Читать книгу Da! - Ulrich Wessinger - Страница 11

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Aua

„Ich muss zum Arzt, in eine Klinik“ sagt Sophie.

„Was ist los?“

„Hier meine Hand, mein Daumen, beide Daumen, ich kann sie kaum mehr bewegen, sie tun so weh“

„Wieso, was hast Du gemacht, hast du was gemacht mit den Daumen?“

„Ja, ich massiere immer meine Brüste, wenn ich sie abpumpe, damit sie mehr Milch geben, so mit den Daumen“ Sie zeigte mir die Bewegung „Auuuu!“

„Ist es so schlimm?“

„Ja, ich kann sie nur noch mit Schmerzen bewegen. Jetzt habe ich im Internet gelesen, eine Frau hatte das selbe Problem, sie ist zum Arzt gegangen, er hat zu ihr gesagt: Sie haben die Wahl, entweder sie halten Ihre Hand und Ihren Daumen jetzt ganz ruhig oder Sie werden sie nie mehr bewegen können.“

„Und…hat sie es gemacht?“

„Ja“

„Und hat es geholfen?“

„Ja, nach vier Wochen ungefähr war es besser, nach drei Monaten ganz geheilt“

„Das heißt, du gehst jetzt in Streik, kannst nicht mehr kochen, Wäsche waschen, keine Taschen tragen beim Einkaufen, kannst gar nichts mehr machen“

Sie lacht „Naja, so schlimm wird es nicht werden, ich kann schon noch was machen, aber eben ganz vorsichtig“

Der Arzt, den wir am nächsten Tag aufsuchen, sagt ungefähr dasselbe wie der von dem Sophie im Internet gelesen hatte: Ruhe bitte! Nichts mehr tun! Hand ruhen lassen! Mindestens vier Wochen lang, dann sähe man weiter.

Wir sind beide geschockt. Wie sollen wir jetzt den Haushalt besorgen? Unsere bisherige Arbeitsteilung: Sophie kocht und kauft ein, macht die Wäsche, ich putze die Wohnung, räume auf, wasche Geschirr ab, gehe drei Tage die Woche arbeiten, kümmere mich gemeinsam mit Sophie um Anna. Wer kocht jetzt und kauft ein? Wieder diskutieren wir über die Möglichkeit, uns eine „Ai“ zu besorgen. Eine Haushaltshilfe, die putzt, kocht und sich wenn nötig auch um Anna kümmert. Wir sind uns beide einig, dass wir keine Ai wollen, die bei uns wohnt und ganztägig zur Verfügung steht. Die sind ziemlich teuer und außerdem wollen wir keine fremde Person ständig in unserer Wohnung, die nur um die siebzig Quadratmeter groß ist. Stundenweiße eine Ai zu bekommen ist sehr schwierig. Wir hatten es schon mal versucht, aber auf unsere Anfragen bei einer Ai Agentur hat sich niemand bei uns gemeldet. Der Aufwand und die Zeit zu kommen und zu gehen sind wohl zu groß für ein par Stunden. Außerdem hat Sophie hohe Ansprüche an ein gesundes Kochen, das sich stark vom traditionellen Stil des Kochens in China und Shanghai unterscheidet, Sophie kocht mit wenig Öl, wenig Gewürzen, wenig künstlichen Aromen. Sophies Mama kann zwar kochen, tut es aber seit über zwanzig Jahren nicht mehr, das macht ihr Mann. Sie will einfach nicht.

Sophies Papa kommt ebenfalls nicht in Frage, er raucht zu viel und Sophie fühlt sich fremd ihm gegenüber. Kein einziges Mal habe er ihr etwas wirklich Wichtiges mitgeteilt, etwas von seinen Gefühlen, von seinen inneren Gedanken…Er sei verschlossen und kalt. Sie will ihn nicht ständig in der Wohnung haben und er will das sicher auch nicht, er will spielen, mit seinen Kumpels.

Wir fragen Jin Jin, ob sie uns wieder helfen kann. Sie wird uns sicher helfen. Sie kommt bestimmt, wir brauchen sie jetzt!

Am Abend ruft Sophie Jin Jin an, ich sitze auf dem Sofa und höre ihre Stimme ab und zu durch die angelehnte Tür dringen während ich in deutschen Online Zeitungen herumlese, ich hoffe und bange, sie wird uns bestimmt helfen….ich höre, dass Sophie weint.

Dann nach einem langen Gespräch kommt sie zu mir, eine bedrückte Mine auf dem Gesicht. Jin Jin kann jetzt nicht kommen, sie hat zu viel in ihrer christlichen Gemeinde zu tun, sie koordiniert Aktivitäten verschiedener Gemeinden im Süd-Osten Chinas, baut ein Netzwerk auf, sie wird bezahlt dafür, da kann sie nicht einfach weg.

Was tun?

Sophie sinkt in meine Arme, wir sitzen zusammen und brüten.

„Dann muss ich halt kochen“ sag ich. „Du kannst es mir ja beibringen. Außerdem kann ich ja kochen. Nur magst Du nicht besonders, was ich koche.“

„Das stimmt nicht, ich mag es schon, aber ich kann nicht immer das Gleich essen“

„Das Gleiche?“ Ich protestiere. „Ich kenne Hunderte Variationen von Eintopf: Mit Nudeln, mit Reis, mit Kartoffeln, mit Würstchen, mit Speck, mit verschiedenen Gemüsen, verschiedenen Suppenaromen…!“

„Ja ja, ich weiß, aber ich kann nicht jeden Tag Eintopf essen“

„Warum nicht? Du bist verwöhnt!“

„Ach“ Sie seufzt.

„Na gut, ich werde jetzt also kochen lernen“


So machen wir es. Sie steht hinter mir, während ich Gemüse schneide, Wasser aufsetze, in Suppen rühre, Eier in Pfannen schlage. Oder sie steht am Herd und ich bin ihr Handlanger. Ihr Papa, alarmiert von der Notlage, kommt mit großen schweren Taschen gefüllt mit Plastikboxen voller vorgekochter Esswaren vorbei. Wir sind sehr dankbar. Er steht ein bisschen rum, verlegen, wir wechseln ein paar Worte, dann geht er wieder. Ich bin zwei Tage zum Unterricht draußen in Fengxian. In dieser Zeit kommt wie immer Sophies Mama vorbei und sie kommt etwas früher und bleibt etwas länger und während sie bei uns ist, kocht sie.

So kriegen wir die Lage in Griff.

Da!

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