Читать книгу Survival Guide Norddeutschland - Ulfert Becker - Страница 4

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Norddeutschland ist sicher eine der abenteuerlichsten und geheimnisvollsten Gegenden dieser Welt, in Sachen Exotik durchaus vergleichbar mit den Regenwäldern Amazoniens, den Gebirgen der Antarktis oder Bielefeld nebst Umgebung.

Es gibt hier Meere, die mal da sind und mal nicht, Gebirge von acht Metern Höhe, wilde Tiere, die man eher in Eiswüsten vermuten würde … und so vieles mehr! Die Landschaft ist ausgesprochen abwechslungsreich: Es finden sich weite Marschen neben fast wellenlosem Flachland, plane Strandwüsten neben spiegelglatter See, ausgedehnte Flussniederungen in endlosen Tiefebenen, Felder, die bis zum Horizont reichen, und Wälder, die auf so waagerechtem Grund stehen, dass ihre Bäume bereits nach wenigen Metern jegliche Fernsicht unmöglich machen. Im Süden wird dieses vielgesichtige Land vom Rest der Welt durch die (manchmal) schneebedeckten Gipfelketten (fast) hochalpiner Mittelgebirge abgeschottet. Im Norden durch gewaltige Eisberge, die nur wenige Tausend Kilometer entfernt im Meer treiben.

Die Ureinwohner verständigen sich telepathisch – oder doch nur über Grunzlaute? Die meiste Zeit schweigen sie jedenfalls. Ihre Sitten und Gebräuche sind oft mehr als seltsam, wirken manchmal sogar etwas primitiv. Besonders in ländlichen Gebieten haben sie sich – wie alle Naturvölker – einen Hang zum Übersinnlichen bewahrt. Dennoch haben die Norddeutschen im Laufe der Geschichte etliche Werke geschaffen und Taten vollbracht, die sich – auch im internationalen Vergleich – mehr als sehen lassen können. In allen Bereichen, wohlgemerkt: Kultur, Technik, Politik, Kopfsprung, Militärwesen, Alkoholverbrauch u. v. m.

Der Zugang zu dieser faszinierenden Region gilt seit mehreren Jahrhunderten allgemein als erschlossen. Auch in ihrem Inneren bieten sich dem Reisenden viele Möglichkeiten, von A nach B zu kommen. Wer sich jedoch völlig unvorbereitet in diese wundersame Welt traut, den erwarten etliche Fettnäpfchen und Fallen, gelegentlich auch echte Lebensgefahren. Mancher BADEGAST (s. u.) wurde hier schon zur Moorleiche. Oder kehrte zumindest versehrt nach Hause zurück – zum Beispiel mit einem blauen Auge, das ihm ein aufgebrachter Ureinwohner wegen irgendeines ungewollten Tabubruchs verpasst hatte …

Um die Zahl derartiger Malheurs deutlich zu verringern und Norddeutschland vielleicht irgendwann sogar international als sicheres Reiseland anerkannt zu sehen, habe ich mich entschlossen, dieses Buch zu schreiben. Künftige Besucher sollen hier aus Insidersicht über die naturgegebenen Gefahren in der Wildnis, den richtigen Umgang mit den Ureinwohnern, die Möglichkeiten eines interkulturellen Austauschs mit ihnen … und noch so einiges mehr informiert werden.

Oft war ich selbst irgendwo auf der Welt ein Fremder: So bin ich allein durch Island gewandert, habe in Georgien Einheimische unter den Tisch gesoffen, durch New York ein Auto gelenkt. War eine Weile lang männliches Au-pair-Mädchen in der Schweiz und für eine Nacht der einzige Weiße in einer Diskothek in Johannesburg (übrigens: super!). Hatte eine Freundin in Rom, einmal sogar einen Pauschalurlaub in der Türkei … Immer waren mir dabei Reiseführer und Survival Guides treue Freunde und Helfer! Sei es nun bei der Vorbereitung auf das Unbekannte an sich, dem richtigen Umgang mit einer bestimmten brenzligen Situation im Besonderen … oder einfach nur, wenn ich ein außergewöhnliches Abenteuer erleben wollte. Bisher bin ich immer unbeschadet von all meinen Aufenthalten in der Fremde zurückgekehrt; ohne diese Bücher wäre das aber wohl eher nicht geschehen!

Wer ich bin? Ich würde mich selbst als gut globalisierten Nordling bezeichnen: Offiziell bin ich »geborener Hamburger« – aber einer, der in einem der ländlichen Randgebiete der Stadt aufgewachsen ist. Vertraut also sowohl mit dem urbanen Leben in norddeutschen Metropolen – wie auch mit dem Überleben in der Wildnis rundherum.

Erzogen wurde ich im liberalen weltoffenen, hanseatischen Geist; zugleich bin ich aber auch verwurzelt in der … recht speziellen (das Wort »eingeschränkt« will ich gern vermeiden) Weltsicht der Tieflandbewohner. Jener also, die Außenstehenden bis heute seltsam und unverständlich anmutet.

