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Die schöne Lili

Dienstag Abend, ich habe eine Abendklasse, in der Pause schlendere ich durch den halbdunklen Gang, es ist kurz vor neun, plötzlich sehe ich die schöne Lili aus einem Klassen-Zimmer kommen, das dunkel ist, sie scheint erschrocken, mich zu sehen, grüßt aber freundlich wie immer, ist irgendwie erregt oder aufgedreht, errötet, lacht, Gekicher schwebt durch den Raum. Was macht sie denn allein in einem dunklen Klassenzimmer oder was ist hier eigentlich los? Aus purer Neugier gehe ich ein paar Schritte nach vorne und stecke meinen Kopf durch die Tür, die sie schon halb hinter sich geschlossen hat, da sehe ich aus dem Dunklen einen jungen Mann auf mich zukommen, auch er irgendwie verlegen, erschrocken, ein schönes, zartes, aufrichtiges Gesicht, ich fahre zurück, „Sorry“, drehe mich um, gehe weg, ihr Liebhaber vermutlich….

Die Studenten haben keine eigene Wohnung, müssen sich ihr Zimmer mit ein paar anderen Studenten teilen. Abgesehen davon dürfen Mädchen sowieso nicht in die Wohnheime für Jungs und umgekehrt. Rückzugsorte sind rar, weshalb verliebte Pärchen, die ein wenig Abgeschiedenheit suchen, gezwungen sind, leere Klassenzimmer aufzusuchen, wenn sie Glück haben, welche zu finden, weil eifrige Bedienstete sie normalerweise sofort wieder schließen, wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Eine Reihe von Zimmern wird auch speziell für Hausaufgaben machende Studenten offen gelassen, aber die sind dann meistens tatsächlich voll mit Studierenden, die schweigend in ihre Bücher und Labtops vertieft sind. Im Sommer sind die Wiesen im Dunkeln mit Liebenden belegt, auchTreppenhäuser von Unterrichtsgebäuden, dunkle Gänge, verschwiegene Ecken unter Treppen sind beliebt.

Zum Glück werden Liebende toleriert, man sieht eine ganze Menge von Studenten Hand in Hand spazieren gehen bei Tag und Nacht, noch zu Maos Zeiten wurde so etwas als westliche Dekadenz hart bestraft.

Bisher war die schöne Lili die unschuldige junge Schöne für mich, die still vor sich hin blüht und mir ab und zu süße Mädchenhafte Blick zuwirft und wir waren zwei Königskinder, die sich immer zueinander sehnen aber nie zueinander kommen und sie stand hoch auf einem eisigen Gipfel der Unberührbarkeit im Glanz ihrer Jungfräulichkeit, jetzt ist sie für mich gestorben.


Da!

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