Читать книгу Lerntherapie – Geschichte, Theorie und Praxis (E-Book) - Ueli Kraft - Страница 10
1.3.2 Die Zeitschrift für psychoanalytische Pädagogik (ZfpP)
ОглавлениеDie Zeitschrift wurde 1926 in Wien von Heinrich Meng (Stuttgart) und Ernst Schneider (Riga) begründet, das Herausgeberteam erweiterte sich nach einigen Wechseln (Adolf Storfer war kurz dabei) nach 1932 um August Aichhorn, Paul Federn, Anna Freud (alle Wien) und Hans Zulliger (Ittigen bei Bern). 1937 – nach 395 Originalarbeiten und 4824 Seiten Text – wird das Erscheinen mitten im 11. Jahrgang kommentarlos eingestellt, das bereits angekündigte folgende Doppelheft erscheint nicht mehr. Zu erinnern sei an die Bücherverbrennungen 1933 in Deutschland. Daran, dass der Anschluss Österreichs 1936 bereits zu erwarten war und am 13. März 1938 Tatsache wurde. Daran, dass zwei Tage nach dem Einmarsch Deutscher Truppen die Räumlichkeiten des Internationalen Psychoanalytischen Verlags in Wien durchsucht wurden und dieser in der Folge liquidiert werden musste. Daran, dass jüdische Psychoanalytikerinnen und -analytiker (darunter auch Schreibende der ZfpP) Wien bereits verlassen hatten, abgetaucht waren, fliehen konnten oder (wie einige) in Konzentrationslagern verschwanden.
Halten wir hier kurz inne. Wir haben oben gesehen, dass unter der Flagge der Erziehungsberatung durchaus frühe Beispiele lerntherapeutischen Arbeitens zu finden sind. Unser Interesse gilt entsprechend den frühen Wurzeln der Lerntherapie beziehungsweise der Frage, welchen fachlich-theoretischen Hintergrund die Pioniere in der Schweiz verfügbar hatten. Hier soll deshalb weder auf die Geschichte der Erziehungsberatung vertiefter eingegangen werden noch auf jene der psychoanalytischen Pädagogik.
Im Vorwort des ersten Hefts (1926) formulieren die Herausgeber Meng und Schneider ihre Absicht, Ergebnisse der Anwendung des psychoanalytischen Verfahrens an Kindern und Jugendlichen zu veröffentlichen. Explizit eingeschlossen werden auch Erfahrungen «psychoanalytisch eingestellter Erzieher», welche «in Schule und Haus, in der Anstalts-, Heil- und Fürsorgeerziehung, in der Lehrerbildung, in der Erziehungs- und Berufsberatung» und in der «Psychodiagnostik» wirken. Dies steht für eine Öffnung auch für ein Laienpublikum, entsprechend betonen die Autoren ihr Bemühen, «in erster Linie solche Aufsätze zu veröffentlichen, die auch von den wenig Eingeweihten verstanden werden können» (1926, S. 1).
Die Durchsicht der Arbeiten gleicht einer Zeitreise in die Aufbruchstimmung der Anfänge angewandter Psychologie: Grundlagentexte, thematische Sondernummern, Erfahrungsberichte von psychotherapeutisch und pädagogisch Tätigen, Fallgeschichten, Buchbesprechungen. Und trotz dem Duktus der Zeit: Vieles ist aus dem erleichterten Bewusstsein formuliert, endlich praktische Werkzeuge zur Hand zu haben, die Probleme so vieler Kinder und Jugendlicher angehen zu können – aber auch mit der Illusion, die finster autoritären Zeiten von Zucht und Ordnung hinter sich zu lassen. So faszinierend die Durchsicht der Hefte ist – die Frage nach der Frühgeschichte der Lerntherapie setzt einen darauf fokussierten Suchfilter und es werden hier lediglich einige wenige Arbeiten stellvertretend skizziert, welche in einem expliziten Zusammenhang mit Lernschwierigkeiten stehen: