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CHEF-KOMMANDOS Die »Wehrsportgruppe Hoffmann«

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»Junge, komm zu uns in die Wehrsportgruppe. Motorsport. Geländefahren. Tauchen. Fallschirmspringen. Biwak. Kameradschaft. Körperertüchtigung. Bei uns bist du nicht allein.«

Man weiß nicht genau, wie viele meist junge Männer zwischen 1974 und 1980 solchen Flugblatt-Einladungen folgten. Mehr als 400 Mann zählte die aktive Gefolgschaft von Karl-Heinz Hoffmann über die Jahre ganz sicher. 1977 in Heroldsberg bei Nürnberg erzählte Karl-Heinz Hoffmann dem Reporter Harald Will auf Tonband, was ein Rekrut seiner Wehrsportgruppe lernt und was er kann.

»Wir haben weder einen Kasernenhof, noch können wir bei Tageslicht auf Asphaltplätzen Griffe kloppen. Das reduziert sich auf Kommandoausbildung und auf das, was vielleicht eine Jägereinheit tut. Formalausbildung gehört dazu, aber das ist nur wenig. Kriechen mit Gewehr ist dabei.

Hier müssen Sie uns ja mehr mit einer Partisaneneinheit vergleichen, die einen gewissen Stand an Ausgebildeten hat. Und dann kommen die Neuzugänge. Von denen weiß man nicht, ob die ewig bleiben oder ob sie nur mal vorbeischauen. Die kommen zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Wegen jedem Rekruten, der neu kommt, kann ich ja nicht wieder von vorn anfangen mit der Ausbildung. Also muss der erst mal unausgebildet integriert werden. Sie müssen sich das vorstellen wie eine Herde Tiere. Da gibt es immer wieder Jungtiere, die dann durch Abschauen und Nachahmung und etwas Hilfestellung von den Älteren und den Leittieren langsam gleitend in die Arbeitsweise integriert werden.«

Kommando hieß die »Zeitung der WSG für den europäischen Freiwilligen«.

Der Titel in gotischen Lettern, die glänzenden Fotos voll Jungvolk in Uniform. Die Augen schauen geradeaus, vorzugsweise ins Leere, kaum je in den Blick eines andern. Die Münder sind entschlossen geschlossen, der Kinnriemen des Stahlhelms spannt fest. Die Hände haben Halt am Gewehr, dann wieder sind sie leer auf dem Rücken gekreuzt. In der Sprache hallt Marschtritt, und es riecht nach Männerschweiß.

»Nur wenige kennen sich bereits von früheren Übungen, aber auch für die anderen ist die Brücke der Kameradschaft schnell geschlagen. Statt rohem Schleifergebrüll hört man ruhige, aber bestimmte Befehle. Das Exerzierreglement der WSG weicht in einigen Punkten vom für viele gewohnten Bundeswehrschema ab. Beispielsweise werden beim ›Rührt euch‹ die Beine gespreizt auseinandergestellt und die Hände auf den Rücken gelegt. Auch die Gewehrgriffe unterscheiden sich stark vom preußischen Grundprinzip. Die jungen Hessen lernen freudig und schnell die zum Teil sehr schwierigen Varianten des Reglements.«

Wenn sie dann abtreten zum Denken, wabert der Text. Alte Kameraden schreiben für die jungen, wie ein Herr Heinrich aus Berlin: »Wir bringen aus der harten Schule unserer Jugend alles mit, was uns zu einer Generation großer Tatmenschen machen kann. Geschichtliche Größe braucht Stoff, braucht Erschütterung der Starrheit und Einschmelzung des Inhalts der alten Formen. Braucht die Gunst der historischen Umstände. Diese nun haben wir für uns wie keine Generation zuvor. Denn die alte Welt wird bis in ihre morschen Grundlagen hinein erschüttert. Und der gewaltsam gestaute Strom neuer Dynamik wartet auf uns, nein: in uns auf das Stichwort, um hervorzubrechen zu umwälzender Neugestaltung.«

