse sein, wenn ich etwas aussuche, was Dir nicht gefällt.“

„Das werde ich nicht, Schatz. Du darfst keine Angst davor haben.“

Sie lagen auf dem Bärenfell vor dem Kamin, schmusten zärtlich während dieser Unterhaltung und Wendy trank Champagner in kleinen Schlückchen aus Evys Bauchnabel, als ihr auffiel, dass es ein sündhaft teurer Schampus war. Erst jetzt sah sie sich bewusst im Wohnzimmer um und stellte fest, dass alles im Raum hochwertig und teuer war. Allein das große Ölgemälde über dem Kamin, ein Original von Rembrandt, musste ein Vermögen gekostet haben und der Flügel von Steinway & Sons drüben in der Ecke kostete soviel wie ein Mittelklasse-Wagen. „Gunny war vermögend, hm?“

„Ja, war sie. Warum?“

„Und Du hast das alles geerbt. Weißt Du woher Dein Geld kommt und wie viel Du besitzt?“

„Nö, keine Ahnung.“

„Du weißt nicht, wie groß Dein Vermögen ist?“

„Nein," Evy lachte fröhlich, „ich hatte vor zwei Wochen einen Anfall von Selbständigkeit, wollte mir ein neues Auto kaufen und bin in ein Autohaus gegangen, hab mir den silbernen Bentley angesehen. Der Verkäufer hat sich fast bis zum Boden vor mir verbeugt und natürlich, weil ich immer nur ‚Ja, O.k.‘ sagte, alles in das Auto gestopft, was machbar ist. Dann hab ich vorsichtig nach dem Preis gefragt und die Bank angerufen, ob ich mir das leisten könnte. Die junge Frau am anderen Ende der Leitung hat nur gelacht und gemeint, ich wolle sie auf den Arm nehmen und es wäre noch nicht Fools-Day. Also hab ich den Wagen mit meiner Kreditkarte bezahlt und der Verkäufer hat nicht mal mit der Wimper gezuckt.“

„Und was hat Dich der Wagen gekostet? Ist es der silberne vor der Haustür?“

„Ja, der silberne. Ich glaub, das waren so etwa 3 Millionen Schwedische Kronen, also rund 380.000 Euro.“

„Autsch. Und die Frau bei der Bank fragt, ob Du sie veräppeln willst. Hast Du irgendwo Bankdaten von Dir?“

„Ja, auf meinem Smartphone," Evy erhob sich, ging an den Wohnzimmertisch und nahm ihr Handy aus ihrer Handtasche.

Sie gab Wendy die PINs für die Banking-Apps auf dem Gerät und diese schmökerte interessiert in den Daten, welche für Evy wie Bücher mit sieben Siegeln waren, weil sie irgendwann jeglichen Bezug zu materiellen Dingen verloren hatte und aufhörte zu denken. Schon bald bekam Wendy große Augen, äußerte wiederholt Unglauben und schüttelte den Kopf.

„Mal ganz ehrlich, Schatz. Du weißt nicht, wo Dein Geld her kommt?“

„Nö.“

„Na dann… Durch Dein Erbe bist Du die Besitzerin der größten europäischen Yacht-Werft. Allein Deine Privatyacht hat einen Wert von 50 Millionen Euro.“

„Nee, das ist ein 17-Meter-Boot, das da im Hafen liegt.“

„Du meinst die Giggy, die vor Nynäshamn an den Felsen vor Anker liegt?“

„Ja, die, mit der Gunny und ich nach Schweden kamen und mit der wir ein paar schöne Turns gemacht haben.“

Wendy lachte vergnügt und tätschelte Evys Hintern.

„Schatz, die Giggy ist ne Nussschale gemessen, an der MS Gunessa, die in Bremen liegt. Die Gunessa ist 57 Meter lang.“

„Huch? Ehrlich?“

„Ja. Deine Werft baut Luxus-Yachten und Du bist eine der reichsten Frauen Schwedens. Gunny hat… Moment, wo war es… ah, hier… also Gunny hat zum Beispiel im Mai 2053 den Löwenanteil der Aktien an Volvo gekauft. Dir gehören 68 Prozent der Aktien von Volvo. Du hättest Dir lieber einen Volvo, anstelle des Bentley kaufen sollen.“

„Oje," Evy kicherte verlegen, „dann müssen wir morgen einkaufen gehen, oder? Ich meine, ich muss Doch als Schwedin auch ein schwedisches Auto fahren.“

„Ganz genau, Schatz.“

„Hm… ich versteh nur eins nicht, Wendy.“

„Was?“

„Ich meine, wenn ich Besitzerin dieser Yacht-Werft und Hauptaktionär von Volvo bin. Warum arbeite ich dann nicht und wühle in Vorständen rum und so.“

„Weil Du eine ganze Armee von Leuten bezahlst, die das für Dich machen. Gunny hat schon 2059 aufgehört selber zu arbeiten. Und… der Bentley… das war übrigens ein Taschengeld. Du verdienst alleine aus den Zinsen jeden Tag mindestens 20 Millionen Euro. So ganz steig ich da noch nicht durch, aber Dein Privatvermögen macht einige Milliarden aus.“

„Zwanzig Millionen?“ fragte Evy ungläubig und versuchte sich die Summe vorzustellen, „jetzt ist mir schwindelig, Schatz. Jetzt versteh ich auch, warum ich ständig von diesen Paparazzi verfolgt werde. Die sind lästig, würden mich am liebsten auf‘m Töpfchen knipsen und dann berichten, was ich geschissen habe.“ „Tjo, Geldsorgen hast Du sicher keine.“

„Na, Du aber auch nicht. Wenn Du was für Deinen Catering-Service brauchst... Ich sprech morgen mit der Bank und geb Dir Vollmachten für meine Konten. Ich kann damit eh nix anfangen.“

„Bravo, Schatz," antwortete Wendy vergnügt.

