Читать книгу Das Proust-ABC - Ulrike Sprenger - Страница 39

Camembert

Оглавление

Der Liftpage im Grand-Hotel in Balbec nennt die Marquise de Cambremer wiederholt »Marquise de Camembert« – als Marcel ihn liebenswürdig über seinen Irrtum aufklärt, zeigt der Page sich fest davon überzeugt, die Marquise habe sich ihm unter diesem Namen vorgestellt. Der Erzähler überlegt anschließend, dass es in der Welt des Pagen durchaus folgerichtig und keineswegs abwertend erscheinen mag, wenn ein »allgemein bekannter Käse« seinen Namen mit einer Grafschaft teilt, ja vielleicht am Ursprung eines Adelsgeschlechts steht. Die hartnäckige Fehlwahrnehmung des Pagen illustriert zum Ersten, wie in sich geschlossen und unverbunden die subjektiven »Universen« sind, in welche unsere Wahrnehmungen eingebettet sind, und macht dabei zum Zweiten deutlich, dass unter ihnen das eine nicht »wahrer«, logischer oder wirklicher als das andere ist. In diesem Licht erscheint der Stolz der snobistischen Marquise auf ihren »uralten« Titel, in den sie in Wahrheit eingeheiratet hat, genauso willkürlich wie der soziale »Hörfehler« des Pagen. Marcels eigene Unfähigkeit, die Ursache der Bedrückung des Pagen darin zu erkennen, dass er ihm kein Trinkgeld gegeben hat, bestätigt abermals die Inkompatibilität der Welten, ihren je eigenen ►Snobismus und die bei allem Wohlwollen eingeschränkten Wahrnehmungs- und Kommunikationsmöglichkeiten. Und natürlich ergötzt sich Proust hier nicht zuletzt am eigenen Spiel mit Namens-Assoziationen, wenn er die Marquise des »sich bäumenden Meeres« zur Herrscherin über einen Weichkäse abstürzen lässt.

Das Proust-ABC

Подняться наверх