Читать книгу Zwischen "nicht mehr" und "noch nicht" - Ulla Peffermann-Fincke - Страница 15
ОглавлениеLebensstufe 5: »Held / Heldin« oder die Angst zu versagen
Interessant an dieser Lebensstufe ist, dass diese gesamte Zeit eine Übergangsphase bildet: vom Kind zum Erwachsenen. In dieser Zeit ist der Mensch weder Kind noch erwachsen. Und das macht es so schwierig. Physisch und psychisch verändert sich enorm viel.
Im Alter zwischen 12 und ca. 16 Jahren befinden sich Menschen in einer Lebensphase, die eine neue Dimension in ihr Leben bringt. Der junge Mensch geht in Konfrontation mit seinen Eltern und entdeckt seine Sexualität. Die Erfahrung von Sehnsucht, Leidenschaft und Begierde bringt die Welt der Jugendlichen durcheinander. Sie sind so mit sich beschäftigt, dass die Schule zeitweise keine große Rolle mehr spielt. Stattdessen geht es darum, herauszufinden, wer bin ich als Mann oder Frau? Das lässt sich letztlich nicht theoretisch herausfinden durch Information und Gespräche, so wichtig es auch ist, den eigenen Körper biologisch zu verstehen. Männlichkeit und Weiblichkeit kann ich nur entdecken, wenn ich Erfahrungen mache. Das ist nicht ungefährlich. Sexualität ist eine große Kraft. Sie zu zähmen, nicht aber zu unterdrücken, ist eine große Lebensaufgabe. In der Pubertät entdecken viele mit der Sexualität eine Kraft, die Berge versetzen kann, die zum Guten, aber auch zur Zerstörung von persönlichen Beziehungen führen kann.
Die pubertierenden jungen Menschen müssen herausfinden, welche Nähe und Distanz für sie gut ist. Dabei ist ein Begleiter hilfreich. Das kann Vater oder Mutter sein, oft ist es aber einfacher, jemanden zu haben, der wie ein großer Bruder oder eine große Schwester zu einem steht, jemanden, dem man vertrauen kann. Neben dem Erwachen der Sexualität ist die Abgrenzung von den Eltern und vom ganzen »Establishment« wichtig, um die eigene Identität zu finden. Während der Pubertät werden alle Gefühle sehr intensiv erlebt, große Glücksgefühle, aber auch Wut, Verzweiflung und Enttäuschung, Einsamkeit. Negative Gefühle werden häufig auf Eltern und Familie projiziert, sie sind schuld an dem empfundenen »Weltschmerz«. Eltern sind oft ratlos und fühlen sich ohnmächtig. Sie können sich nur damit trösten, dass diese schwierige Zeit vorübergehen wird. Die Jugendlichen aber stecken mittendrin und sind oft uneins mit sich selbst.
In dieser Unsicherheit suchen sie nach Halt in einer Gruppe, einer Clique. Sie sind auf der Suche nach Anerkennung, möchten sich beweisen und ihren Platz finden. Gleichzeitig spüren sie die Angst, Erwartungen nicht zu genügen, dass andere besser ankommen und beliebter sind.
Pubertierende zeigen oft eine große Sehnsucht nach Ekstase, nach Verschmelzen in einer großen Gruppe Gleichgesinnter bei Konzerten, Fußballspielen, politischen Demonstrationen oder kirchlichen Großveranstaltungen. Solche großen Feste – gemeinsam besucht – können wieder neu ein Band zwischen Jugendlichen und Erwachsenen knüpfen.
Übung
Denken Sie zurück an Ihre Jugendzeit, an die erste Freundschaft, an die ersten intimen Erlebnisse mit dem anderen Geschlecht. Denken Sie an die Momente der Einsamkeit und Verlassenheit! Was hat Ihnen immer wieder Mut gemacht?