Sosehr das auch nach Getöse klingt, militärisch betrachtet, das schildert der Chef, kommt der Partisan auf leisen Sohlen: »Ich möchte mal sagen: Hauptschwäche des regulären Militärs ist zu viel Lärm. Zuviel offenes Bewegen. Dreißig Mann, bundeswehrgewohnt, die sind im Ernstfall gegen Partisanen tote Leute. An laute Kommandos und Kommandoführung gewohnt. Früh das Aufstehn, das geht alles mit Klappern. Das kann sich ein Partisan nicht leisten. Und dann ist Stress. Wenn man zwei, drei Tage nur flüstern darf, jede Unterhaltung unterbrochen wird. Ich muss immer lachen, wenn es heißt: ›Politische Schulung‹ – das ist gar nicht gegeben.«

Da vergisst Hoffmann wohl den kurzen Chor, den die Rekruten, angetreten vor ihm, mit ihm gemeinsam skandierten. Er brüllte die Fragen: »Was sind wir?« Und sie schmetterten zurück: »Grenadiere Europas!« – »Wofür kämpfen wir?« – »Für den Sieg der Bewegung!« – »Wer ist unser Feind?« – »Bolschewismus und Kapital!« – »Was sind wir?« – »Schwarze Legionäre!« Nur in der militärischen Aktion, das mag man dem Chef glauben, hat das jeder still in seinem Kopf unter dem Stahlhelm versiegelt, dann, wenn es losgeht und ernst wird:

»Es beginnt früh damit, dass leise geweckt wird von Mann zu Mann. Ohne Geräusch aufstehen. Da heißt es: ›Alarmbereitschaft herstellen‹. Dann steht der auf, möglichst ohne Klappern, zieht sich an und reiht sich ein. Und dann heißt’s: Erst mal Abmarsch ohne Frühstück. Oder es wird Alarm gegeben. Alles leise. Rundumsicherung. Da muss jeder Mann wissen, was er zu tun hat. Ausschwärmen und so weiter. Posten einziehen. Orientieren in der Dunkelheit. Und immer leise. Schwergewicht auf Überfall, auf Anschleichen, auf lautlosem Verharren. Würde zum Beispiel bei der Bundeswehr nie vorkommen, dass man einen Posten in ein Maisfeld reinschmeißt und sagt: ›Du wartest hier, bis du abgelöst wirst!‹ – Und der bleibt dann achtzehn Stunden in dem Maisfeld und hat nichts zu fressen.«

Und doch ist dieser Mann nicht allein und verlassen, denn an seiner Seite im Maisfeld, oft fest umschlungen, liegt sie. »She’s not a girl / who misses much / when I hold you in my arms / and I feel my finger on your trigger / nobody can do me no harm / because happiness is a warm gun / oh yeah«. Das weiß der Chef auch. »Natürlich hat der militärisch orientierte junge Mann ein besonderes Interesse, eine Waffe zu besitzen. Sei es nun aus Vorsorge im Bezug auf eventuell kommende Konfliktsituationen oder sei es nur aus einfacher Liebhaberei oder echter Sammlerleidenschaft« – so schreibt Karl-Heinz Hoffmann in Kommando und fügt dem Augenzwinkern eine Mahnung an:

»Grundsätzlich gilt: der Besitz einer Waffe darf nicht illegal sein, oder aber sie darf nicht gefunden werden. Fazit aller Überlegungen muss sein: Die schwarze Waffe kommt aus dem Haus.« Nur der drohenden Kriminalisierung wegen gibt der Chef seinen Rat, wo er doch weiß, was er dem Wehrsportmann zumutet: »So wie die Dinge liegen, muss man sich, auch wenn es schwerfällt, aus Gründen der Vernunft von liebgewordenem, altvertrautem Stahl trennen können.«

Kehrte der Wehrsportmann aus der Übung zurück, kam er in ein geordnetes Korps. Für oben und unten gab’s Schulterklappen und Kragenspiegel, Spangen und Armbänder. Für Gefreite, Obergefreite, Unterführeranwärter, Unterführer, Stabsunterführer, Vizeunterführer, Hauptunterführer und Sturmunterführer. Auch konnten sich kräftige Männer kräftige Zeichen erdienen; im Eichblattoval blitzten ein Totenkopf und ein von züngelnden Schlangen umspieltes Gewehr. Die Zähne zusammengebissen und los, 120 Kilometer mit Gepäck durch den Wald in höchstens zwei Tagen, und weiter, zehn Kilometer Dauerlauf in 40 Minuten, und hoch die Last mit geschwollenen Adern, nicht weniger als das eigene Körpergewicht abzüglich zehn Kilogramm, und ab in den Wald und hart sein zu sich für fünf Tage ohne Verpflegung, und endlich stolz zurück. Dann würde ihm der Chef eines Abends vor den Augen der andern das »WSG-Leistungsabzeichen in Silber« auf der linken Seite der Uniform unterhalb der Brusttasche anheften. Das gebietet Respekt.

