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4.6 Medien und Sprachwandel

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Sprachsystem

Welche Folgen das alles für das System der Sprache(n) hat, lässt sich meist nur langfristig und im Rückblick feststellen. Erstens wandelt sich die grundlegende Architektur (Grammatik, Syntax, Kernwortschatz) von Sprachen nur langsam. Denn sie hat sich über Jahrhunderte hinreichend bewährt; und Kommunikation über Generationen wäre sonst nicht gewährleistet. Zweitens bestimmen außer mediengeschichtlichen Bedingungen auch andere Faktoren den Sprachwandel, nämlich insbesondere die zunehmende Komplexität von Gesellschaften und die innere Ökonomie der Sprache. Semiotische Ökonomie spielt die entscheidende Rolle: Wie kann man möglichst viel Information möglichst angemessen und effizient mitteilen?

Doch in dem Maße, wie Medien Sprachgebrauch intensivieren (mehr Menschen kommunizieren häufiger), differenzieren (vielfältiger) und beschleunigen (schneller), passen gewohnte Regeln sich dem an – vor allem dort, wo sie vorerst nur die Peripherie, nicht aber schon den Kern des Systems berühren. Denn, mit Saussure: „ein jedes Symbol existiert nur, weil es in die Zirkulation hineingeworfen ist“, und es verändert seine Identität in jedem Augenblick (Saussure 1997: 107). Es gibt also keine Normen unabhängig von ihrem Gebrauch; daher verändern sie sich bei jedem Gebrauch. Medien beschleunigen und differenzieren die Zirkulation von Zeichen, folglich auch die Veränderung von Gebrauchsweisen, Regeln, Normen, Wortschatz und Grammatik. Je stärker die Zirkulation medial technisiert wird, desto intensiver wirken mediale Bedingungen auf Sprachgebrauch ein.

fünf Entwicklungen

Konkret sichtbar sind heute schon fünf zentrale Entwicklungen. (a) In technischen Medien wird Sprache immer häufiger und dichter in multimodale Umgebungen eingebettet (Kap. 5). (b) Im Verhältnis von Mündlichkeit und Schriftlichkeit treten Verschiebungen und neue Formen auf (Kap. 6). (c) Sprachliche Vielfalt in Gestalt von Sprachkontakt, Varietäten und Varianten nimmt zu (Kap. 7). (d) Damit einher geht, auch dank wachsender Informationsmengen und schnellerer Umschlagraten, eine zunehmend modularisierte Kleinteiligkeit in magazinartigen Formen zur zielgerichtet-selektiven Nutzung (Kap. 8–12). (e) Und schließlich fallen allmählich die strikten Grenzen zwischen massenmedialer und interpersonal-medialer Kommunikation mit entsprechenden Folgen auch für die sprachlichen Formen (Kap. 8–12). All das wird in den folgenden Kapiteln näher beleuchtet.

Einführung in die Medienlinguistik

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