„Warum?“

„Na, das ist doch eine wirklich große Entscheidung, die Du da gerade gefällt hast. Du gibst mir die Vollmachten für Dein Vermögen. Das ist eine wichtige Entscheidung und die hast Du ganz alleine gefällt. Ich hab nie gesagt, dass ich Geld für mein Unternehmen brauche. Oder?“

„Stimmt, hast Du nicht. Du hast recht, das war eine echte Entscheidung.“

„Geht doch.“

„Ja… aber können wir jetzt bitte aufhören vom Geld zu reden?“

„Sicher, Schatz. Was möchtest Du?“

„Dich verwöhnen, dann mit Dir indisch essen gehen, Dich danach wieder verwöhnen und morgen früh mit Dir im Arm aufwachen und wissen, dass Dir niemand verbietet, mich zu sehen.“

„Dann haben wir einen Plan, Schatz. Guck mal zwischen meine Beine, das will gestreichelt werden.“

„Ja, Herrin.“

-*-

Sie hielten sich an Evys Plan ungeachtet der Tatsache, dass Wendy aufgrund schlechter Erfahrungen in einem indischen Restaurant in Bochum gewisse Bedenken, welche sie natürlich nicht äußerte, hatte. Letztlich erwies sich aber, dass das von Evy gewählte Etablissement eine sehr gute Küche und äußerst angenehmes, freundliches Personal hatte.

„Und, hat Dir meine Wahl gefallen, Schatz?“

„Jaa, Evy. Sehr gute Küche und sehr gute Entscheidung. Es geht doch.“

„Ja, manchmal, Schatz. Gunny hat mir zwar viele Freiheiten gegeben, mich nicht eingesperrt und auch nie geschlagen, aber sie hat mich immer geführt. Ich musste nie selber entscheiden und wenn ich zum Beispiel sagte, ich würde gerne mal dies oder das machen, dann war letztlich sie es, welche dann entschied. Seit sie tot ist, musste ich die Entscheidungen fällen, aber das konnte ich nicht. Also habe ich nichts getan, sie jeden Tag auf dem Friedhof besucht und ansonsten nur daheim gesessen. Das einzige, was ich sonst gemacht habe, war jeden Tag Blaubeerkuchen im Café zu essen, weil sie den geliebt hat.“

„Und Du hast ein Bentley-Coupe für 380.000 Euro gekauft.“

„Na ja… letztlich hat der Verkäufer gesagt, ich müsse es haben und ich habe ja gesagt. Ich fand es nur schick, wollte es mir nur ansehen und dann hat er es mir verkauft. Mit allem Schnickschnack und so.“

„Und? Wie fährt es sich?“

„Weiß nicht.“

„Du weißt es nicht? Du hast es doch nach der Zulassung abgeholt.“

„Nee, die haben es mir so, wie es jetzt da steht vor die Tür gestellt und mir nen Blumenstrauß in die Hand gedrückt.“

„Du hast seid zwei Wochen ein Coupe von Bentley mit 450PS vor der Tür stehen und bist noch keinen Meter damit gefahren?“

„Ja. Zum Friedhof komme ich mit der Bahn und… wohin sollte ich sonst fahren? Ich hab die Corvette auch schon seit Gunnys Tod nicht mehr aus der Garage geholt.“ „Gibt‘s ja nicht. Schatz, Du hast gesagt, Du möchtest mich verwöhnen. Richtig?“

„Ja. Weil Du endlich da bist. Deshalb soll das Dein Abend sein.“

„O.k. Bei Lysekil gibt‘s ein kleines, kuscheliges Hotel direkt am Fjord, da hab ich vor zwei Jahren mal Urlaub gemacht. Da würd ich gerne heute Nacht mit Dir sein und mich verwöhnen lassen.“

„Lysekil? Das sind etwa 500 Kilometer.“

„Genau, und Du hast nen schönen, nagelneuen Flitzer vor der Tür stehen.“

„Und wenn die nix frei haben?“

„Dann suchen wir uns was anderes. Abenteuer. Verstehst Du Schatz?“

Evy überlegte einen Moment, verstand nur zu gut, dass Wendy eine Entscheidung von ihr erwartete und sie keine Wahl hatte, diese abzuwälzen.

„O.k.," sie ging an das Schlüsselschränkchen und nahm den Schlüssel, einen unscheinbaren Chip mit dem Logo der Marke, heraus, „dann komm. Wenn wir jetzt losfahren, können wir um 20: 00 Uhr da sein.“

Wendy griff ihre Handtasche und strahle Evy glücklich an.

„Danke, Schatz. Soll ich anrufen und versuchen, zu reservieren?“

„Ja, bitte.“

,Na geht doch.‘

„Dann los, zeig mir den Flitzer.“

Unheiliges Leben

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