Aus all dem erwächst ein Gefühl von Berufung. Das will nicht nur Sport sein.

Der Chef wusste darum gerade so gut wie um das ungeliebte geltende Recht. So ließ er auf die Einladungen zu den Wehrsportübungen drucken: »Entgegen landläufiger Meinung gibt es keine politische Schulung bei uns.« Den vertrauten Wehrsportmännern bot er in geschlossener Runde das »Manifest der Bewegung zur Verwirklichung der Rational Pragmatischen Sozial Hierarchie« an. Mal sprach der Chef persönlich, mal hallte sein Bekenntnis vor versammelter Mannschaft im Keller vom Tonband:

»Wir haben jedes Vertrauen in die bisher der Welt angebotenen Ideologien, Staats- und Wirtschaftsformen restlos verloren. Wir verlangen ein System der wissenschaftlichen Planung, der Zweckmäßigkeit und der Vernunft. Alle Lebensbereiche dieser Erde beherrschen entweder Marionettenregierungen der internationalen Hochfinanz. Den Rest regieren feudale Bonzen, meist im Einklang mit religiösen Fanatikern.

Da sich die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs dominierenden ideologischen Weltbilder als unzureichend und ihre wechselweise in die Macht teilenden politischen Cliquen seit langem den Problemen der Menschheit gegenüber als nicht gewachsen gezeigt haben, sind wir entschlossen, uns zu organisieren. Mit dem Ziel, eine radikale Veränderung der Gesamtstrukturen in allen Bereichen herbeizuführen.

Wir sind uns dabei im Klaren, dass politische Ziele niemandem von selbst in den Schoß fallen, sondern dass sie immer erkämpft werden müssen.

Je höher das Ziel, umso größer die Opfer.«

Dem MANIFEST schloss sich ein 19-Punkte-Programm an. Das blieb nur in Teilen blumig und sprach mancherorts Klartext. Dass der ganze »uferlose Parlamentarismus« wegmüsse, hatte Hoffmann schon frühzeitig Reportern anvertraut und nie dementiert. In seinem Programm machte er nun deutlich, wodurch er ersetzt werden sollte: »Die Rational Pragmatische Sozial Hierarchie ist eine zweckbezogene, vernunftgemäße, der Volksgemeinschaft dienende Staatsform mit freiheitlicher Grundordnung und einer nach dem Leistungsprinzip ausgerichteten Führerstruktur.« – Beabsichtigt ist die Abschaffung freier Wahlen zugunsten eines nicht näher erläuterten »Selektionsverfahrens nach dem Leistungsprinzip«, die gesamte Regierungsgewalt wird an eine in der »obersten Führung zusammengefasste Gruppe« delegiert, »die Mitglieder der Regierung sind anonym. Öffentlichkeitsarbeit und Personenkult sind ausgeschlossen«, und: »Als uneigennützige Institutionen getarnte (…) Unternehmen wie Gewerkschaften und Kirche sind zu entmachten.«

Dieses politische Credo Hoffmanns war seit 1974 bekannt. Im September 1976 listete es das Landgericht Nürnberg im Urteil eines Strafverfahrens gegen Hoffmann in allen Einzelheiten auf. Seither konnte man wissen, er ist »ein militanter Radikaler faschistoider Ausrichtung, ohne dass er sich jedoch völlig einer bestimmten Gruppierung der radikalen Rechten zuordnen ließe«. Seine jungen WSG-Männer erwarteten von ihrem Chef mehr als nur Manöver. Die Frage »Wie lange wird es noch dauern?«, lag in der Luft, und der Chef gab schriftlich Auskunft im Juli-Heft von Kommando: »›Chef, wie lange dauert es bis zur Machtübernahme noch?‹, so höre ich oft die jungen Kameraden fragen. Teils unmissverständlich als Spaß gedacht, teils aber auch mit durchaus ernstem Unterton.

