Читать книгу Gesellschaftsrecht II. Recht der Kapitalgesellschaften - Ulrich Wackerbarth - Страница 65
c) Pflicht zur Legalität?
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Ein allgemeines Problem stellen illegale Geschäfte oder Maßnahmen dar. Sind diese stets sorgfaltswidrig und die Mitglieder des Organs verpflichtet, diese zu unterlassen oder ihre Durchführung zu verhindern? Nach h.M. gibt es eine solche Legalitätspflicht[7] – doch ist diese h.M. äußerst zweifelhaft. Zwar ist die Gesellschaft als juristische Person zur Einhaltung ihrer Verträge und zur Befolgung der (für sie geltenden) Gesetze zweifelsohne verpflichtet. Fraglich ist aber, ob und unter welchen Umständen die Pflicht der Gesellschaft auch eine unmittelbar eigene – und der Gesellschaft bei der Geschäftsführung geschuldete – Pflicht des Geschäftsleiters ist. Begeht der Geschäftsführer oder Vorstand z.B. in Ausübung seiner Tätigkeit eine Ordnungswidrigkeit, so muss die Gesellschaft den Bußgeldbescheid bezahlen, wenn ihr das Verhalten des Geschäftsführers zuzurechnen ist. Kann sie dann in jedem Fall Regress beim Geschäftsleiter nehmen, weil dieser seine Sorgfaltspflicht verletzt hat? Oder gilt das nur dann, wenn das Verhalten des Geschäftsführers der Gesellschaft insgesamt einen Schaden gebracht hat?
Beispiel:
Der Geschäftsführer unterlässt die Installation einer teuren Kläranlage (Kosten 1.000.000 €), weil er ausgerechnet hat, dass die Gesellschaft im Höchstfalle 500.000 € Bußgeld wird bezahlen müssen, wenn die unerlaubte Einleitung in öffentliche Gewässer entdeckt wird. Später wird die Gesellschaft zu einem Bußgeld von 200.000 € verurteilt und zugleich verpflichtet, die Kläranlage nachzurüsten. Insgesamt hat sich das Vorgehen für die Gesellschaft aber gerechnet, weil sie die Kläranlage nun zu einem günstigeren Preis (900.000 €) erhält und aufgrund des verspäteten Baus Zinsvorteile in Höhe von 150.000 € erlangt hat. Haftet der Geschäftsführer auf den Ersatz des Bußgeldes?
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Richtigerweise kann eine Haftung des Geschäftsführers nur dann angenommen werden, wenn der Gesellschaft aus seinem Verhalten insgesamt tatsächlich ein nachweisbarer Schaden erwachsen ist. Insoweit gilt zwar, dass er sich nicht darauf berufen kann, mit einer Gesetzesverletzung „nur das Beste“ für die Gesellschaft gewollt zu haben. Vielmehr handelt er auf eigene Gefahr, wenn er die Gesellschaft Vertragspflichten verletzen lässt oder eine Ordnungswidrigkeit begehen lässt. Soweit sich sein Verhalten aber für die Gesellschaft rechnet, seine Pflichtverletzung also im Ergebnis gewinnbringend war, ist eine Haftung schon deshalb abzulehnen, weil der Gesellschaft kein Schaden entstanden ist (Vorteilsausgleichung).[8]
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Umgekehrt kann dem Geschäftsleiter in keinem Fall eine Pflichtverletzung vorgeworfen werden, wenn er sich an Verträge und Gesetze gehalten hat, mag dies auch im Einzelfall für die Gesellschaft zu einem ungünstigen Ergebnis (Schaden) geführt haben. Im oben genannten Beispiel etwa haftet der Geschäftsführer selbstverständlich nicht, wenn er die Kläranlage für 1 Mio. € tatsächlich baut und dies für die Gesellschaft insgesamt teurer als die Alternative „Abwarten bis zum Bußgeldbescheid“ war. Denn die Gesellschaft kann sich ihrerseits nicht darauf berufen, dass eine Vertrags- oder Gesetzesverletzung durch den Geschäftsführer gewinnbringender gewesen wäre.