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1.4.3 Gegenstand und Klientel

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deskriptive Klassifikation

Der fachliche Gegenstand der Pädagogik bei Beeinträchtigungen der Sprache und der Kommunikation umfasst eine Vielfalt an Erscheinungsformen. Diese Vielfalt kann nach unterschiedlichen Ordnungskriterien strukturiert werden. Zunächst können die unterschiedlichen Erscheinungsformen deskriptiv erfasst und auf der Symptomebene beschrieben bzw. entsprechend eingeteilt werden, z. B. in Störungen der Aussprache, des Wortschatzes, der Grammatik usw. Ein klassisches Klassifikationsschema folgt der Grob-Unterteilung nach den Aspekten der Sprache, des Sprechens, der Rede, der Stimme und des Schluckens. Somit sind folgende Störungsbereiche grob zu erfassen (Grohnfeldt 2012) (Kap. 5):

 Sprachstörungen,

 Sprechstörungen,

 Redestörungen,

 Stimmstörungen,

 Schluckstörungen.

ätiologische Klassifikation

Außerdem können Erscheinungen auch ätiologisch systematisiert und auf der Ursachenebene erklärend erfasst werden. Dazu wäre eine Klassifikation nach Ursachen oder Ursachenbündeln von Störungen und Problemfeldern möglich (Braun 2006) (Kap. 5):

 entwicklungsbedingt, z.B. Sprachentwicklungsstörung,

 organisch bedingt im Bereich der peripheren Funktion, z.B. Zustand nach Lippen-Kiefer-Gaumenspalte oder im Bereich der zentralen Funktion, z.B. Aphasie,

 psychisch bedingt, z.B. Sprechangst,

 erblich-genetisch bedingt, z.B. sprachliche Erscheinungen im Zusammenhang mit Trisomie 21,

 sozio-kulturell bedingt, z.B. durch benachteiligte Lebenslagen.

Möglichkeiten und Grenzen von Klassifikationen

Auf der Basis der vorgenannten Klassifikationsschemata erfolgte früher eher eine quantitative Bestimmung im Sinne des Schweregrades von Störungen. Immer mehr wurde erkannt, dass eine qualitative Sichtweise notwendig ist, um die Erscheinungsvielfalt im Bereich sprachlich-kommunikativer Beeinträchtigungen differenziert erfassen sowie geeignete Interventionsstrategien entwickeln zu können. Allerdings wirft eine Klassifikation immer auch Schwierigkeiten auf, da eine Untergliederung in vermeintlich homogene Gruppen die Individualität der betroffenen Menschen verfälschen kann.

demographischer, sozioökonomischer, technischer Wandel

Unser Fach wird auch weiter in der Perspektive neuer gesellschaftlicher Herausforderungen die Klassifikation von Phänomenen im Bereich der Sprache und Kommunikation anpassen müssen. Im angloamerikanischen Raum widmet sich unser Fach schon seit längerer Zeit neben den klassischen Störungsbildern zusätzlichen Erscheinungsformen (Schraeder 2013, ASHA 2005). Dort reagiert man bereits auf den Trend des demografischen, sozioökonomischen und technischen Wandels. Vor diesem Hintergrund erschließen sich zusätzlich folgende Erscheinungsformen:

 Erscheinungen im Kontext von Cultural and Linguistic Diversity (kulturelle und sprachliche Vielfalt),

 sprachlich-kommunikative Beeinträchtigungen im Alter,

 Sprache und Kommunikation unter Armutsbedingungen,

 Sprachentwicklung und Sprachgebrauch im Zusammenhang mit neuen Medien und digitalen Netzwerken.

Identitätsbildung und Partizipation

Darüber hinaus müssen mittlerweile weltweit Anforderung der Inklusion einbezogen werden. So bestehen weitere Überlegungen, die Identitätsbildung der betroffenen Menschen im Zusammenhang mit ihren sprachlich-kommunikativen Beeinträchtigungen in den Blick zu nehmen. Ebenso sind nicht nur Erscheinungen oder Störungen des Subjektes, sondern gleichfalls die Partizipationsmöglichkeiten innerhalb der Gesellschaft sowie innerhalb der Bildungschancen in Betracht zu ziehen. Diese neuere Sichtweise erweist sich komplexer und mehrdimensionaler und findet damit Anschluss an eine inklusive Pädagogik. Hierbei werden sprachlich-kommunikative Beeinträchtigungen mit anderen (primären) Unterstützungsbedarfen in Beziehung gesetzt (Kap. 5), nämlich sprachliche Beeinträchtigungen im Kontext von

 Beeinträchtigungen des Hörens, z.B. phonetisch-phonologische Störungen im Zusammenhang mit einer Schallleitungsschwerhörigkeit,

 Beeinträchtigungen des Lernens, z.B. morphologisch-syntaktische Störungen im Zusammenhang mit dem Schriftsprachlernen,

 Beeinträchtigungen der emotionalen und sozialen Entwicklung, z.B. Redeflussstörungen im Zusammenhang mit einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS),

 Beeinträchtigungen der geistigen Entwicklung, z.B. Sprachentwicklungsstö-rung im Zusammenhang mit einer Autismus-Spektrum-Störung,

 Beeinträchtigungen der körperlichen und motorischen Entwicklung, z.B. zentrale Störungen der Sprechmotorik im Zusammenhang mit einer infantilen Cerebralparese.

Pädagogik bei Beeinträchtigungen der Sprache

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