›Jungs‹, sage ich dann, ›wir sind schwach, unsere Position ist zur Zeit erbärmlich hoffnungslos, wie sie wohl niemals zu anderen Zeiten für ähnliche Zielsetzungen gegeben war.‹

Aber darf uns das hindern, diesen Kampf zu führen, diesen Kampf, von dessen Rechtmäßigkeit und Ehrenhaftigkeit wir überzeugt und durchdrungen sind? –

Nein.

Nur lumpige Opportunisten entscheiden sich für politische Tendenzen, die gerade dem allgemeinen Trend entsprechen, ohne Rücksicht auf die innere Stimme, die das Gewissen bedrängt. Wir aber sind frei von feigem Egoismus. Wir lassen das Gute in uns souverän herrschen. Wir halten in unseren Herzen all unsere Schwächen und Neigungen mit Brachialgewalt in Schach. Somit sind wir in der Lage, ein hohes Ziel, welches sich der primitiven Sucht nach Sofortverwirklichung entzieht, über einen längeren Zeitraum hin zu verfolgen.

Am Ende wird der Sieg stehen.«

Ein Operetten-General? Wie jede Operette hatte auch diese ihre ernsthaften Liebhaber. Sie kamen, sechs Jahre lang, die jungen Männer. Sie hatten wahre und große Gefühle dabei. Sie schauten zu ihrem Chef auf und hörten auf ihn. Irgendwann kam auch einmal der Junge, der später unter Verdacht geriet, die Oktoberfest-Bombe gelegt zu haben.

Wie bei jeder Operette schauten auch bei dieser viele von oben herab zu, eher beiläufig und belustigt über ein paar Ewiggestrige. Zum Losprusten lustig war’s, auch für Minister des Freistaats, wenn gelegentlich ein paar anscheinend überempfindsame Mitbürger, zuweilen sogar sozialdemokratische Landtagsabgeordnete, besorgte Warnungen ausstießen, da seien neonazistische Umtriebe im Gang. Die Reihe der Landtagsanfragen seitens der SPD an die von der CSU geführte Staatsregierung begann bereits im März 1974. In der Antwort des damaligen Innenministers Bruno Merk am 23. Mai hieß es: »Die bisher gewonnenen, gerichtlich verwertbaren Erkenntnisse über die Zielsetzung der Gruppe sind nach Auffassung der Staatsregierung derzeit noch keine geeignete Grundlage für ein Verbot.« Als am 17. Mai 1977 der SPD-Abgeordnete Helmut Geys feststellt, es handle sich bei der WSG um eine »paramilitärische Kampftruppe, stärker bewaffnet als einst die SA«, antwortet am 12. Juli 1977 Innenminister Dr. Alfred Seidl: »Davon unabhängig muss jedoch festgestellt werden, dass das Betreiben des ›Wehrsports‹ selbst keine strafbare Handlung darstellt; Gleiches gilt für die Ausbildung an verschweißten Waffen. Ohne in die Zuständigkeit des Bundesministers des Innern eingreifen zu wollen, bin ich der Ansicht, dass für ein Verbot noch keine ausreichenden Gründe vorhanden sind.« Als am 19. Juli 1978 der Sicherheitsexperte der SPD-Landtagsfraktion Alfred Sommer die Staatsregierung erneut auffordert, endlich energisch gegen die WSG Hoffmann vorzugehen, erhält er wiederum von Innenminister Alfred Seidl am 25. August zur Antwort: »Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die ›Wehrsportgruppe Hoffmann‹ eine solch massive ›Aufwertung‹, wie sie sie durch die mehrmaligen schriftlichen Anfragen und die Presse erfährt, nicht verdient. Ein geringeres Interesse der Presse an der ›Wehrsportgruppe Hoffmann‹ wäre sicher auch ein Mittel im Kampf gegen diese rechtsextreme Vereinigung.« Schließlich antwortet Innenminister Gerold Tandler auf eine erneute Landtagsanfrage des SPD-Abgeordneten Karl-Heinz Hiersemann am 12. März 1979: »Wenn sich eine Vereinigung an die allgemeinen gesetzlichen Regelungen hält, kann die Abhaltung von ›Wehrsportübungen‹ nicht unterbunden werden. Der ›Wehrsport‹ selbst ist nicht strafbar.«