Wie schon erwähnt, reiste ich recht oft in die weite Welt jenseits der Mittelgebirge, um dort Kultur, Sprache und Lebensweise anderer Völker kennenzulernen. An einigen Orten hätte ich sogar bleiben können – doch am Ende zog es mich immer wieder zurück zum hohen Nordhimmel meiner windigen, verregneten Heimat. Ich denk nun mal, dat sind ganz manierliche Vorraussetzungen für so ’n Sabbelheini wie mich, um euch Badegäste sicher durch unser Plattland zu lotsen

Womit wir beim nächsten Thema wären: Um Sie auf jene »Sprache«, in der etliche meiner Landsleute im Alltag kommunizieren (und die sehr vom Hochdeutschen abweichen kann!), schonend vorzubereiten, erlaube ich mir gelegentlich, diese auch in meinen Texten zu benutzen (meist in abgemilderter Form). Wundern Sie sich also bitte nicht, wenn Ihnen hier gelegentlich manches Spanisch … nein: Norddeutsch! vorkommt!

Einem Wort der Region werden Sie ständig begegnen – meine Großmutter hat es mich nämlich gelehrt und ich mag es einfach sehr: BADEGAST.

Der Begriff entstand Anfang des 19. Jahrhunderts, als urplötzlich begüterte Städter des Südens an den Nordseestränden auftauchten, um dort – zum Erstaunen der eher wasserscheuen Ureinwohner – in die kalte See zu stapfen. Und das nur, weil irgendwelche Medizingurus ihrer Zeit die Idee hatten, ein Bad im salzigen Wasser könnte unter Umständen gesund sein …

»Büsch ja dumm wie ’n Badegast!«, unkten die Küstenbewohner zunächst darüber. Dann aber machten sie das große Geld mit den Badenden – und schwiegen fortan lieber. Das B-Wort blieb jedoch weiter im kollektiven Gedächtnis des Nordens hängen. Allerdings wandelte sich seine Bedeutung im Lauf der Zeit und verlor dabei fast vollständig seine – eher negative – Konnotation.

Heute umschreibt man bei uns im Norden damit einfach nur Menschen, die nicht aus unserer Gegend stammen – dort aber waren oder sind. Ausnahmslos, geschlechtsneutral und wertungsfrei. Die Synonyme dazu sind also ausgesprochen zahlreich: Fremder, Besucher, Ausländer, Tourist, Bayer, Alien, Gast, Gastarbeiter, Aussiedler, Skandinavier, Reisender, Camper, Backpacker, Schwabe, Reptiloider, Traveller, Einwanderer, Italiener, Pauschalreisender, Kurgast, Argentinier, Staatsgast, Angeschwemmter … und noch vieles, vieles mehr.

Natürlich darf es in einem Buch wie diesem an KONKRETEN VERHALTENSREGELN FÜR LANDESTYPISCHE GEFAHRENSITUATIONEN – Begegnungen mit einem Gonger zum Beispiel – nicht fehlen. Ist es aber dafür nicht am besten, sie – wie auch das ganze Land an sich – so zu sehen, zu fühlen und zu begreifen wie ein norddeutscher Ureinwohner? Schließlich haben er und seinesgleichen hier mit ihrer Sicht auf die Dinge bereits seit Jahrtausenden überlebt! Ein Gespür für die vertrackte Sache mit Ebbe und Flut ist ihm so angeboren wie einem Wall-Street-Broker jenes für das Auf und Nieder der Aktienkurven. Er wittert beim Wasserlassen den Wind als einen ebenso realen Gegner wie der Massaijäger beim kleinen Geschäft den lauernden Löwen im Busch …

Der Nordling weiß mit seinen Gaben zielsicher das Überleben in der Wildnis zu sichern. Und auch Sie sollen eine Ahnung davon bekommen!

Zu einem ANGENEHMEN ÜBERLEBEN gehört es meiner Ansicht nach aber auch, mit den Menschen des fremden Landes friedlich zu koexistieren. Daher gehe ich ausführlicher, als es die meisten anderen Reiseführer tun, auf die Be- und Empfindlichkeiten von uns Norddeutschen ein (die manchmal stark von der globalen Norm abweichen), versuche, sie euch Badegästen so gut wie möglich im historischen, geografischen und kulturellen Kontext zu erklären. Das Notwendigste dazu in den ersten Kapiteln, für die wirklich Interessierten am Ende auch noch ein wenig Zusatzwissen, mit dem man im interkulturellen Austausch sicher punkten kann (es gäbe da noch viel mehr zu erzählen – aber dazu bedürfte es noch einiger weiterer Bücher …).

Wer nach dieser Lektüre aber immer noch »Guten Moin« sagt, wird Odin im Moor geopfert. Oder kriegt eine Extrakurtaxe aufgebrummt.

Für alle Freunde des EXTREMEN ÜBERLEBENS habe ich noch ein Kapitel über knallharte Abenteuer, wie man sie nur im Norden bestehen kann, beigefügt. Wer einem dieser Ausflugstipps der besonderen Art folgt, kann erproben, ob dieses Buch etwas taugt … Viel Glück!

Ich würde mich freuen, wenn Sie durch dieses Werk einen angenehmen Aufenthalt in meiner zauberhaften Heimat haben und unbeschadet nach Hause zurückkehren – um noch ihren Kindeskindern nur Gutes von meinem wundersamen Land im Norden zu erzählen. Also: HOL DI STIEF! – wie man bei uns so sagt.

Herzlichst

Ihr

Ulfert Becker

Survival Guide Norddeutschland

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