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DAS WETTER – AUS TYPISCH NORDDEUTSCHER SICHT

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Es ist eine lauschige Sommernacht. Lauschig ist sie aber nur deshalb, weil wir gerade eben die Heizung angestellt haben. Draußen prasselt ein Dauerregen, das Thermometer zeigt 12° C. Es ist Anfang Juli – aber das Wetter unterscheidet sich kaum von jenem, das wir bereits Ende Februar hatten. Ein Südländer, der hier im Norden zu Gast sein mag, beginnt sicher nun bald irgendwann, nach den übrig gebliebenen Psychopharmaka seines letzten Depressionsanfalls zu suchen. Oder nach der Pistole, mit der sich schon sein Onkel das Leben nahm. Bestenfalls bucht er einen Flug, der ihn einfach wieder nach Süden bringt.

Wir Norddeutschen haben all dies nicht nötig. Wir gehen einfach ins Internet, schauen auf die Statistiken – und sehen, dass hier, wo wir gerade sind, einfach der tollste Platz zum Leben ist. Weil es an anderen Orten nämlich noch viel schlimmer sein kann. In diesem obskuren München zum Beispiel: von wegen »sonniger Süden«!

Die Bayern dort haben nämlich ähn-lich viele Regentage wie wir Hamburger – bummelig 130 pro Jahr. Aber dabei gehen im Schnitt 860 Liter Wasser pro Quadratmeter herunter – in der Hansestadt nur lächerliche 770 Liter. Wir Nordmenschen wundern uns fast, dass die Bajuwaren noch nicht abgesoffen sind: so viel Wasser – und alles ganz ohne Deiche! Am schlimmsten sind in Deutschland allerdings offenbar die Wuppertaler dran: Denen tropfen pro Jahr fast 1200 Liter auf den Kopf.

Und dann dieses unsinnige Vorurteil, der Norden sei kalt! Angenehme 17° C Durchschnittstemperatur haben wir hier – im Juli. Das ist doch geradezu tropisch angesichts der −45,9° C, die am Heiligabend 2001 im bayrischen Funtensee herrschten! Kälter war es seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in ganz Deutschland allerdings noch nicht. Bei den Menschen, die anderswo auf dem ungefähr gleichen Breitengrad wie wir wohnen, jedoch schon: in Alaska zum Beispiel oder am Baikalsee in Sibirien – in beiden kann es im Winter mit bis zu −50° C empfindlich kalt werden! Kuschelige Wärme also in Norddeutschland – dem Golfstrom sei Dank! 9° C im Mai … damit würde so mancher Sibirier schon ins Schwitzen kommen.

Dann aber erst unsere gute Luft! Mit ihren herrlichen Aromen von Seesalz, fruchtbarem Landboden, grünen Blättern und Regentropfen! Gut aufgerührt durch die Winde, die ständig über unsere Tiefebene streichen – und allen Schiet in der Luft vornehmlich nach Südosten blasen. Rußpartikel und Co – da weiß der Norddeutsche doch erst mal gar nicht, was damit gemeint ist. Und warum er für sein Auto irgendeine Plakette braucht. Bis dann ein Kreuzfahrtschiff vorbeifährt und die weiße Tischdecke auf dem Balkon plötzlich grau ist … Noch ein Blick ins Internet. Na gut: Ganz da unten, in den Alpen, soll die Luft ähnlich sauber sein. Aber da ist es ja viel kälter als hier, es kommt mehr Regen runter und Berge sind da auch noch … Nee, nee, denken wir Norddeutschen uns dann: So richtig »prima Klima« ist doch genau hier, wo wir immer schon gelebt haben!

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