In Richtung Obrigkeit wusste der Chef kleine, unmerkliche Verbeugungen zu machen, wie all die wiederholten, im Brustton der Überzeugung vorgebrachten Versicherungen, hier gehe es nur um Charakterbildung und Sport, darum, aus deutschen Jungs ganze und anständige Kerle zu machen. Den eigenen Leuten gegenüber gab er in der WSG-Zeitschrift Kommando im März 1979 ganz andere Parolen aus: Schwarze Waffen aus dem Haus schaffen und in der WSG »auch als nicht verbotene(r) Organisation Verhaltensweisen entwickeln, die in gewisser Weise einer im Untergrund arbeitenden Vereinigung gleichen. So muss der genaue Mitgliederstand ständig verschleiert werden. Es darf auch künftig keine Übersicht darüber geben, wer am Dienst teilnimmt, wer Reservestatus hat und wer als ziviler Helfer gilt. (…) Durchgesickerten Tatsachen muss mit gezielter Desinformation begegnet werden!!«

Um all das wussten die Ermittler in Sachen Wiesn-Attentat. Jedenfalls war in der Verbotsverfügung des Bundesinnenministers Baum vom Januar 1980 erwähnt, dass Hoffmann und seine Gruppenmitglieder konspiratives Verhalten vereinbart hatten.

Sieht man von der Wahl des geheimen Stichwortes »Theresia« ab, auf das hin Polizisten in Bayern und anderen Bundesländern einen Tag nach dem Anschlag am Samstag, dem 27. September 1980, bei Hoffmann und 45 Personen seines engsten Sympathisantenkreises Wohnungen durchsuchten, Alibis überprüften und einige Vernehmungen durchführten, bevorzugten die Ermittler einen eher geraden und schlichten Weg der Wahrheitsfindung. Nur Hoffmann, dem man seine Karteikarteneinträge über Gundolf Köhler vorhalten konnte, hatte eine vage Erinnerung an den jungen Mann aus Donaueschingen.

»Den Getöteten Gundolf Köhler habe ich etwa 1976 oder 1977 dadurch kennengelernt, dass er sich schriftlich an mich gewandt hat und ich ihm geantwortet habe. Vermutlich habe ich geschrieben, er könne mal vorbeikommen. Irgendwann danach kam er, besuchte mich und nahm bei dieser Gelegenheit an einer Wehrsportübung teil. Seine Eltern haben ihn von dieser Veranstaltung wieder abgeholt. Er hat sich nicht wieder gemeldet, und ich bin auch nicht an ihn herangetreten. Möglicherweise hat er wegen einer bei mir stattgefundenen Razzia kalte Füße bekommen. Etwa 1978 oder 1979 habe ich ihn rein zufällig in Tübingen getroffen. Er kam auf mich zu, begrüßte mich, und ich unterhielt mich zwischen Tür und Angel mit ihm über belanglose Dinge. Die Unterredung dauerte keinesfalls länger als fünf Minuten.

Zu keiner Zeit war zwischen mir und Köhler von der Bildung einer Untergruppe in Donaueschingen die Rede. Ich hatte überhaupt nie konkret den Plan verfolgt, in Donaueschingen eine Untergruppe zu bilden. Selbstverständlich hätte ich nichts dagegen gehabt. Als Führer meiner Vereinigung war ich wohl interessiert daran, an anderen Orten Filialen zu bilden. Ich bin aber nie in der Weise vorgegangen, dass ich irgendwo auf der Landkarte ein Fähnchen gesteckt und mir vorgenommen habe, hier müsse eine Untergruppe gebildet werden. So etwas lief vielmehr in der Form ab, dass ich aus irgendeiner Stadt zufällig drei oder vier Leute zusammenhatte und es sich dann anbot, hier etwas Weiteres zu veranstalten. Das war aber in Donaueschingen nie der Fall.«

Diese Aussage Hoffmanns zwei Tage nach dem Anschlag, am Sonntag, dem 28. September 1980, war der gesamte Ermittlungsertrag, den die Behörden über die Kontakte Gundolf Köhlers zur »Wehrsportgruppe Hoffmann« bei der Überprüfung der Gruppe herausfinden konnten.

Sonst erinnerte sich keiner der anderen Wehrsportmänner, die zum engsten Kreis um ihren Chef Karl-Heinz Hoffmann zählten, an Gundolf Köhler.

Noch nicht.

Das Oktoberfest-Attentat und der Doppelmord von Erlangen

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