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6.5 Das Bild Chinas in den Berichten von Missionaren und Kaufleuten

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Zu Schreckgespenstern wurden im 13. Jh. die Mongolen und Tataren, die in Russland, Armenien, auf dem Balkan einfielen. Zeitgenössische Autoren entwarfen apokalyptische Zerrbilder dieser „unmenschlichen“ Eindringlinge. Der italienische Franziskaner Johannes de Plano Carpini (ca. 1182–1248/52) erwähnte in seinem Reisebericht über die Mongolen auch den Buddhismus. Für die Geschichte der Religionswissenschaft ist seine „Geschichte der Mongolen“ (1245–1247) relevant. Sie war der erste christliche Augenzeugenbericht über die (religiöse) Welt Ostasiens: Kiew, Reich der Goldenen Horde, Karakorum. Carpini thematisierte neben ethnographischen Themen die „Art und Weise ihres Glaubens“ und ihre „religiösen Gebräuche“.

Beispiel mongolischer Religionstheologie

Der flandrische Franziskaner Wilhelm von Rubruk/Ruysbroek (zwischen 1215/1220–ca. 1270) befasste sich in seinem „Itinerarium Wilhelmi de Rubruc“ (1255) mit dem mongolischen Vielvölkerreich, überlieferte ein detailliertes, „objektives“, friedliches Bild dieses Volkes. Auch wenn er die religionspluralistische Situation im Mongolenreich (u.a. Vajrayana-Buddhisten, Nestorianer, Muslime, mongolischer Synkretismus) nicht schätzte und der christlichen Mission Bahn brechen wollte, schrieb er zwei differenzierte Kapitel über den Buddhismus. In der Geschichte des interreligiösen Dialoges nimmt sein religiöses Streitgespräch mit dem Großkhan einen hohen Rang ein. 500 Jahre vor Lessings Ringparabel formulierte er das Bekenntnis: „Wir Mongolen (…) glauben, dass es nur ein Gott ist, in dem wir leben und in dem wir sterben und auf ihn ist unser Herz gerichtet. (…) Aber wie Gott der Hand verschiedene Finger gegeben hat, so hat er auch den Menschen verschiedene Wege gegeben, selig zu werden“ (Kapitel 18).

Großen Publikationserfolg hatte der Bericht des venezianischen Kaufmanns Marco Polo (1254–1324) über seine Reise nach China. Diese immer wieder als Erfindung abgetane Reise fand wohl wirklich statt (Schütte 2008; Vogel 2012; anders Bayard 2013). Marco Polo berichtete über die Buddhalegende, das hohe Ethos der buddhistischen Einsiedler. Er lernte die im Palast Kublai Khans tätigen tibetischen Lamas kennen. Diese „Zauberer“ wären „kraft ihrer Weisheit und Beschwörungsformeln“ in der Lage gewesen, in das Geschehen der Natur einzugreifen und Regen und Unwetter vom Hofe abzuwenden.

Carpini, Rubruk oder Marco Polo kann man nicht als Religionswissenschaftler bezeichnen. Sie lieferten jedoch für ihre Zeit neues empirisches Wissen über fremde Religionen, das über die Kenntnisse der antiken Autoren hinausging. Informationen über den Buddhismus wurden zu Beginn der Neuzeit von römisch-katholischen Missionaren (Franz Xavier, 1506–1552) verbreitet, die im 16. und 17. Jh. nach Fernost vordrangen.

Das Genre der Reisebeschreibungen informiert seine Leser über ferne und fremde Länder, deren Einwohner und (religiöse) Sitten und Bräuche. Dabei wird die fremde, alterative Wirklichkeit mit Begriffen der eigenen Kultur und Religion gedeutet. „In den Reisebüchern dient die Darstellung einer fremden Wirklichkeit der Festigung ethischer Normen des ‚Eigenen‘, indem das ‚Fremde‘ mit seinem Wertesystem als Gegensatz zum ‚Eigenen‘ dargestellt und gleichzeitig aufgrund der Unterschiede dem ‚Eigenen‘ gegenüber herabgesetzt wurde“ (Nushdina: 161).

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