Читать книгу Einführung in die Geschichte der Religionswissenschaft - Udo Tworuschka - Страница 28
7.10 Objektkultur
ОглавлениеMedienkonflikte
Bereits in antiken Buchrollen und Kodices kamen vereinzelt Illustrationen vor, und im Mittelalter gab es schon die Buchmalerei. Die eigentliche Geschichte der Buchillustration begann im 15./16. Jh. Wissenschaftliche Lehrwerke der Anatomie, Kräuterkunde, ethnologische und religionswissenschaftliche Publikationen verwandten wissenschaftliche Illustrationen zur optischen Veranschaulichung. Das Reformationszeitalter wurde nicht zuletzt auch durch einen Medienkonflikt geprägt: Während Protestanten im (geschriebenen/gesprochenen) Wort das alleinige Verkündigungsmedium sahen – und die Katholiken mit Idolatrievorwürfen überhäuften –, rechtfertigten jene den Einsatz von Medien in Gestalt von sinnlich konkreter, religiös erfahrbarer Materie. So wurden am Medium Bild interkonfessionelle Konflikte ausgetragen, die sich etwa in Bilderstürmerei als physische Gewalt gegen Medien entluden.
Auch fremde Religionen inszenierte man durch Medien. So entstanden christlich-islamische und andere Medienkonflikte bei der Konfrontation mit dem türkischen/osmanischen Reich und der Begegnung mit der exotischen Welt in Übersee.
Kunst- und Wunderkammern
Fürsten, wohlhabende Bürger, Universitäten, botanische Gärten, Rathäuser und Bibliotheken sammelten nicht-europäische „Objekte“ – im Unterschied zu den Dingen und Gebrauchsgütern, den „commodities“ haben sie nach Susan Pearce „kulturelle Bedeutung“ –, stellten sie aus und machten sie öffentlich zugängig. Das Studium der Antike, die Wendung zur Empirie mit der Entstehung der Naturwissenschaften sowie die Begegnung mit fremden Kulturen verstärkte das Interesse an der Objektkultur. Insbesondere die städtische Bevölkerung nahm die von den Überseereisen stammenden Objekte, etwa kultische Gegenstände, Exotica (Kuriositäten) und Götterfiguren, aufmerksam wahr. In „Kunst- und Wunderkammern“, deren Vorläufer die mittelalterlichen Schatzkammern waren, sammelte man Objekte aus Asien, Afrika und Amerika sowie Antiken und Messgeräte. Diese außereuropäischen Sammlungsobjekte dienten nicht nur als Informationsträger, sondern waren zugleich Projektionsflächen für das Fremde. Diese „projektive Ethnographie“ (Collet 2007: 332–348) war gewissermaßen ein „Selbstgespräch, das die Europäer mit dem auf die Exotika projizierten ‚exotischen Anderen‘ führten“ (ebd. 348).